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# taz.de -- Algerien kappt Beziehungen zu Marokko: Es knirscht im Maghreb
> Algerien hat die diplomatischen Beziehungen zu Marokko gekappt. Nicht nur
> der Westsaharakonflikt treibt die beiden Länder auseinander.
Bild: Algerien macht Marokko mitverantwortlich für die Waldbrände im Land
Berlin taz | Der Konflikt schaukelt sich seit Wochen hoch, nun ist es
offiziell zum Bruch gekommen: „Algerien hat sich entschieden, die
diplomatischen Beziehungen mit dem Königreich Marokko von heute an zu
beenden“, gab Außenminister Ramdane Lamamra auf einer Pressekonferenz am
Dienstag bekannt. Marokkos Außenministerium bedauerte die Entscheidung und
bezeichnete den Schritt als „völlig ungerechtfertigt“.
Die Nachbarländer liegen in vielerlei Hinsicht im Clinch, allen voran im
Streitfall der von Marokko besetzten Westsahara. Algeriens Vorwürfe gehen
jedoch darüber hinaus. Schon letzte Woche hatte Algier behauptet, Marokko
habe bei den jüngsten Waldbränden in Algerien die Finger im Spiel gehabt.
Demnach sollen terroristische Gruppen, die teilweise von Marokko
unterstützt würden, die Brände gelegt haben. [1][Die Feuer waren in der
ersten Augusthälfte ausgebrochen und haben Zehntausende Hektar Wald
vernichtet sowie mindestens 90 Menschen das Leben gekostet.] „Das
marokkanische Königreich hat seine Feindseligkeiten gegen Algerien nie
eingestellt“, kommentierte Lamamra.
Bei den beschuldigten Gruppen geht es unter anderem um die [2][„Bewegung
für die Autonomie der Kabylei“ (MAK)], deren Ziel die Autonomie der
nordalgerischen Provinz ist, in der Algeriens Berberminderheit einen
Großteil der Bevölkerung ausmacht. 2010 hatte die MAK eine provisorische
Regierung der Kabylei ausgerufen, die ihren Sitz im Pariser Exil hat.
Zum Ärger der algerischen Regierung hatte Marokkos UN-Botschafter, Omar
Hilale, im Juli erklärt, dass „das tapfere Volk der Kabylen es mehr als
jedes andere verdient, sein Recht auf Selbstbestimmung in vollem Umfang zu
genießen“ – der Höhepunkt der „marokkanischen Provokation“, wie Lamam…
befand.
Tatsächlich dürfte die Bemerkung vor allem eine Retourkutsche gewesen sein
für Algeriens Unterstützung der [3][Unabhängigkeitsbewegung Frente
Polisario in der Westsahara]. Doch der sich zuspitzende Konflikt zwischen
Algier und Rabat hat auch eine regionalpolitische Dimension, die deutlich
über die gegenseitige Unterstützung von Unabhängigkeitsbewegungen im
jeweils anderen Land hinausgeht.
## Streitpunkt Israel
Jüngste außenpolitische Erfolge Marokkos werden in Algier offenbar als
Provokation empfunden und lassen die beiden Länder zunehmend zu
Widersachern werden. Die Regierung in Rabat kann als großen Erfolg
verbuchen, dass die USA unter Ex-Präsident Donald Trump im vergangenen Jahr
Marokkos Souveränität über die Westsahara anerkannt haben – eine
historische Kehrtwende der US-Außenpolitik.
Im Gegenzug hat Marokko begonnen, seine Beziehungen zu Israel zu
normalisieren, was Trump wiederum als außenpolitischen Erfolg für sich
verbucht hat. Algerien blieb bei der Entwicklung außen vor und hält an der
Position fest, weder Marokkos Herrschaft über die Westsahara zu akzeptieren
noch Israel anzuerkennen, solange der Nahostkonflikt nicht gelöst ist.
Vor zwei Wochen hatte Israels Außenminister Yair Lapid erstmals Marokko
besucht. Während des Besuchs hatte er sich auch besorgt gezeigt über
Algeriens Rolle in der Region sowie über eine fortschreitende Annäherung
zwischen Algerien und Iran.
Mit Marokko dagegen baut Israel die Sicherheitskooperation aus – auch dies
ein Dorn im Auge Algeriens: So beschwerte sich Lamamra am Dienstag auch
über „systematische Spionageakte“ Marokkos. Im Zuge der
[4][Pegasus-Recherchen] war [5][bekannt geworden], dass Marokko hochrangige
algerische Diplomat*innen und Politiker*innen mit israelischer
Spähsoftware ausspioniert hat, darunter auch Lamamra selbst.
25 Aug 2021
## LINKS
[1] /Verheerende-Braende-in-Algerien/!5793316
[2] https://www.makabylie.org/
[3] /Konflikt-in-Westsahara/!5737297
[4] /Fragen-und-Antworten-zur-Pegasus-Affaere/!5787113
[5] https://www.middleeasteye.net/news/pegasus-morocco-king-macron-targeted-int…
## AUTOREN
Jannis Hagmann
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