# taz.de -- Geschlechtsspezifische Verfolgung: Als Mädchen und Frauen bedroht | |
> Die Linkspartei lobt, dass mehr Flüchtlinge wegen geschlechtsspezifischer | |
> Verfolgung anerkannt werden. Kritik übt die Partei aber am Schutzstatuts. | |
Bild: Seitdem die Taliban wieder in Afghanistan regieren, müssen sich Frauen s… | |
BERLIN taz | Die Zahl der Menschen, die in Deutschland wegen | |
geschlechtsspezifischer Verfolgung als Flüchtlinge anerkannt werden, | |
steigt. Waren es 2021 noch 1.379 Menschen, lag die Zahl 2022 mit 2.800 | |
Menschen doppelt so hoch. Im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es bereits | |
2.286 Menschen. Das ergab die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken, | |
die der taz exklusiv vorliegt. | |
Am deutlichsten fällt die Entwicklung bei den Afghan_innen auf: Waren es im | |
Jahr 2021 noch 116 Flüchtlinge, die das Bundesamt für Flüchtlinge (Bamf) | |
wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung anerkannte, waren es 2022 schon | |
1027 und allein im ersten Halbjahr 2023 bereits 1.499 Flüchtlinge. | |
Während aus Afghanistan vor allem [1][Frauen vor staatlichen Akteuren, also | |
den Taliban fliehen], sind es beispielsweise bei anerkannten Flüchtlingen | |
aus Somalia vorwiegend Mädchen und Kinder, die vor nichtstaatlichen | |
Akteur_innen fliehen, da sie Zwangsheirat oder Genitalverstümmelung | |
befürchten. | |
[2][Clara Bünger], fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, wertet | |
die Entwicklung positiv: „Es ist gut, dass geschlechtsspezifische | |
Verfolgungsgründe bei Entscheidungen des Bamf an Bedeutung gewinnen.“ Sie | |
kritisiert allerdings die Art des Schutzes, die Frauen oftmals zuteilwird: | |
„Angesichts der systematischen Diskriminierung und Verfolgung von Frauen | |
durch das Taliban-Regime müssten allerdings alle einen sicheren | |
Flüchtlingsstatus erhalten, nicht nur bloßen Abschiebungsschutz“, so | |
Bünger. | |
Hier sollte das Bamf dem Beispiel anderer EU-Staaten und den Empfehlungen | |
der EU-Asylagentur folgen, so Bünger: „Innenministerin Faeser muss das | |
Bundesamt entsprechend anweisen, denn das ist eine politische | |
Entscheidung.“ | |
## Drei Viertel Mädchen und Frauen | |
75 Prozent aller Menschen, die wegen geschlechtsspezifischer Verfolgung vom | |
Bamf erfasst werden, sind Frauen und Mädchen. Queere Männer würden vor | |
allem aus Syrien, Türkei, Iran, Irak und der Russischen Förderation | |
fliehen, um hier Schutz zu suchen. | |
Die Kleine Anfrage ergab ebenfalls: 2021 wurden 342 Vulnerabilitäten | |
gemeldet, also Flüchtlinge, die besonders geschultes Personal brauchen. Das | |
sind unter anderem Opfer von Menschenhandel, Genitalverstümmlung, Menschen | |
mit schweren körperlichen Erkrankungen oder Alleinerziehende mit | |
minderjährigen Kindern. 2022 waren es 381 Fälle. | |
„Angesichts von 150.000 beziehungsweise über 200.000 Asylerstanträgen in | |
diesen Jahren und einer hohen Vulnerabilität unter Geflüchteten ist die | |
Schlussfolgerung wohl zulässig, dass die staatliche Verfahrensberatung | |
durch das Bamf offenkundig nicht dazu geeignet war, vorhandene | |
Vulnerabilitäten verlässlich festzustellen“, so Clara Bünger. | |
Sie übt auch Kritik an Mittelkürzung der Bundesregierung bei der | |
unabhängigen Asylverfahrensberatung: „Politisch versprochen war eine | |
Verdoppelung der Mittel für das Jahr 2024 – selbst dieser Betrag wäre nur | |
die Hälfte der Summe, die für eine flächendeckende unabhängige | |
Beratungsstruktur erforderlich ist.“ Wenn das Kürzungsprogramm der Ampel | |
umgesetzt würde, hätte das desaströse Folgen. | |
20 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Zwei-Jahre-Machtuebernahme-in-Afghanistan/!5949937 | |
[2] /Gewalt-gegen-Gefluechtete/!5948095 | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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