# taz.de -- Ortskräfte der Bundeswehr: Kein Rettungsplan für Mali-Helfer | |
> Dem Bundeswehreinsatz in Mali droht der Abbruch. Doch die Bundesregierung | |
> hat keine Pläne, wie sie im Ernstfall die Ortskräfte dort evakuieren | |
> will. | |
Bild: Bundeswehrsoldaten kehren am 19.08.2022 von ihrem Einsatz in Mali zurück | |
Berlin taz | Nach der Unterbrechung des Bundeswehreinsatzes in Mali und | |
einem sich abzeichnenden Einsatzende ist das Schicksal der Ortskräfte im | |
Land weiter unklar. Gemeint sind lokale Helfer:innen, die den | |
Bundeswehreinsatz unterstützten und nun womöglich Gefahr laufen, Opfer | |
islamistischer Angriffe zu werden. | |
In der Bundespressekonferenz wurde am 12. August deutlich, dass die | |
Bundesregierung konkrete Evakuierungspläne für die Ortskräfte bislang für | |
nicht notwendig erachtet. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, es | |
ginge derzeit lediglich, “darum, einen Überblick zu haben“. Es liege eine | |
gemeinsame Liste der diversen verantwortlichen Ministerien vor, welches | |
Personal evakuierungswürdig sei. Die Frage, ob eigentlich geplante | |
Änderungsvorhaben beim Ortskräfteverfahren umgesetzt wurden, blieb | |
unbeantwortet. | |
Für das Bundesverteidigungsministerium sind derzeit 59 Ortkräfte in Mali im | |
Einsatz, für das Auswärtige Amt noch einmal 16. Dazu kommen wohl noch | |
weitere Ortskräfte für die GIZ, Ende 2021 waren es rund 300, aktuellere | |
Zahlen sind nicht verfügbar. | |
Hintergrund der Sorgen um die Ortskräfte ist, dass der deutsche Einsatz im | |
Rahmen der MINUSMA-Mission der Vereinten Nationen vor wenigen Tagen auf den | |
bloßen Selbstschutz der deutschen Truppen heruntergefahren wurde. Zuvor | |
hatte die malische Regierung Bundeswehrmaschinen die Überflugrechte | |
verweigert. Diese sind notwendig, um die deutschen Soldaten zu versorgen | |
und regelmäßig auszutauschen. Am 18. August [1][wurden die Flüge aber | |
wieder aufgenommen], eine zivile Maschine mit 90 Bundeswehrsoldaten an Bord | |
durfte in Bamako landen. Dennoch bestehen weiterhin Zweifel an der | |
Verlässlichkeit der malischen Militärjunta, die im Mai 2021 durch einen | |
Putsch an die macht gekommen war. | |
## Erinnerungen an das Afghanistan-Debakel | |
Bisher hält die Bundesregierung am MINUSMA-Einsatz der Bundeswehr aber | |
[2][weiter fest.] Ziel der Militärmission ist es, Mali zu stabilisieren und | |
verschiedene islamistische Gruppierungen an einer Machtübernahme zu | |
hindern. Die EU-Trainingsmission zur Stärkung der Sicherheitskräfte im | |
Sahel (EUTM) war bereits im Mai ins Nachbarland Niger verlegt worden, | |
nachdem Kräften der malischen Armee vorgeworfen wurde, an | |
Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen zu sein. | |
Die aktuellen Geschenisse in Mali wecken Erinnerungen an den überhasteten | |
Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan im Sommer 2021. Viele der dort für | |
die Bundesregierung tätigen Ortskräfte [3][wurden im Land zurückgelassen] | |
und waren so einer Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt. Einige von | |
ihnen konnten bis heute nicht evakuiert werden. | |
Auf den Truppenabzug war die Bundesregierung damals nicht vorbereitet, | |
verantwortliche Ministerien verfolgten im Umgang mit den Otskräften keine | |
einheitliche Linie. Eine gemeinsame Liste aller Ortskräfte gab es nicht. | |
Zudem wurden damals nicht alle Personen als Ortskräfte eingestuft, die | |
tatsächlich für die Bundesregierung tätig waren. Wer mit einem | |
Arbeitsvertrag direkt bei einer deutschen Institution angestellt war, wurde | |
berücksichtigt. Wer allerdings für ein Subunternehmen gearbeitet hatte, | |
einen Werkvertrag hatte oder als Selbstständiger für die Bundesregierung | |
arbeitete, war nach dem Dafürhalten der Bundesregierung nicht | |
evakuierungswürdig. | |
An dieser Arbeitsgrundlage hat sich seitdem nichts geändert. Die Zahl der | |
tatsächlich durch ihre Tätigkeit für die deutsche Bundesregierung | |
gefährdeten Malier:innen könnte also weitaus höher liegen, als sie die | |
Bundesregierung angibt. | |
Marcus Grotian vom Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte e.V. sieht | |
die Gefahr, dass sich eine ähnliche Situation wie in Afghanistan | |
wiederholen könnte. Dies sagte er auf dem ersten Kongress afghanischer | |
Ortskräfte am 13. August in Berlin. Sein Verein plant eine | |
Satzungsänderung, um im Ernstfall auch malischen Ortskräften helfen zu | |
können. | |
Auch Vertreter der Koalitionsparteien auf dem Kongress waren sich einig, | |
dass die Ortskräftedefinition der Bundesregierung dringend angepasst werden | |
müsse und in Notsituationen mehr Flexibilität nötig sei. Passiert ist | |
seitdem nichts. | |
25 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Philip Steeg | |
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