# taz.de -- Klimaklagen gegen Landesregierungen: Bundesländer vor Gericht | |
> Klimaaktivist:innen haben acht Landesregierungen vor das | |
> Bundesverfassungsgericht gezogen. Sie wollen Verbindlichkeit beim | |
> Klimaschutz. | |
Bild: Kohlekraftwerk Boxberg in Sachsen. Das Bundesland steht wegen mangelnden … | |
BERLIN taz | Es ist ein wütender Willkommensgruß an die neue | |
schwarz-rot-gelbe Regierung von Sachsen-Anhalt, die am Montagmorgen in | |
Magdeburg ihren Koalitionsvertrag unterschrieben hat: Das Bundesland gehört | |
zu denen, die Klimaaktivist:innen gerade vor dem | |
Bundesverfassungsgericht verklagt haben, wie sie am Montag bekannt gaben. | |
Sie argumentieren, dass die Landesregierungen ihre Grundrechte durch | |
mangelnden Klimaschutz missachten würden. | |
Die Verfassungsbeschwerden richten sich neben Sachsen-Anhalt auch gegen | |
Sachsen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland. Das haben sich | |
die Aktivist:innen, die aus dem Umfeld von Fridays for Future kommen, | |
allerdings nicht allein ausgedacht. Das Einklagen von Klimaschutz gehört | |
zur Strategie der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die aber die gewählte | |
Argumentation nicht selbst nutzen konnte. | |
Auf Grundrechte können sich nur Personen berufen, nicht aber Verbände. So | |
vernetzt und unterstützt die Umwelthilfe also diejenigen, die klagen | |
können. In derselben Konstellation laufen seit Juli [1][bereits Klagen | |
gegen Brandenburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen]. | |
In Bayern und NRW kritisieren die Kläger:innen, dass die Klimaschutzgesetze | |
ohne plausible Maßnahmen daherkommen. Bei den restlichen Ländern gestaltet | |
sich die Lage noch ein bisschen anders: „Man kann es kaum glauben, aber wir | |
haben das Jahr 2021 und diese Länder haben immer noch keine | |
Klimaschutzgesetze“, sagte Anwalt Remo Klinger, der die Kläger:innen bei | |
ihren Verfassungsbeschwerden vertritt. | |
## Aktivist:innen fordern verbindlichen Klimaschutz | |
Man habe spätestens nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum | |
Klima im Frühjahr damit gerechnet, dass sich die Bundesländer stärker | |
bewegen, so der Jurist. | |
Ende April hatte [2][das Bundesverfassungsgericht entschieden], dass das | |
Klimaschutzgesetz auf Bundesebene in Teilen verfassungswidrig sei. Zu viel | |
Klimaschutz werde auf die Zeit nach 2030 verlagert. Das würde laut Gericht | |
die Freiheit der Kläger:innen stark einschränken. Die Bundesregierung | |
hat seither nachgebessert, will Deutschland etwas früher als zuvor geplant | |
klimaneutral machen und die Treibhausgasemissionen davor schneller | |
reduzieren. | |
Das entspricht allerdings noch nicht dem Abwärtstrend der Emissionen, der | |
laut Weltklimarat weltweit nötig ist, wenn die Erderhitzung 1,5 Grad nicht | |
übertreffen soll – vor allem aber fehlt noch die Umsetzung. Wie die höheren | |
Ziele nun eingehalten werden können, hat die Bundesregierung bisher nicht | |
beantwortet. | |
Die Kläger:innen erinnern nun daran, dass auch die Bundesländer in der | |
Pflicht sind, denn für manche relevanten Politikfelder sind eben sie | |
zuständig. „Beim Verkehr ist zum Beispiel ganz viel Ländersache“, meint | |
Anwalt Klinger. Deshalb sei es wichtig, dass es auch dort gesetzlich | |
festgeschriebene Klimaziele gebe, nicht nur Pläne oder Strategien, die | |
jederzeit wieder umgeschmissen werden können. | |
„Warum legen wir Wert auf Gesetze? Weil das die Instrumente sind, die | |
wirklich verbindlich sind“, erläutert Klinger. Wichtig sei, dass neben | |
langfristigen Zielen zur Reduktion von Treibhausgasen auch kurzfristige | |
Planungsschritte festgeschrieben seien – möglichst für jedes Jahr, | |
höchstens in Zwei- oder Dreijahresetappen. | |
„Für mich hat der neue Bericht des Weltklimarats IPCC erneut bestätigt, | |
dass die in hohem Maße unzureichende Klimapolitik in Sachsen-Anhalt eine | |
Gefahr für das Leben und die Freiheit vieler Millionen Menschen inklusive | |
mir selbst darstellt“, sagte der 20-jährige Jura-Student Luca Salis aus | |
Halle, der Beschwerdeführer bei der Klage gegen Sachsen-Anhalt ist. Im | |
neuen Koalitionsvertrag des Landes steht von einem Klimaschutzgesetz im | |
Übrigen noch nichts. | |
13 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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