# taz.de -- Grüne Hochschulpolitik in Hamburg: Eine kleine Studiengebühr | |
> Wissenschaftssentorin Fegebank will Unis erlauben, Geld für Eingangstests | |
> zu nehmen. Die Grünen-Basis protestiert, da Bildung kostenfrei bleiben | |
> soll. | |
Bild: Der Traum vieler Schulabgänger*innen: im Medizinstudium zu lernen, wie m… | |
HAMBURG taz | Führt ausgerechnet die grüne Wissenschaftssenatorin Katharina | |
Fegebank in Hamburg wieder Studiengebühren ein? Diesen Vorwurf erhebt die | |
[1][studentische Gruppe Campus Grün]. Zwischen 35 und 100 Euro könne ein | |
Eingangstest für das Medizinstudium künftig kosten. „Für uns ist das sehr | |
schwierig. Unsere Position ist, es sollen Gebühren abgeschafft werden“, | |
sagt Campus-Grün-Sprecher Armin Günther. | |
Darum geht es: Wer bisher ein sehr gutes Abitur hatte, das aber nicht gut | |
genug für ein Medizinstudium war, konnte mit einem kostenlosen Test seine | |
Chancen auf einen Studienplatz verbessern. Seit diesem Jahr ist das anders. | |
Am sogenannten „[2][Ham-Nat]“, dem Hamburger Naturwissenschaftstest, kann | |
nun jeder Interessierte teilnehmen. Das ist Teil der Änderungen in Folge | |
eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 2017. Darin forderten die | |
Karlsruher Richter unter anderem, dass alle Studienanwärter Zugang zu so | |
einem Test haben müssen. | |
Fegebank nahm dieses Urteil zum Anlass, um eine Anpassung des hiesigen | |
Hochschulgesetzes vorzunehmen. Etwas [3][versteckt in der „Drucksache | |
22/1502“], die Verschiedenes regelt, befindet sich die Neufassung des | |
Paragrafen 6b. Dort steht nun: Hochschulen dürften „im Rahmen der | |
Hochschulzulassung aufgrund von Satzungen Gebühren erheben“. Und dazu | |
zählten „insbesondere Studieneignungstest und Aufnahmeprüfungen“. In der | |
Begründung heißt es, es handele sich dabei um eine „redaktionelle | |
Klarstellung“. | |
Allerdings ist die Sache etwas heikel, weil erst am 20. Juni der | |
Akademische Senat der Uni Hamburg, zu dem auch die Medizinische Fakultät | |
gehört, eine neue Satzung für Studieneingangstests verabschiedete. Darin | |
heißt es: „Der Test ist gebührenfrei.“ Diese wurde vom Uni-Präsidium | |
genehmigt. | |
Fegebank fand allerdings einen Weg, um diesen Beschluss zu ignorieren: Ihr | |
„Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften zu | |
Studieneingangstests und deren Finanzierung“ besteht aus zwei Artikeln. Im | |
zweiten soll nun das sogenannte Gesetz zur Uniklink Eppendorf (UKE-Gesetz) | |
verändert und dem Dekan der Medizinischen Fakultät das Recht übertragen | |
werden, Gebühren festzulegen. Sprich: Dann hätte die Uni das nicht mehr zu | |
regeln. | |
In der Sitzung des Wissenschaftsausschusses vom 10. November kam die Sache | |
zur Sprache. Ein Wortprotokoll gibt es nicht, aber die Gruppe Campus Grün | |
zitiert in ihrer Pressemitteilung aus der Sitzung. Unter anderem hätten | |
Vertreter der Wissenschaftsbehörde gesagt, die Gebühren seien nötig, weil | |
durch den erweiterten Zugang zu den Tests mit höheren Anmeldezahlen zu | |
rechnen sei. | |
Das sei keine „redaktionelle Richtigstellung“, sondern eine „handfeste | |
haushaltspolitische Richtungsentscheidung“, schreibt Campus-Grün. Mit dem | |
Drucksachen-Antrag würde Rot-Grün „eine neue finanzielle Hürde ins | |
Hamburger Bildungssystem einziehen“. Ein Medizinstudium würde „als Privileg | |
für finanziell besser gestellte zementiert“, kritisiert Studentin Nadja Abd | |
El Hafez. | |
Nicht nur der Nachwuchs, auch Abgeordnete reagierten ungehalten. Zu sagen, | |
solche Gebühren wären okay, ginge „an der Lebensrealität vieler Studis | |
vorbei“, twitterte die Grünen-Abgeordnete Ivy May Müller. Und ihre | |
