# taz.de -- Jair Lapid besucht Emirate: Von Jerusalem nach Abu Dhabi | |
> Israels Außenminister hat erstmals offiziell die Emirate besucht. Während | |
> die Normalisierung vorangeht, stockt sie in anderen Abraham-Staaten. | |
Bild: Historischer Besuch: Jair Lapid und Abdullah bin Zayed Al Nahyan in Abu D… | |
BERLIN taz | Ausgerechnet sein Rivale hat nun das getan, womit sich Israels | |
Ex-Regierungschef Benjamin Netanjahu so gern selbst geschmückt hätte: Jair | |
Lapid hat am Dienstag und Mittwoch die Vereinigten Arabischen Emirate | |
besucht. In Abu Dhabi eröffnete er eine Botschaft, in Dubai ein Konsulat. | |
Es war der erste offizielle Besuch eines israelischen Außenministers in dem | |
Golfstaat überhaupt. | |
Lapid [1][twitterte] zu diesem historischen Anlass sogar auf Arabisch: „Wir | |
schreiben Geschichte“, schrieb er. „Stolz, den Staat Israel in den | |
Vereinigten Arabischen Emiraten zu vertreten. Danke für den herzlichen | |
Empfang.“ Am Mittwoch besuchte er dann noch den israelischen Pavillon auf | |
dem Gelände der Weltausstellung Expo in Dubai, die im Oktober eröffnen | |
soll. | |
Damit erntet [2][Israels neue Regierung] jetzt die Früchte dessen, was das | |
Duo Netanjahu/Trump gepflanzt hat. Letztes Jahr hatten die Emirate und | |
Israel nach US-Vermittlung [3][in einer pompösen Inszenierung im Weißen | |
Haus eine Normalisierung ihrer Beziehungen verkündet.] Auch Bahrain, | |
Marokko und Sudan erkannten den jüdischen Staat an und kündigten an, | |
Beziehungen zu Israel aufzunehmen. | |
Im Fall der Emirate ist die Normalisierung am weitesten fortgeschritten: So | |
gibt es mittlerweile direkte Flüge zwischen den Ländern. Israelische | |
Popstars haben die Emirate besucht und mehr als 200.000 israelische | |
Urlauber*innen sind bereits an den Golf gereist. | |
Mehrere Handels- und Kooperationsabkommen wurden unterzeichnet und die | |
Emirate haben die Gründung eines 10 Milliarden US-Dollar schweren | |
Investitionsfonds bekanntgegeben. Das Geld soll in Sektoren fließen wie | |
Energie, Wasser, Raumfahrt, Gesundheitswesen und Agrartechnologie. | |
## Bennett blieb zu Hause | |
Dass Lapid und nicht Israels neuer Premier Naftali Bennett den | |
Antrittsbesuch am Golf machte, dürfte derweil kein Zufall sein: Der | |
Hardliner Bennett befürwortet ohne Wenn und Aber die israelische | |
Siedlungspolitik im palästinensischen Westjordanland. | |
Einer Zweistaatenlösung mit den Palästinenser*innen hat er schon vor | |
Jahren ein Absage erteilt. Ein Besuch Bennetts wäre in den Emiraten wie | |
auch in anderen arabischen Ländern wohl auf scharfe Kritik gestoßen. | |
Mit ihrer neuen Israelpolitik waren die Emirate von der Linie arabischer | |
Staaten abgerückt, Israel nicht anzuerkennen, solange der Nahostkonflikt | |
nicht gelöst ist. Im Gegenzug hatte Israel vergangenes Jahr angekündigt, | |
die geplante Annexion von Teilen des besetzten Westjordanland auszusetzen. | |
Weniger weit als im Fall der Emirate ist indes die Annäherung zwischen | |
Israel und den anderen drei arabischen Unterzeichnerstaaten der sogenannten | |
Abraham-Abkommen. Zwar [4][ernannte] Bahrains König am Dienstag Khaled | |
Yousef al-Jalahmah offiziell zum ersten bahrainischen Vertreter in Israel. | |
Eine Botschaft in Tel Aviv allerdings gibt es noch nicht. | |
## Biden bleibt bei Trumps Westsahara-Position | |
Im Falle Marokkos hatte die Trump-Regierung einen umstrittenen Deal | |
eingefädelt und im Gegenzug zu Marokkos Anerkennung Israels die | |
marokkanische Souveränität über die Westsahara anerkannt. | |
Damit vollzogen die USA eine international nur wenig beachtete Kehrtwende, | |
indem sie den Anspruch einer Besatzungsmacht auf ein ehemals kolonisiertes | |
Gebiet anerkannten. Die Biden-Administration hat diesen Schritt bislang | |
nicht rückgängig gemacht, obwohl dies nach Ansicht von Expert*innen | |
durchaus [5][möglich wäre]. | |
Im Marokkos Hauptstadt Rabat hat Israel ein Verbindungsbüro wiedereröffnet. | |
Vollwertige Botschaften sind für einen späteren Zeitpunkt geplant. | |
Allerdings regt sich gegen die Normalisierung Widerstand in Politik und | |
Bevölkerung. Die moderat-islamistische JDP, Teil der marokkanischen | |
Regierungskoalition, [6][forderte] während des Gazakriegs im Mai, das | |
israelische Verbindungsbüro wieder zu schließen. | |
Auch in Sudan, dem letzten Abraham-Land, kommt der Normalisierungsprozess | |
nur langsam voran. Ein erster Schritt ist aber gemacht: So beschloss die | |
Führung des Landes die Aufhebung eines Gesetzes, das diplomatische | |
Beziehungen zu Israel sowie geschäftliche Beziehungen nach Israel wie auch | |
den Import israelischer Produkte verbietet. | |
Jedoch ist die Annäherung innerhalb der Führung in Khartum umstritten. | |
Sudan wird derzeit von einer zivil-militärischen Interimsführung regiert. | |
Während das Militär die Beziehungen zu Israel ausbauen möchte, gibt es auf | |
ziviler Seite Vorbehalte. Außenministerin Mariam al-Mahdi etwa war gegen | |
die Abschaffung des Boykottgesetzes. Gleichzeitig [7][regt sich Unmut], | |
dass Israels Sicherheitsorgane vor allem mit den Militärs in Sudan | |
kooperieren. | |
30 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/yairlapid/status/1409791126421348356?s=20 | |
[2] /Israels-neue-Regierung-ist-vereidigt/!5778606 | |
[3] /Golfstaaten-und-Israel/!5714540 | |
[4] https://www.bna.bh/en/HMKingreceivesHeadofdiplomaticmissiontoIsrael.aspx?cm… | |
[5] https://foreignpolicy.com/2021/01/09/biden-can-backtrack-on-trumps-move-in-… | |
[6] https://www.aljazeera.com/news/2021/6/13/moroccans-refuse-to-rent-out-flat-… | |
[7] https://www.jpost.com/international/the-wild-world-of-the-mossad-in-sudan-a… | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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