# taz.de -- Initiative Am Boden ruft zur Blockade: Flugblockade ganz geerdet | |
> KlimaschützerInnen rufen im November zur Blockade an einem Flughafen auf. | |
> Dabei soll niemand am Abflug gehindert werden. Zuspruch aus der Bewegung. | |
Bild: Nicht jeder will am Boden bleiben, obwohl Fliegen doch so umweltschädlic… | |
BERLIN taz | Entgegen einem antarktischen Mythos legen Pinguine nicht den | |
Kopf in den Nacken und kippen um, wenn Flugzeuge über sie hinwegfliegen. | |
Stattdessen ergreift sie ein Fluchtreflex und sie versuchen | |
davonzuwatscheln. Mit ihrer Angst vor Flugzeugen und der Unfähigkeit, | |
selbst zu fliegen, sind die Vögel ein geeignetes Symbol für die Forderung | |
nach weniger Flugverkehr. Als Symbol der Widerständigkeit sind Pinguine | |
schon seit den türkischen Gezi-Protesten 2013 eingeführt, als im TV statt | |
aktueller Berichterstattung eine Pinguin-Dokumentation zu sehen war. | |
Die Initiative Am Boden bleiben hat sich der Pinguine also mit gutem Grund | |
angenommen. Schon in ihrer ersten Aktion, einem im Sommer | |
[1][veröffentlichten Video], sah man als Pinguine verkleidete | |
KlimaaktivistInnen bei nächtlichen Basteleien, die in der Behauptung | |
mündeten, sie hätten die Fertigstellung des neuen Flughafens BER über Jahre | |
sabotiert. Nun will die Gruppe raus aus der virtuellen Scheinwelt, hinein | |
in die reale Auseinandersetzung. Für Sonntag, den 10. November, [2][rufen | |
die KlimaschützerInnen dazu auf, die Flugindustrie zu blockieren]. | |
„Wir wollen mit unserer Aktion an einem Berliner Flughafen die Normalität | |
des Fliegens durchbrechen“, so Pressesprecherin Klara Strauß im Gespräch | |
mit der taz. Die Rede ist von einer massenhaften „Aktion des zivilen | |
Ungehorsams“. Der Aufruf zu der Aktion ist öffentlich, mobilisiert wird | |
bundesweit, nur was wo genau passieren wird, ob in Tegel oder Schönefeld, | |
bleibt vorerst im Geheimen. Der Erfolg der Aktion soll nicht gefährdet | |
werden. „Wir wollen mit unseren Körpern ungehorsam sein, wo fliegen normal | |
ist“, sagt Strauß dazu. Aber auch: „Unsere Aktion richtet sich nicht gegen | |
einzelne Passagiere und soll niemanden vor Ort am Abflug hindern.“ Sollte | |
es doch dazu kommen, drohen Schadensersatzforderungen. | |
Selbst wenn die Blockade also nicht zu einem massiven Eingriff in den | |
Flugverkehr führen sollte, ist der Aufruf dazu geeignet, Unruhe zu | |
verbreiten. Flughäfen sind Wirtschaftsmotoren – und neuralgische Punkte. 35 | |
Millionen Gäste fliegen jährlich von und nach Berlin, Tendenz steigend. | |
Schon kleine Störungen können den Ablauf über Tage durcheinanderbringen. | |
Flughäfen funktionieren als Symbol – auch für Klimaschädlichkeit. | |
## Proteste an Flughäfen sind erlaubt | |
Proteste an Flughäfen sind seit 2011 erlaubt, so entschied es das | |
Bundesverfassungsgericht. Vor allem gegen Abschiebungen wurde seitdem | |
wiederholt demonstriert. Zuletzt gab es in mehreren deutschen Städten, auch | |
in Berlin-Tegel, Blockaden durch kurdische AktivistInnen an Schaltern der | |
teilstaatlichen Turkish Airlines. | |
Das Thema Flugverkehr ist in der aktivistischen Auseinandersetzung aber neu | |
– trotz der Offensichtlichkeit der Problemlage. Jahrelang konzentrierte | |
sich die Klimagerechtigkeitsbewegung auf Kohle – bereits am 30. November | |
will Ende Gelände erneut Kraftwerke in der Lausitz blockieren. Zuletzt war | |
das Thema Autoverkehr hinzugekommen, etwa durch die Blockade der | |
Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt am Main, um die sich | |
Berlin gerade als neuer Austragungsort bemüht. „Das Thema Flugverkehr ist | |
von der Politik, aber auch von der Klimagerechtigkeitsbewegung | |
vernachlässigt worden“, sagt Strauß zu ihrer Motivation. | |
Fliegen ist die umweltschädlichste Methode der Fortbewegung. Doch nur ein | |
kleiner Teil der Bevölkerung fliegt regelmäßig, etwa die Hälfte dagegen gar | |
nicht. Am Boden bleiben fordert den „sofortigen Ausbaustopp für jegliche | |
Flughafeninfrastruktur“, das Ende von Steuervorteilen fürs Fliegen und die | |
Reduzierung des Flugverkehrs. | |
## Nicht gegen Passagiere gerichtet | |
In der Szene der UmweltaktivistInnen könnten die FlugkritikerInnen eine | |
Lücke schließen. Die Bewegung Extinction Rebellion, die zuletzt mit ihrer | |
Berlinblockade eine Woche lang Straßen und Brücken blockiert hatte, erklärt | |
sich mit dem Aufruf von Am Boden bleiben solidarisch, wie ihr Sprecher Tino | |
Pfaff auf Anfrage erklärt. Es sei richtig, dass sich der Aufruf gegen die | |
Flugindustrie richte und nicht gegen die Passagiere, so Pfaff, dies wäre | |
„nicht angemessen und an der eigentlichen Problematik vorbei“. Bei ihnen | |
selbst sei die Blockade an Flughäfen bislang kein Thema gewesen, auch wenn | |
XR-Gründer Roger Hallam nach einem Aufruf, den Flugbetrieb am Londoner | |
Flughafen Heathrow mit Drohnen zu stören, im Gefängnis sitzt. | |
Von Fridays for Future Berlin kommt zumindest verbale Unterstützung: „Mit | |
vielen der Forderungen von Am Boden bleiben können wir uns identifizieren“, | |
sagt Sprecherin Clara Mayer. So sei man auch „für ein Ende der | |
Subventionierung von Flughäfen und die Reduzierung des Flugverkehrs“. | |
Angesichts der Vorbereitungen auf den nächsten globalen Klimaaktionstag am | |
29. November sei aber noch nicht entscheiden, inwiefern man sich öffentlich | |
solidarisiert. | |
Entschiedener ist da bereits die Grüne Jugend, die zu den Protesten | |
öffentlich mobilisieren wird, wie Georg Kurz vom Bundesvorstand sagt. „Wir | |
sind froh, dass in die Debatte um Flugverkehr und Mobilität Bewegung | |
kommt“, so Kurz. Das Thema besitze „maximale Dringlichkeit“. Am Verbot von | |
Kurz- und Inlandsflügen werde „kein Weg vorbeiführen“, sagt der Grüne, d… | |
müsse aber „mit dem Ausbau entsprechender Ersatzangebote einhergehen“. Kurz | |
will das „die Fixierung aufs Flugzeug infrage stellen und Bahnausbau | |
fördern“. Er rechnet damit, dass die Mehrheit der Bevölkerung offen ist für | |
ihren Protest. | |
29 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Bekennerschreiben-BER-Sabotage/!5609838 | |
[2] https://www.ambodenbleiben.de/aufruf/ | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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