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# taz.de -- Friedliche Revolution und Stadtplanung: Kein Abriss unter dieser Nu…
> In vielen Städten der DDR verhinderten Bürgerinitiativen den Abriss der
> Altstädte. Nun beschäftigt sich ein Forschungsprojekt damit.
Bild: Die Oderberger Straße 1987
Geschichten gibt es viele über den Prenzlauer Berg. Eine davon erzählt, wie
Oppositionelle bei den Kommunalwahlen im Mai 1989 den Wohnbezirksausschuss
(WBA) der Nationalen Front unterwanderten – und die Oderberger Straße zur
Keimzelle alternativen Lebens machten. Dem WBA gelang es sogar, den
Chefarchitekten von Ostberlin, Roland Korn, auf eine Veranstaltung zu
zitieren und die Pläne öffentlich zu machen, die Straße abzureißen. Die
Bewohnerinnen und Bewohner sollten anschließend in einem Hochhaus
unterkommen. Noch während der Veranstaltung nahm der Chefarchitekt die
Planungen zurück.
Matthias Klipp erzählte die Geschichte am Montagabend im Nachbarschaftshaus
in der Oderberger Straße 19 noch einmal. Der spätere Baustadtrat von
Prenzlauer Berg und Baudezernent in Potsdam hatte 1989 als unabhängiger
Kandidat für den WBA kandidiert, er ist also Zeitzeuge für die friedliche
Revolution, die in der Oderberger Straße auch eine städtebauliche Wende
war. Eingeladen wurde Klipp von der TU Kaiserslautern und dem Institut für
raumbezogene Sozialforschung in Erkner. Beide haben mit einem
Forschungsprojekt begonnen: „1989. Friedliche Revolution in der
Stadterneuerung und das Ende der Abrisspolitik“.
Seltsam, dass das Thema nicht schon eher erforscht wurde, denn viele
Bürgerinitiativen in der DDR vor der Wende sind im Zusammenhang mit
konkreten Abrissplänen entstanden. In Potsdam wehrte sich die
Arbeitsgemeinschaft für Umweltschutz und Stadtgestaltung ARGUS gegen den
Abriss des Holländischen Viertels. Einer der Aktivisten damals war Matthias
Platzeck, der spätere Ministerpräsident Brandenburgs. In Görlitz, wo die
Sprenglöcher bereits gebohrt waren, wurde der Abriss der Altstadt aus der
Spätrenaissance verhindert. Und in der Spandauer Vorstadt in Berlin-Mitte
wehrte sich eine Bürgerinitiative gegen den Abriss ganzer Straßenzüge. Nach
der Wende wurde das Quartier zwischen Hackeschem Markt und Torstraße zum
Flächendenkmal.
Eine, die damals in der Spandauer Vorstadt dabei war, ist Dorothee Dubrau.
Nach der Wende wurde sie Baustadträtin von Mitte, heute ist sie
Beigeordnete für Stadtentwicklung in Leipzig. Beim „Zeitzeugengespräch“ d…
Forschungsprojekts erinnerte sie noch einmal an die Atmosphäre in der DDR
in den letzten Monaten vor dem Mauerfall. „Es kam immer auf Personen an. Es
gab auch im Apparat Leute, die einen unterstützt haben.“
Den Abriss in vielen Städten haben Bürgerinitiativen verhindert. Aber was
kam danach? Schon 1991 stand in Ostberlin die Übernahme des Mietensystems
der Bundesrepublik auf der Tagesordnung. In der Oderberger wurde aus dem
WBA die Initiative „Wir bleiben alle“. „Zur gleichen Zeit haben wir die
Wohnungsbaugesellschaft dazu gebracht, mit allen besetzten Häusern
Mietverträge zu unterschreiben“, erinnert sich Klipp. Zwei Jahre später
wurden dann in Ostberlin 22 Sanierungsgebiete ausgewiesen, fünf davon
alleine in Prenzlauer Berg, zwei in Mitte, darunter auch die Spandauer
Vorstadt.
Sanierungsträger in Prenzlauer Berg wurde die zuvor in Westberlin tätige
S.T.E.R.N. GmbH. Kritiker sagten damals, dass die bestens vernetzte
behutsame Stadterneuerung eins zu eins auf den Osten übertragen wurde. Doch
anders als in Kreuzberg ging die Sanierung in Ostberlin auch mit einem
Austausch eines Großteils der Bewohnerinnen und Bewohner einher. „Der Grund
dafür war die Restitution der Häuser“, sagt Klipp heute. „Damals hat kein…
daran gedacht, dass kommunaler Besitz von Wohnungen einmal so wichtig sein
würde.“
www.stadtwende.de
23 Oct 2019
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Berlin Prenzlauer Berg
Wendezeit
Sanierung
Berlin-Mitte
30 Jahre friedliche Revolution
Mauerfall
DDR
Schwerpunkt Angela Merkel
DDR
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