Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Aus der UN-Mission: Ortskräfte aus Mali fordern Schutz
> Aus Angst vor Terror richten sich Übersetzer:innen mit einem Brief an
> die Bundesregierung. Diese will gelernt haben.
Bild: Die Bundeswehr sollte mit der Minusma-Mission der UN den Frieden in Mali …
Berlin/Freiburg taz | Aktivist*innen fordern von der Bundesregierung
Unterstützung [1][für Ortskräfte in Mali.] In einem Brief hatten fünf
Übersetzer*innen Deutschland angesichts des Truppenabzugs und der sich
zusehends verschlechternden Sicherheitslage um Schutz gebeten. „Man hätte
längst Lehren aus der katastrophalen Situation in Afghanistan ziehen können
und müssen“, sagte Marcus Grotian vom Patenschaftsnetzwerk Afghanische
Ortskräfte der taz. Was fehle, sei ein grundsätzliches Konzept für den
Umgang mit einheimischen Angestellten.
Sie hätten Nachrichten gesehen, „in denen die Terroristen damit drohen,
gegen all diejenigen vorzugehen, die für die nationalen und internationalen
Streitkräfte gearbeitet haben“, zitiert der Spiegel aus dem Brief der
Ortskräfte, die ihm Rahmen der [2][UN-Mission Minusma] für die Bundeswehr
tätig waren. Dem Magazin zufolge beschäftigt Deutschland in Mali rund 400
einheimische Ortskräfte, etwa 60 davon Helfer*innen der Bundeswehr, von
denen rund 20 als Dolmetscher*innen tätig waren.
Explizit verweisen die Verfasser*innen des Briefs auf den desaströsen
Bundeswehrabzug aus Afghanistan – bis heute sitzen Tausende gefährdeter
Ortskräfte in Afghanistan fest, obwohl die Bundesregierung ihnen Hilfe
zugesagt hat.
Das sogenannte [3][Ortskräfteverfahren hat die Bundesregierung] schon 2013
für örtliche Mitarbeiter*innen in Afghanistan eingerichtet. Danach
müssen bedrohte Personen eine Gefährdungsanzeige stellen, die dann von dem
für sie zuständigen deutschen Ministerium geprüft wird. Das
Bundesinnenministerium kann dann eine Aufnahmezusage erteilen, mit der die
gefährdete Ortskraft bei einer deutschen Botschaft ein Visum beantragen
kann.
## „Sich auf Deutschland verlassen können“
Das Ortskräfteverfahren ist nicht gesetzlich geregelt. Für die
Aufnahmezusage durch das Innenministerium gibt es zwar eine Rechtsgrundlage
in Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes. Es gibt aber keinen einklagbaren
Anspruch, nach Deutschland geholt zu werden. Zwar argumentiert das Deutsche
Institut für Menschenrechte, dass es eine staatliche Schutzpflicht für die
afghanischen Ortskräfte gebe. Doch solche Schutzpflichten lassen der
Bundesregierung viel Spielraum bei der Erfüllung. Sie darf nur nicht
untätig bleiben oder völlig ungeeignete Maßnahmen ergreifen.
Vereinzelt haben afghanische Ortskräfte bereits bei deutschen
Verwaltungsgerichten geklagt. So vertritt der Anwalt Matthias Lehnert im
Auftrag von Pro Asyl sechs Afghanen, die in einem Polizeiprojekt der
Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gearbeitet
haben. Doch seine im Frühjahr gestellten Eilanträge wurden vom
Verwaltungsgericht Berlin bereits abgelehnt. Im September wird es eine
mündliche Verhandlung in der Hauptsache geben.
„Das Ortskräfteverfahren gibt es nur für Afghanistan, und nicht mal da
funktioniert es“, kritisiert Grotian. Für andere Krisenregionen gebe es
aber überhaupt keinen Plan. Derweil bekennt sich der Vorsitzende des
Afghanistan-Untersuchungsausschusses im Bundestag in Bezug auf den Einsatz
in Mali zur deutschen Verantwortung gegenüber den lokalen
Mitarbeiter*innen. „Wer für uns arbeitet, sollte sich auch auf Deutschland
verlassen können“, sagte SPD-Politiker Ralf Stegner der taz.
Der Hilferuf der malischen Bundeswehr-Ortskräfte habe ihn auch erreicht.
„Richtig ist sicher, dass man dem nachgeht und dass man das mit
Sensibilität betrachtet“, so Stegner. „Aus der Lage in Afghanistan zu
lernen heißt, humanitäre Spielräume, die man hat, zu nutzen, um der
Verantwortung gerecht zu werden.“
Die Organisation Mission Lifeline wirft der Bundesregierung jedoch vor,
genau diese Spielräume immer weiter zu verengen. „Da haben sie aus
Afghanistan gelernt und die Verträge im Vorhinein noch ungünstiger
gestaltet“, sagte der Vorsitzende Axel Steier. So seien Reinigungspersonal
und andere Mitarbeiter der Bundeswehr in Sub-Firmen ausgegliedert und
könnten dadurch ihre Position gegenüber der Bundesregierung nur schwer
durchsetzen.
Bis Redaktionsschluss antwortete das Bundesinnenministerium (BMI) auf
taz-Anfrage zum geplanten Umgang mit den Ortskräften in Mali nicht, das
Auswärtige Amt verwies auf die Zuständigeit des BMI. Dem Spiegel zufolge
bemühen sich aber die beteiligten Ressorts um eine „bessere interne
Abstimmung“, als es in Afghanistan der Fall war. Die Ampel erwäge mehrere
Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen – von Lohnfortzahlung über Hilfe beim
Umzug bis hin zu einer Aufnahme in Deutschland.
15 Aug 2023
## LINKS
[1] /Ortskraefte-der-Bundeswehr/!5876943
[2] /Heftige-Kaempfe-in-Mali/!5949948
[3] /Das-heikle-Amt-der-Verteidigung/!5907379
## AUTOREN
Dinah Riese
Christian Rath
Cem-Odos Güler
## TAGS
Mali
Ortskräfte
Bundesregierung
Bundeswehr
Bundeswehreinsatz
Mali
Die Linke
Niger
Mali
Bundeswehreinsatz
## ARTIKEL ZUM THEMA
UN-Abzug aus Mali: Die UNO geht, der Terror kommt
Der Abzug der UN-Truppen aus Mali wird immer schwieriger. Konvois werden
angegriffen, eine Ortskraft der Bundeswehr soll getötet worden sein.
Geschlechtsspezifische Verfolgung: Als Mädchen und Frauen bedroht
Die Linkspartei lobt, dass mehr Flüchtlinge wegen geschlechtsspezifischer
Verfolgung anerkannt werden. Kritik übt die Partei aber am Schutzstatuts.
Bundesregierung zum Putsch in Niger: Große Sorge und viel Solidarität
Der Westen wollte Niger zum Stabilitätsanker in der Region machen. Auch die
Bundesregierung wollte das. Hat der Putsch die Hoffnung zerschlagen?
Bundeswehreinsatz in Mali: Vor Abzug Ausverkauf
Der UN-Einsatz in Mali, der auch größter Auslandseinsatz der Bundeswehr
war, ist beendet. Deutschland ist auf dieses plötzliche Aus kaum
vorbereitet.
Ortskräfte der Bundeswehr: Kein Rettungsplan für Mali-Helfer
Dem Bundeswehreinsatz in Mali droht der Abbruch. Doch die Bundesregierung
hat keine Pläne, wie sie im Ernstfall die Ortskräfte dort evakuieren will.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.