| # taz.de -- Interview über Protestkunst in Belarus: Katzen für die Freiheit | |
| > Ihre Kunst richtet sich gegen das Regime in Minsk. Olga Yakubouskaya | |
| > kämpft mit ihren Illustrationen für Freiheit und Menschenrechte in | |
| > Belarus. | |
| Bild: Olga Yakubouskaya zeichnet Wölfe und Katzen, als Sinnbild der politische… | |
| Frau Yakubouskaya, Sie sind im Exil in Lettland zu einer Vertreterin der | |
| Protestkunst gegen die Diktatur in Belarus geworden. Sie malen Katzen als | |
| friedlich protestierende Belarus:innen und Wölfe als bewaffnete Kräfte | |
| des Machhabers Alexander Lukaschenko. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen | |
| und warum gerade diese beiden Figuren? | |
| Als im August 2020 die Wahlen in Belarus gefälscht wurden und | |
| Hunderttausende Menschen in ihren Städten auf die Straße gingen, begann ein | |
| regelrechter Terror gegen die Zivilbevölkerung, der bis heute nicht | |
| aufgehört hat. Die Sicherheitskräfte liefen Amok: Es gibt Berichte über | |
| geschlagene und verschwundene Menschen und über den Horror, den Menschen in | |
| den Gefängnissen erdulden mussten. | |
| Nina Baginskaya, die heute 76 Jahre alt ist und seit mehr als dreißig | |
| Jahren gegen [1][Lukaschenkos Regime] kämpft, ging damals mit der | |
| weiß-rot-weißen oppositionellen Flagge auf die Barrikaden. Die Bilder ihres | |
| Protestes gingen um die Welt. Sie ist körperlich sehr klein vor dem | |
| Hintergrund der riesigen Sicherheitskräfte, und sie hat keine Angst vor | |
| ihnen. Ich zeichnete also ein weißes, sanftes, fröhliches Kätzchen, hinter | |
| dem graue, wütende Wölfe mit raushängenden Zungen stehen. | |
| „Katzen für die Freiheit“ haben Sie die Reihe Ihrer Illustrationen genannt. | |
| Bis jetzt sind etwa 200 Zeichnungen entstanden, auf denen Sie politische | |
| Gefangene, oppositionelle Politiker:innen, kritische Journalist:innen | |
| und Aktivist:innen als Katzen darstellen. Erreichen Ihre Zeichnungen | |
| auch diese Menschen in Belarus? | |
| Heute werden die Schrauben in meinem Land immer fester angezogen. Menschen, | |
| die in Belarus geblieben sind, werden jeden Tag großen Gefahren ausgesetzt: | |
| Sie werden entführt und [2][ins Gefängnis gesteckt]. Es ist ein repressives | |
| Fließband. Einige haben ihre Strafe bereits verbüßt, werden erneut | |
| festgenommen und wieder eingesperrt. Deshalb auch sind viele meiner | |
| Arbeiten aus dieser Serie den politischen Gefangenen gewidmet, die jetzt in | |
| Belarus inhaftiert sind. Stellvertretend für viele andere nenne ich Maria | |
| Kolesnikova, Viktor Babariko, Pavel Seviarynets, Siarhei Tikhanovsky, | |
| Mikalai Statkevich und Ales Bialiatski. | |
| 2020 schickten Belarus:innen meine Zeichnungen als Postkarten an | |
| politische Gefangene. Damals erreichten sie ihre Adressaten noch. Jetzt ist | |
| der Repressionsapparat in vollem Gang und Briefe an Gefangene werden sehr | |
| häufig verweigert. | |
| Sie leben im Exil in Lettland. Wie kann Ihre Kunst die Zivilgesellschaft in | |
| Ihrem Heimatland stärken? | |
| In diesem Moment fühle ich mich wie eine Reporterin, die darüber berichtet, | |
| was in Belarus passiert. Früher habe ich Kinderbücher illustriert, aber | |
| jetzt illustriere ich das Buch unseres Lebens in Kriegs- und | |
| Repressionszeiten. | |
| Freiheit ist für mich kein leeres Wort. Viele Belarus:innen, wie ich, sind | |
| [3][gezwungen unsere Heimat zu verlassen]. Ich wünsche mir sehr, dass | |
| Belarus frei wird, damit wir zurückkehren können. Ich wünsche mir, dass | |
| dieser schreckliche Krieg zu Ende geht, dass die Ukraine den Aggressor | |
| besiegt und diesen Krieg gewinnt. Wenn meine Arbeit die Menschen in diesen | |
| schwierigen Zeiten motivieren kann, ihren Kampf weiterzuführen, dann werde | |
| ich meine Freiheitskatzen weiter und weiter zeichnen. | |
| 18 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tigran Petrosyan | |
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