# taz.de -- Friedensnobelpreis 2015: Dialoggruppe in Tunesien geehrt | |
> Das tunesische nationale Dialog-Quartett erhält den Friedensnobelpreis. | |
> Der Preis solle auch Ansporn für alle sein, Demokratie in der Region | |
> voranzubringen. | |
Bild: Mit dem Sturz von Präsident Ben Ali begann 2011 die Revolution. Hier fei… | |
OSLO dpa | Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr nach Tunesien. Das | |
Nobel-Komitee vergab die wichtigste Auszeichnung der internationalen | |
Politik am Freitag an ein „Quartett für den nationalen Dialog“ aus vier | |
Verbänden, das in dem nordafrikanischen Land die Demokratisierung | |
vorangebracht hat: den Gewerkschaftsverband (UGTT), den Arbeitgeberverband | |
(UTICA), die Menschenrechtsliga (LTDH) und die Anwaltskammer. | |
Mit dem Nobelpreis, so die Begründung der Jury, soll der | |
Demokratisierungsprozess weiter unterstützt werden. Tunesien gilt trotz | |
einiger Rückschläge immer noch als Musterland des Arabischen Frühlings. Der | |
langjährige Diktator Zine el Abidine Ben Ali war im Januar 2011 gestürzt | |
worden, was auch Auslöser für Demokratiebewegungen in anderen Staaten war. | |
Inzwischen gibt es in Tunis eine zivile Regierung. | |
Die Entscheidung des Nobel-Komitees ist auch für viele Experten eine | |
Überraschung. Zu den Favoriten hatte dieses Jahr auch Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel (CDU) wegen ihres Engagements in der Flüchtlingskrise gehört. | |
Merkel bezeichnete die Preisvergabe an die Tunesier als „ausgezeichnete | |
Entscheidung“. Die Kanzlerin habe „großen Respekt vor der Leistung der | |
Preisträger“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Deutschland werde | |
dem „neuen Tunesien“ zur Seite stehen. | |
Das „Dialog-Quartett“ wurde nach einer Reihe von politischen Morden und | |
sozialen Unruhen im Sommer 2013 gegründet. Auf Initiative der größten | |
Gewerkschaft UGTT kam ein „nationaler Dialog“ in Gang, woraus eine neue | |
Übergangsregierung aus ausschließlich parteiunabhängigen Experten wurde. | |
„Zu einer Zeit, da das Land am Rande eines Bürgerkriegs stand, wurde daraus | |
eine Alternative, ein friedlicher politischer Prozess“, betonte das | |
Nobel-Komitee. | |
Weiter heißt es in der Begründung: „Mehr als alles andere soll dieser Preis | |
eine Ermutigung für das tunesische Volk sein. Trotz enormer | |
Herausforderungen hat es die Grundlage für eine nationale Brüderlichkeit | |
gelegt. Das Komitee hofft, dass dies ein Beispiel ist, dem auch andere | |
Länder folgen werden.“ | |
## 850.000 Euro | |
Der Friedensnobelpreis ist mit 8 Millionen schwedischen Kronen (etwa | |
850.000 Euro) dotiert. Verliehen wird er am 10. Dezember, dem Todestag des | |
Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel, in Oslo. Im vergangenen | |
Jahr hatten sich die Kinderrechts-Aktivisten Malala Yousafzai aus Pakistan | |
und Kailash Satyarthi aus Indien den Nobelpreis geteilt. Letzter deutscher | |
Preisträger war 1971 der damalige Bundeskanzler Willy Brandt (SPD). | |
In der Begründung heißt es weiter, das Quartett habe einen „entscheidenden | |
Beitrag für die Entwicklung einer pluralistischen Demokratie nach der | |
Jasmin-Revolution von 2011 geleistet“. Das Nobel-Komitee äußerte die | |
Hoffnung, dass der Preis Tunesiens Weg zur Demokratie sichern werde. Er | |
solle aber auch „Ansporn für alle sein, die Frieden und Demokratie im Nahen | |
Osten, Nordafrika und im Rest der Welt voranbringen wollen“. | |
Mit der Jasminrevolution in Tunesien 2010/2011 begann der sogenannte | |
Arabische Frühling. Die Bewegung führte zum Sturz mehrerer arabischer | |
Regime, konnte aber die großen Hoffnungen auf Freiheit nicht erfüllen. Als | |
einziges arabisches Land brachte Tunesien seine Demokratisierung voran. | |
Dazu trug die Bereitschaft der Islamistenpartei Ennahda bei, nach einem | |
ersten Wahlsieg die Macht wieder abzugeben. | |
Das stark von Europa beeinflusste Urlaubsland am Mittelmeer geriet damit | |
aber ins Visier militanter Islamisten. Anfang 2014 trat eine neue | |
Verfassung in Kraft. Zum Jahresende wurde Béji Caïd Essebsi zum Präsidenten | |
gewählt. Der parteilose Ökonom Habib Essid ist seit Februar Regierungschef. | |
Die massiven wirtschaftlichen und sozialen Probleme sind aber nicht gelöst. | |
Mehr als 15 Prozent der elf Millionen Tunesier sind arbeitslos. | |
Hinzu kommen der inländische Terrorismus und eine militärische Bedrohung | |
durch islamistische Milizen, die von Libyen oder Algerien aus operieren. | |
Ende Juni wurde Tunesien von einem blutigen Attentat erschüttert. Ein | |
Islamist tötete in einer Hotelanlage des Badeorts Sousse 38 Urlauber, bevor | |
er selbst erschossen wurde. | |
9 Oct 2015 | |
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