| # taz.de -- Gespräche zwischen Nord- und Südkorea: Viel Lob, wenig Hoffnungen | |
| > Nord- und Südkorea sprechen wieder miteinander. Doch Diktator Kim Jong Un | |
| > weckt nur Hoffnungen, die er erneut zerstören dürfte. | |
| Bild: Pausiert mit Raketentests: Nordkoreas Führer Kim Jong Un (Archivbild) | |
| Peking taz | Sie reden wieder miteinander: Am Montag teilte die Regierung | |
| in Seoul mit, dass Vertreter Nord- und Südkoreas erstmals seit August | |
| wieder miteinander telefoniert hatten. Seouls Vereinigungsministerium | |
| erklärte, dass die „Grundlage für die Wiederherstellung der | |
| innerkoreanischen Beziehungen geschaffen“ worden sei. | |
| Jenseits der Grenze ließ Machthaber Kim Jong Un über die Nachrichtenagentur | |
| KCNA mitteilen, er wolle einen „anhaltenden Frieden“ auf der koreanischen | |
| Halbinsel. | |
| Mit kritischer Distanz lässt sich hingegen nur ein zurückhaltend | |
| optimistisches Fazit ziehen: Die Hoffnung stirbt angeblich zuletzt. Doch | |
| ist auch wahr: Die Nord-Süd-Hotline ist von immenser Bedeutung. Vor allem, | |
| weil es die einzige Form direkter Kommunikation zwischen zwei Staaten ist, | |
| die nach dem Koreakrieg (1950–1953) nie einen offiziellen Friedensvertrag | |
| unterzeichnet haben. | |
| Wenn es also wieder einmal entlang der verminten Demarkationslinie zur | |
| Eskalation kommen sollte – etwa durch die Flucht eines nordkoreanischen | |
| Soldaten –, dann können die Militärs zumindest zum Hörer greifen, um | |
| Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. | |
| ## „Bemerkenswerter Fortschritt“ | |
| Dementsprechend fielen die internationalen Reaktionen durchweg positiv aus. | |
| In Washington sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums, man unterstütze | |
| nachdrücklich die innerkoreanische Zusammenarbeit. Und auf Twitter | |
| bezeichnete Liu Xiaoming, Sonderbeauftragte der chinesischen Regierung für | |
| Korea-Angelegenheiten, die Wiederherstellung der Verbindungslinie als | |
| „bemerkenswerten Fortschritt“. | |
| Doch wer die Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel seit Längerem | |
| verfolgt, der muss die Aufrichtigkeit des Kim-Regimes in Pjöngjang | |
| unweigerlich infrage stellen: Seit Jahrzehnten oszilliert Nordkorea | |
| schließlich zwischen militärischem Säbelrasseln und diplomatischer | |
| Charmeoffensive, wie es den politischen Interessen der Staatsführung gerade | |
| passt. | |
| Erst im August hatte das Regime das gemeinsame Verbindungsbüro, finanziert | |
| vom südkoreanischen Steuerzahler, öffentlichkeitswirksam in die Luft | |
| sprengen lassen. Seit Jahresbeginn [1][testet Kim zudem weiter fleißig sein | |
| Raketenarsenal], und trotz der für die Bevölkerung horrenden Coronapandemie | |
| investiert er nach wie vor in sein Nuklearprogramm. | |
| Nun zeigt sich Machthaber Kim Jong Un also wieder handzahm, doch zugleich | |
| stets zu Raketentests bereit. Mit Letzterem erhöht er den Druck, um bei den | |
| kommenden Verhandlungen möglichst viele Hilfsgelder und politische | |
| Konzessionen zu erhalten. | |
| Bei Südkoreas Präsident Moon Jae In trifft Kim dabei zwar auf keinen | |
| naiven, aber jederzeit offenen Gesprächspartner. Der 68-Jährige betrachtet | |
| den innerkoreanischen Friedensprozess nicht zuletzt aufgrund seiner eigenen | |
| Biografie – sein Vater floh während der Kriegswirren vom Norden in den | |
| Süden – als politisches Lebenswerk. Für dessen Verwirklichung bleibt dem | |
| linksliberalen Politiker nur noch ein kurzer Zeitraum, da bereits im März | |
| sein Nachfolger gewählt wird. | |
| Trotzdem ist sämtliche Entspannung in Korea grundsätzlich gut. Denn | |
| angesichts der wachsenden Nuklearbedrohung aus Nordkorea haben die | |
| konservativen Fraktionen innerhalb Japans, aber auch Südkoreas wieder | |
| Debatten über eine eigene atomare Aufrüstung angestoßen. | |
| „Die Unberechenbarkeit des amerikanischen Sicherheitsengagements, Chinas | |
| Aufstieg und die Vertiefung der strategischen Instabilität in Nordostasien | |
| haben diese innenpolitischen Debatten ebenfalls angeheizt“, heißt es dazu | |
| in einer aktuellen Studie von Moon Chung In, Sonderberater der Regierung in | |
| Seoul. | |
| Doch reicht schon ein Rückblick auf Ende Juli, um die Erwartungen zu | |
| dämpfen: Schon damals [2][stellte Pjöngjang die gemeinsame Hotline wieder | |
| her] – nur um zwei Wochen später gar keine Anrufe mehr entgegenzunehmen. | |
| 4 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Fabian Kretschmer | |
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