# taz.de -- Grenzschließungen wegen Corona: Niemand hört auf die EU-Kommission | |
> Die nationalen Abschottungsmaßnahmen in der EU gehen weiter. Vor allem an | |
> der deutsch-polnischen Grenze führt das zu Chaos und langen Staus. | |
Bild: Kein Ende in Sicht: Stau an der deutsch-polnischen Grenze | |
Brüssel taz | Die Europäische Union hat im Kampf gegen die | |
Coronavirus-Krise ein weitgehendes Einreiseverbot verhängt. Es gilt | |
zunächst für 30 Tage und soll dazu beitragen, die Grenzen in Europa offen | |
zu halten und die Versorgung zu sichern. Doch bisher bleibt die erhoffte | |
Wirkung aus: Auf Straßen und Flughäfen herrschen teils chaotische Zustände, | |
die Appelle der EU-Kommission zeigen keine Wirkung. | |
„Wir hoffen, dass die EU-Staaten unsere Leitlinien so schnell wie möglich | |
umsetzen und eine [1][reibungslose Versorgung] der Bevölkerung sichern“, | |
sagte der Sprecher der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am | |
Mittwoch in Brüssel. Die Kommission sei im ständigen Kontakt mit den | |
nationalen Behörden: „Wir hämmern ihnen täglich ein, dass sie | |
zusammenarbeiten müssen.“ | |
Die Brüsseler Behörde hatte vorgeschlagen, an geschlossenen Grenzen einen | |
Sonderstreifen für Hilfstransporte und Lastkraftwagen offen zu halten. | |
Außerdem fordert sie freie Durchreise für alle EU-Bürger, die in ihr | |
Heimatland zurückkehren wollen. Doch bisher werden diese Empfehlungen | |
offenbar nur unvollständig oder gar nicht umgesetzt. | |
Vor allem in Polen ist die Lage angespannt. An mehreren deutsch-polnischen | |
Grenzübergängen gab es in den letzten Tagen kilometerlange Staus und | |
Wartezeiten von bis zu 18 Stunden. Um eine Verbreitung des Coronavirus zu | |
erschweren, hatte Polen am Wochenende an den Grenzen zu Deutschland, | |
Tschechien, der Slowakei und Litauen wieder Kontrollen eingeführt. Polen | |
können in ihre Heimat zurückkehren, müssen aber für 14 Tage in Quarantäne. | |
Lage angespannt, aber stabil | |
Angespannt ist die Lage auch an der deutsch-französischen Grenze. Sie war | |
am Sonntag überraschend von Deutschland geschlossen worden. Das Elsass gilt | |
als Corona-Krisengebiet; die Grenzkontrollen erschweren nun | |
Hilfslieferungen. Keine Probleme gibt es dagegen bisher an den Grenzen zu | |
Belgien und den Niederlanden. Sie sind offen – und sichern den Zugang zu | |
Seehäfen wie Antwerpen und Rotterdam. Bei einer Schließung dieser Grenzen | |
könnte die Versorgung in Westdeutschland zum Problem werden. | |
Die Lage sei angespannt, aber stabil, heißt es beim Bundesverband Spedition | |
und Logistik (DSLV). „Wir haben keine Fälle, in denen die Logistik einen | |
Aussetzer hat, um Industrie, Handel und Bevölkerung zu versorgen“, sagte | |
DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Allerdings mache sich die | |
Schließung mehrerer Grenzen für den Personenverkehr zunehmend beim | |
Gütertransport bemerkbar. | |
„Die Grenzen sind für den Warenverkehr noch offen, aber die | |
Individualkontrollen sorgen zum Teil für einen gigantischen Rückstau“, | |
sagte Huster. Außerdem warnte er vor einer Verschlechterung der Lage. „Wir | |
erwarten für die Häfen in den nächsten Tagen und Wochen einen Rückgang von | |
75 Prozent des Containervolumens“, sagte Huster. „Die Schiffe, die hätten | |
kommen sollen, wären jetzt noch unterwegs. Den Einbruch werden wir erst | |
noch merken.“ | |
Der Chef der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Jens Geier, forderte die | |
EU-Staaten zur Rücknahme von Grenzkontrollen auf. „Der Entscheidung, die | |
Außengrenzen zu schließen, sollte folgen, dass die Mitgliedstaaten von | |
einem weiteren Aussetzen des Schengener Abkommens absehen und nicht weiter | |
im Alleingang an nationalen Grenzen Kontrollen einführen.“ Bislang haben | |
zwölf EU-Staaten Grenzkontrollen bei der EU-Kommission in Brüssel gemeldet. | |
Noch kein einziges Land hat seine [2][Grenze danach wieder aufgemacht.] | |
18 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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