| # taz.de -- Gesetzentwurf der Innenministerin: Die FDP bremst beim Waffenrecht | |
| > Bundesinnenministerin Faeser (SPD) will Rechtsextremen und psychisch | |
| > Kranken die Waffen entziehen. Doch die Liberalen stellen sich quer. | |
| Bild: Will ein schärferes Waffenrecht: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) | |
| Berlin taz | Es ist eine klare Ansage von Nancy Faeser. „Wir müssen | |
| Extremisten sehr konsequent entwaffnen“, erklärt die Sozialdemokratin seit | |
| ihrem Antritt als Bundesinnenministerin. Im März unterstrich sie dies | |
| [1][in ihrem Aktionsplan gegen Rechtsextremismus.] Faeser kündigte hier | |
| „kurzfristige“ Maßnahmen an. Aber nun bremst die FDP – und die | |
| Schützenlobby. | |
| Mitauslöser für [2][Faesers Vorstoß war das Attentat von Hanau]. Der Täter | |
| besaß legal Waffen und übte im Schützenverein, [3][obwohl er psychisch | |
| krank] war und vor seiner Tat wirre Schreiben an Behörden verschickte. Die | |
| Waffenbehörde bekam davon nichts mit – oder blieb untätig. Für Faeser darf | |
| das nicht noch einmal passieren. „Wer psychisch auffällig ist oder sich | |
| offensichtlich radikalisiert hat, darf keine Waffen besitzen, erst recht | |
| nicht legal“, erklärte sie. | |
| In [4][ihrem Aktionsplan] machte Faeser das zu einem zentralen Punkt. Bei | |
| Extremisten und psychisch Kranken wolle man Waffenbesitz „wirksam | |
| verhindern“ sowie den Entzug von Erlaubnissen „besser durchsetzen“. Faeser | |
| schlug dafür ein neues Forum aus Waffenbehörden, Verfassungsschutz, Polizei | |
| und Verwaltungsgerichten vor. Die Ministerin verwies zudem auf die | |
| Dringlichkeit: Bis heute besäßen rund [5][1.500 Rechtsextremisten legal | |
| Waffen.] | |
| ## FDP bremst Verschärfungen aus | |
| Tatsächlich arbeitete Faesers Ressort zuletzt an einem Gesetzentwurf für | |
| [6][eine Waffenrechtsverschärfung]. Laut einer Sprecherin liegt dieser | |
| inzwischen vor, wird aber noch intern abgestimmt. Mit der Neuregelung soll | |
| nun der Kreis der Behörden erweitert werden, an die Waffenbehörden Anfragen | |
| richten können, um extremistische oder psychische Auffälligkeiten von | |
| Waffenbesitzenden oder Antragstellern zu erfragen. | |
| Umgekehrt sollen die Ämter die Waffenbehörden aktiv informieren, wenn sie | |
| Hinweise haben. Zudem sollen Regelanfragen der Waffenbehörden und | |
| Nachberichtspflichten „ausgebaut“ werden. | |
| Nur: Wann der Gesetzentwurf von der Ampel verabschiedet wird, ist völlig | |
| offen. So bald, wie Faeser es wollte, jedenfalls nicht. „Ein Termin für | |
| eine Kabinettbefassung steht noch nicht fest“, erklärt eine | |
| Ministeriumssprecherin. Der Gesetzentwurf müsse auch erst noch mit anderen | |
| Ministerien, den Ländern und zuständigen Verbänden abgestimmt werden. | |
| Die Verzögerung liegt auch an der FDP – die eine Gesetzesverschärfung | |
| ausbremst. „Wir haben in Deutschland bereits ein sehr strenges und | |
| detailliertes Waffenrecht“, sagt FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle der taz. | |
| Auch seien deutsche Jäger und Sportschützen „überaus rechtstreu“ und wü… | |
| bereits heute regelmäßig überprüft. Sie dürften „nicht unter | |