Fraktionskollegin, die wissenschaftspolitische Sprecherin Miriam Block, | |
twitterte: „Im Koalitionsvertrag steht kostenfreie Bildung. Das bedeutet | |
aus meiner Sicht auch keine Gebühren im Rahmen von Hochschulzulassung. Das | |
werde ich im Übrigen im Ausschuss auch gleich sagen.“ | |
Die Sache erregt auch bundesweit Aufmerksamkeit, haben die Grünen | |
kostenfreie Bildung doch gerade erst ins Programm aufgenommen. „Erst hat | |
man Gebühren nach und nach abgeschafft, jetzt führt man sie nach und nach | |
wieder ein“, sorgt sich Paul Klär vom [4][Freien Zusammenschluss der | |
Student*innenschaften] (FZS) in Berlin, der rund 800.000 Studierende | |
vertritt. | |
Zwar gebe es bereits einen privat zu finanzierenden „Test für medizinische | |
Studiengänge“ (TMS), den Bewerber an 18 verschiedenen Hochschulen für sich | |
zur Chancenverbesserung nutzen könnten, doch dass in Hamburg eine | |
Hochschule für ihren Test eigene Gebühren nehme, sei bundesweit einmalig. | |
„Gerade in Medizin bewirbt man sich nie nur an einer Uni“, sagt Klär. Da | |
kämen Kosten zusammen. Denn auch An- und Abfahrt, Kost und Logie gingen ins | |
Portemonnaie. | |
Die Hamburger Wissenschaftsbehörde argumentiert nun, die Organisation der | |
Tests sei durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts „deutlich | |
aufwendiger“ geworden. Ihr Sprecher Jon Mendrala erklärt, eine Gebühr könne | |
immer dort erhoben werden, „wo auf Veranlassung einer einzelnen Person eine | |
staatliche Dienstleistung vorgenommen werde: wie zum Beispiel auch bei | |
Eheschließung, Ausweiserstellung, Bauantrag, Einleitung von Abwasser etc.“. | |
Der Begriff Studiengebühr sei falsch. | |
Wann die Gebühr fällig wird, steht laut Mendrala derzeit noch nicht fest. | |
Als Höhe stünden 35 Euro im Raum, durch die Coronapandemie könnte sie „aber | |
noch etwas teurer werden“. | |
Das Gesetz wird voraussichtlich am 16. Dezember in der Bürgerschaft | |
verabschiedet. Nach taz-Information soll es zuvor noch eine Stellungnahme | |
des Akademischen Senats der Uni an die Fachpolitischen Sprecher der | |
Parteien geben. Es sei nicht in Ordnung, gar nicht gefragt worden zu sein. | |
4 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.campusgruen.org/news/Versteckte_Studiengeb%C3%BChren__63___-_Wi… | |
[2] https://www.uke.de/studium-lehre/studienentscheidung/auswahlverfahren/vorbe… | |
[3] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/72676/haushaltsplan_2019_2… | |
[4] https://www.fzs.de/ | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Katharina Fegebank | |
Studiengebühren | |
Hochschule | |
Universität Hamburg | |
Studiengang Medizin | |
Grüne Jugend | |
Hamburg | |
Studiengebühren | |
Hochschule | |
Schule und Corona | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studiengebühren in Baden-Württemberg: Ausländische Studis sollen blechen | |
In Baden-Württemberg zahlen ausländische Studierende enorme Gebühren. Die | |
könnten jetzt sogar noch erhöht werden – und Fachkräfte verschrecken. | |
Hochschul-Lehre in Hamburg: Hybrid-Semester fällt aus | |
Uni-Chef Lenzen sagt kurzfristig alle Präsenz-Lehrveranstaltungen ab, die | |
nicht „zwingend“ sind. Lehrende protestieren. Die Senatorin hält sich raus. | |
Studienplätze im Norden: Ansturm der Hierbleiber | |
An einigen Hochschulen im Norden herrscht Gedränge um Studienplätze. Das | |
kann an Corona liegen: Es gehen kaum Abiturienten ins Ausland. | |
Semesterbeitrag an Hamburger Unis: Wer nicht zahlt, der fliegt | |
Obwohl der Semesterstart verschoben wurde, sollen die Studierenden zum 1. | |
April den Semesterbeitrag zahlen. Der AStA fordert eine Fristverlängerung. |