# taz.de -- Klima-Protest am Berliner Flughafen Tegel: Die Polizei blockiert Te… | |
> Rund 50 Klima-AktivistInnen von „Am Boden bleiben“ gelingt eine | |
> Protestaktion im Flughafen. Die Polizei sorgt für die Blockade rings | |
> herum. | |
Bild: Gemeinsam Tegel blockiert: Pinguine und Polizei | |
BERLIN taz | Kurz nach 11 Uhr am Flughafen Tegel: Innerhalb von Sekunden | |
formt sich aus unauffällig herumstehenden, vermeintlichen Fluggästen mit | |
Rollkoffern [1][eine Sitzblockade]. Direkt unter der Fluganzeigetafel | |
lassen sich über 50 junge Menschen nieder. Aus den Koffern holen sie | |
Pinguinkostüme – das Symbol der Klimaschutzinitiative [2][Am Boden | |
bleiben]. Im gleichen Moment wird ein Banner an der Tafel herabgelassen: | |
„Cancelled due to Climate Crisis“ – Gestrichen wegen der Klimakrise. | |
Erleichtert fangen die AktivistInnen an zu singen: „Wehrt euch, leistet | |
Widerstand gegen die Flughäfen hier im Land.“ Für sie ist dieser Moment ein | |
Erfolg, der gar nicht mehr wahrscheinlich schien. Zu massiv hatte die | |
Polizei ab dem frühen Morgen alles versucht, um die angekündigten | |
Flughafenproteste zu unterbinden. Dutzende KlimaschützerInnen wurden | |
bereits auf der Anreise gestoppt. Ob es überhaupt jemandem ohne Flugticket | |
gelingen konnte, bis in das Flughafengebäude vorzustoßen, war alles andere | |
als sicher. | |
Jetzt aber sitzt die Blockade, symbolisch zwar, denn mit Umwegen oder | |
Durchdrängeln kann jeder seinen Flugsteig erreichen, dafür aber von vielen | |
Pressevertretern begleitet. Die ersten Polizisten gesellen sich erst 15 | |
Minuten später hinzu. | |
Um neun Uhr hatten sich die Aktionsteilnehmer am Platz der Luftbrücke am | |
stillgelegten Flughafen Tempelhof getroffen. Welcher Flughafen zum | |
Aktionsziel werden sollte, war da noch nicht bekannt. Umso engagierter | |
versuchte die Polizei an Flyer zu kommen, die unter den AktivistInnen | |
zirkulierten. Eine blaue Mappe, in der unter anderem ein Plan des | |
achteckigen Tegeler Flughafengebäudes zu sehen war, erbeuteten sich | |
Polizisten nach einer Verfolgungsjagd über den Platz. Dennoch vermeldete Am | |
Boden bleiben kurz darauf, 150 AktivistInnen seien auf dem Weg nach Tegel, | |
um mittels einer Aktion des zivilen Ungehorsams den Ablauf zu stören. | |
## Rechtsgrundlage unklar | |
Doch spätestens am Kurt-Schumacher-Platz ist für viele Schluss. | |
Pinguin-ProtestlerInnen werden auf dem Weg zu den Bushaltestellen | |
abgefangen, andere gar aus Bussen geholt. Wieder einsteigen darf ein | |
verängstigt dreinschauendes Touristenpärchen – im Gegensatz zu den | |
DemonstrantInnen können sie Flugtickets vorzeigen. | |
Wer das nicht kann, wird durchsucht. Eine Polizistin trägt in einer | |
Plastikbox Pinguinkostüme in einen Einsatzwagen – zur „Gefahrenabwehr“. … | |
folgen Platzverweise mit der Drohung, festgenommen zu werden, sollte man | |
dem Flughafen dennoch zu nahe kommen. Die Rechtsgrundlage dafür bleibt | |
unklar. Der Linken-Abgeordnete Michael Efler, der als parlamentarischer | |
Beobachter unterwegs ist, bezeichnet die Maßnahmen als „rechtlich | |
fragwürdig“ und kündigt an, dies „parlamentarisch aufzuarbeiten“. | |
Die Flughafenbusse müssen an der Station Luftfracht enden. Ab hier heißt | |
es: laufen. Am Tunnel vor dem Flughafen kontrolliert die Polizei ab dem | |
Vormittag jeden, auch Autos werden nicht ohne Überprüfung durchgelassen. | |
Die Folge sind massive Staus und lange Fußwege, die die Fluggäste auf sich | |
nehmen müssen. Am Boden bleiben hatte angekündigt, keine Passagiere daran | |
hindern zu wollen, ihre Flüge zu erreichen. Das erledigt schließlich die | |
Polizei für sie. | |
## Viel Aufmerksamkeit | |
Eine Pinguin-Demonstrantin sitzt derweil in der Blockade und strahlt: | |
„Unser Ziel ist es, die Aufmerksamkeit auf das Thema Flugverkehr zu lenken | |
– und das ist uns gelungen“, sagt sie im Gespräch mit der taz. Die Aktion | |
reiht sie ein in die Klimagerechtigkeitsbewegung: Nach den | |
Anti-Kohle-Aktionen von [3][Ende Gelände] und jenen gegen die | |
Automobilmesse von [4][Sand im Getriebe] ist nun die Fliegerei im Fokus der | |
Bewegung. Das internationale Netzwerk „Stay Grounded“, zu dem sich Am Boden | |
bleiben zählt, hat kommendes Jahr weitere Aktionen angekündigt. | |
Durchs Megafon erklärt eine Aktivistin ihr Anliegen: „Wo Regenwälder | |
abbrennen, Tsunamis wüten und Lebensräume zerstört werden, fliegen Menschen | |
am wenigsten. Fliegen ist Teil der imperialen Lebensweise.“ Die zentralen | |
Forderungen der Initiative sind das Verbot von Inlands- und | |
Kurzstreckenflügen, ein Ausbaustopp jeglicher Flughafeninfrastruktur sowie | |
stärkere Besteuerung von Flugtickets besonders für Vielflieger. | |
Als sich die Polizei schon zur Räumung bereit macht, rücken die | |
BlockiererInnen enger zusammen und machen ein Stück des Weges frei. Mit | |
einem Absperrband werden sie eingehegt. Die Flughafengesellschaft erstattet | |
keine Anzeigen. Nach über zwei Stunden räumen die Protestierenden | |
freiwillig den Platz. Mithilfe der Polizei haben sie heute alles erreicht. | |
10 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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