| Generalverdacht gestellt“ werden. Bevor das Waffenrecht verändert werde, | |
| brauche es „zwingend“ eine Evaluation der jüngsten Waffenrechtsänderungen. | |
| Tatsächlich wurde das Waffengesetz zuletzt 2020 verschärft. Seitdem müssen | |
| Waffenbehörden beim Verfassungsschutz abfragen, ob Antragstellende von | |
| Waffenerlaubnissen als Extremisten bekannt sind, gleiches gilt für | |
| Nachkontrollen. Darauf verweist auch Kuhle. Dass es dabei beim Austausch | |
| zwischen den Behörden hake, sei „kein Fehler des Gesetzes, sondern seines | |
| Vollzugs“. Viele Waffenbehörden seien „personell und fachlich überfordert… | |
| Hier müssten Länder und Kommunen für Personal und Technik sorgen. Und: | |
| Gerade der Austausch mit Gesundheitsämtern sei „sehr sensibel“, einen | |
| Zugriff auf geschützte Gesundheitsdaten dürfe es „keinesfalls“ geben. | |
| ## „Ernst zu nehmendes Sicherheitsrisiko“ | |
| Faeser und die Grünen indes pochen auf den Koalitionsvertrag. Dort | |
| vereinbarte die Ampel, Extremisten Waffenerlaubnisse zu entziehen und | |
| Waffenbesitzer „effektiver“ zu kontrollieren. Festgehalten ist aber auch | |
| die besagte Evaluation. Die wird es auch geben, versichert Faesers | |
| Sprecherin. „Erforderliche Änderungen des Waffengesetzes können deshalb | |
| aber nicht zurückgestellt werden.“ Zu Details, etwa ob und wie auf | |
| Gesundheitsdaten zugegriffen werden soll, äußert sich das Ministerium wegen | |
| des noch laufenden Erarbeitungsprozesses bisher nicht. | |
| Auch der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich betont, Faeser dränge „zu | |
| Recht“ auf eine strengere Waffenkontrolle. „Rechtsextremisten und andere | |
| Demokratiefeinde mit Waffen sind ein sehr ernst zu nehmendes | |
| Sicherheitsrisiko.“ Hier sei es wichtig, „dass wir schnell in die konkrete | |
| Umsetzung kommen“, so Emmerich. „Am Ende des Tages spielt es keine Rolle, | |
| ob wir es Verschärfung, Anpassung oder Erweiterung nennen.“ | |
| Doch schon Faesers Vorgänger Horst Seehofer scheiterte an einer | |
| Waffenrechtsverschärfung. Auch der CSU-Mann wollte einen besseren Austausch | |
| zwischen Waffenbehörden, Polizei und Gesundheitsämtern erreichen. Am Ende | |
| opponierte nicht nur die Waffenlobby, sondern auch die eigene | |
| Unionsfraktion. Das Gesetz wurde nie verabschiedet. | |
| Und auch jetzt machen Lobbyverbände wieder mobil. So erklärt der Deutsche | |
| Schützenbund zwar, man unterstütze das Ziel, Extremisten den Zugang zu | |
| Waffen zu erschweren, „uneingeschränkt“. Aber: „Weiterer Verschärfungen… | |
| Waffenrechts bedarf es nicht.“ Eine Entwaffnung der rechtsextremen Szene | |
| sei auch mit dem geltenden Gesetz möglich. Und gerade eine Abfrage und | |
| Interpretation von Gesundheitsdaten berge „große Schwierigkeiten“. | |
| Faeser muss also noch einige Überzeugungsarbeit leisten. Bis dahin bleibt | |
| auch ihr Aktionsplan gegen Rechtsextremismus nur Ankündigung. Denn neben | |
| der ausstehenden Entwaffnung der Szene sind auch die anderen neun Punkte | |
| des Plans bisher weitgehend nicht umgesetzt. | |
| 11 Jul 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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