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# taz.de -- Konflikt mit Algerien: Marokko rüstet auf
> König Mohamed VI. will sein Land zur regionalen Militärmacht ausbauen.
> Der nordafrikanische Staat investiert so viel in Rüstung wie nie zuvor.
Bild: Übung mit schwerem Gerät: US-Panzer bei der Übung African Lion bei Aga…
Madrid taz | Kaufwütig – dieses Wort könnte einem bei Marokkos Armee in den
Sinn kommen. Vor Weihnachten erst eröffnete das Königreich unweit der
Hauptstadt Rabat die erste Basis für Luftabwehrraketen. Die Technik dazu
stammt aus China. Die USA liefern ein weiteres Luftabwehrsystem sowie
Kampfhelikopter, bereiten Panzer und F16-Kampfjets für über zehn Milliarden
Euro auf. Marokko ist damit der beste nordafrikanische Kunde der USA.
Die Einkaufstour der Armee von König Mohammed VI. hat einen Grund: der
Konflikt um die von Marokko seit 1975 besetzte ehemalige spanische Kolonie
Westsahara. [1][Dort brach die Befreiungsbewegung Polisario im November
2020 nach Provokationen der marokkanischen Armee den Waffenstillstand].
Seither wird in der Wüste wieder geschossen.
Der Streit um das phosphatreiche Land ist nicht ungefährlich. Denn die
Polisario wird von der regionalen Militärmacht Algerien unterstützt.
Algeriens Streitkräfte stehen auf dem [2][Global Firepower Ranking]
weltweit auf Platz 31, Marokkos Armee auf Platz 55. Diese Liste basiert auf
der „potenziellen Fähigkeit zur Kriegsführung“ jedes Landes. In die
Bewertung fließen etwa die Zahl der Soldat*innen, Finanzstärke und
Ausrüstung ein.
Marokko versucht, diesen Vorsprung zu verringern. 2021 stieg der
Militärhaushalt um 30 Prozent, 2022 um weitere knapp zwölf Prozent.
Insgesamt wird Marokko im laufenden Jahr für seine Streitkräfte 4,8
Milliarden Euro ausgeben. Das Militärbudget beläuft sich so auf etwas mehr
als vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts und macht mehr als 12 Prozent
der gesamten öffentlichen Ausgaben des Landes aus. Marokko hat ein
jährliches Pro-Kopf-Einkommen von nur 2.500 Euro.
Im Kampf gegen die Polisario in der Westsahara zeigt Marokkos Armee, was
sie an neuester Waffentechnologie zu bieten hat. Mindestens ein Dutzend
Zivilisten kamen – nach Angaben der Polisario – seit Ende der Waffenruhe
durch Drohnenangriffe ums Leben. Unter den Toten [3][befanden sich auch
drei algerische LKW-Fahrer]. Algier reagierte mit dem Abbruch aller
Beziehungen mit Rabat.
Auch der Chef der sahrauischen Nationalgarde der Bewegung, [4][Addah
Al-Bendir, fiel Anfang April 2021 einem Drohnenangriff] zum Opfer.
[5][Marokkos Presse], sowie auf Rüstung und Kriegstechnik spezialisierte
[6][Internetmedien] gehen von israelischen Waffensystemen in den Händen der
Marokkaner aus.
## Abbruch der Beziehungen zu Deutschland
Ein [7][Artikel] der israelischen Tageszeitung Ha'aretz bekräftigt diesen
Verdacht. Demnach hat das Unternehmen Israel Aerospace Industries (IAI) in
einem Geschäftsbericht an die Börsenaufsicht für 2021 19,4 Millionen Euro
aus Marokko angegeben. Vermutlich handelt es sich um den Verkaufserlös von
den „Kamikaze-Drohnen“ Harop an Rabat.
Diese Kombination aus unbemanntem Flugzeug und tödlicher Rakete hat eine
Reichweite von 1.000 Kilometern und eine Sprengladung von 20 Kilogramm.
Außerdem soll Marokko vergangenen September vier Hermes-900-Drohnen gekauft
haben, die mit unterschiedlichsten Waffensystemen bestückt werden können.
Die seit langem bestehende Beziehung zwischen Marokko und Israel hat sich
in den letzten zwölf Monaten intensiviert. Denn in seinen letzten Amtstagen
erkannte der ehemalige US-Präsident Donald Trump – anders als die Vereinten
Nationen – [8][Marokkos Anspruch auf die Westsahara] an. Im Gegenzug
versprach Rabat, die Beziehungen zu Israel auszubauen.
Auch brach Marokko die diplomatischen Beziehungen zu Spanien und zu
Deutschland weitgehend ab. Beide Länder halten weiterhin daran fest, ihre
Westsaharapolitik dem unterzuordnen, was die UN entscheidet. Und für die
gehört die Westsahara nicht Marokko, sondern ist ein dekolonialisiertes
Gebiet, dessen finaler Status ungeklärt ist.
## Waffen aus Israel
Marokko hält sich derweil an die Trump gegenüber gemachten Versprechen.
Vergangenen Sommer kam es zu einem Treffen der Außenminister von Israel und
Marokko. Im November fand dann eine Premiere statt: Die beiden Länder
unterzeichneten ein Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit, das
Waffenlieferungen Israels in großem Stil die Tore öffnet.
„Bisher bestand zwischen Israel und Marokko ein bestimmtes Niveau von
Zusammenarbeit. Das Abkommen wird erstmals die Grundlage für militärische
Kooperation schaffen“, heißt es in einem Kommuniqué des israelischen
Verteidigungsministers Benny Gantz. Es mache „die Arbeit an gemeinsamen
Projekten möglich“, fügte er hinzu.
Neben den Drohnen interessiert sich Mohamed VI. wohl auch für das
israelische Luftabwehrsystem „Iron Dome“, mit dem es Israel immer wieder
gelingt, die Raketen palästinensischer Gruppen aus dem Gaza-Streifen
abzufangen. Außerdem sollen Tel Aviv und Rabat zwei Fabriken für Drohnen in
Marokko planen. Weniger als ein halbes Jahr vor dem Besuch des israelischen
Verteidigungsministers hatte Marokko ein Gesetz zur Förderung eigener
Waffenindustrie und ausländischer Investitionen in der Branche erlassen.
27 Jan 2022
## LINKS
[1] /Konflikt-in-Westsahara/!5737297
[2] https://www.globalfirepower.com/countries-listing.php
[3] /Konflikt-um-die-Westsahara/!5813125
[4] /Konflikt-um-die-Westsahara/!5764658
[5] https://ledesk.ma/enoff/le-chef-militaire-du-polisario-elimine-par-les-far-…
[6] http://www.menadefense.net/algerie/comprendre-lattaque-marocaine-contre-les…
[7] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium.HIGHLIGHT-israel-aerospace-ind…
[8] /Israel-und-die-arabische-Welt/!5737538
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Marokko
Waffen
Diplomatie
Schwerpunkt Syrien
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