Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Tunesien nach dem Friedensnobelpreis: Stolz und Sorge in Tunis
> Bei tunesischen AktivistInnen löst die Vergabe des Friedensnobelpreises
> gemischte Gefühle aus. Denn die aktuelle politische Lage sorgt sie.
Bild: Am Strand des Ferienortes Sousse kamen am 26. Juni 38 Touristen ums Leben.
Tunis taz | Völlig unerwartet geht der [1][Friedensnobelpreis nach
Tunesien]. „Der Friedensnobelpreis ist eine Anerkennung der
aufopferungsvollen Arbeit der Zivilgesellschaft“, sagt der
Menschenrechtsaktivist Kouraish Jaouahdou aus Tunis. Doch die aktuelle
politische Lage in dem Land besorgt ihn. Das harte Vorgehen der
Sicherheitskräfte gegen Aktivisten und Journalisten erinnere an die Zeiten
vor der Jasminrevolution, die sich im Dezember das fünfte mal jährt.
Das sehen auch andere so: „Das Dialog-Quartett hat sich rechtzeitig vor dem
Beginn der Wahlkämpfe zurückgezogen und politische Polarisierung
vermieden“, lobt Amna Guellali von der Menschenrechtsgruppe Human Rights
Watch, die täglich neue Fälle von Folter und willkürlichen Verhaftungen auf
ihrem Schreibtisch liegen hat. „Anders als in Libyen und Ägypten haben
sowohl die Vertreter des religiösen Islam als auch die ehemaligen
Regimevertreter im letzten Moment den Kompromiss gesucht.“
Viele Aktivisten wie Guellali und Jaouahdou fürchten, dass nach den
[2][Anschlägen von Sousse] der tunesische Sonderweg verloren gehen könnte.
Am Strand des Ferienortes kamen am 26. Juni 38 Touristen ums Leben. Während
des nach der Attacke ausgerufenen Ausnahmezustandes wurden mehr als 3000
Verdächtige aus den zahlreichen islamistischen Netzwerken verhaftet.
„Es reicht manchmal schon, einen Bart zu tragen, um ins Visier der Behörden
zu geraten, die noch aus der Ben-Ali-Zeit kommen“, sagt Kouraish Jaouahdou,
der seit der ersten freien Parlamentswahl als Wahlbeobachter arbeitet.
## Verdächtige Extremisten werden freigelassen
Während vor allem im von der Tourismuskrise hart getroffenen Südwesten
Tunesiens das strikte Vorgehen der Polizei die mehrheitlich arbeitslose
Jugend sogar verstärkt in den religiösen Widerstand und damit in die
Gefängnisse treibt, gingen die Ermittlungen zu den [3][Anschlägen in
Sousse] und [4][dem Bardo-Museum] ins Leere. Auch die Verdächtigen der
Attacke auf das Museum in Tunis vom Februar wurden wie viele religiöse
Extremisten in Sousse wieder freigelassen.
In den Cafés der Hauptstadt ist man sich sicher, dass Beamte im
Innenministerium geschmiert oder der Geheimdienst in die Attentate
verstrickt ist. Beweise für diese Verschwörungstheorie wollte der Moderator
eines bekannten TV Senders aufdecken. Am vergangenen Sonntag durchlöcherten
ein Dutzend Kugeln das Auto des Inhabers des Senders und Abgeordneten Rida
Chareffedine, als er auf eine Landstraße nach Sousse einbog. „Eine
Warnung“, so der liberale Ridha Charfeddine, der für die Regierungspartei
Nidaa Tounès im Parlament sitzt.
Mit der Lage in Libyen, von wo immer mehr tunesische IS-Anhänger
zurückkehren, und der seit Jahresbeginn massiv gestiegenen
Arbeitslosigkeit, fühlen sich die Aktivisten zunehmend unwohl. Nach Europa
auszuwandern ist nach den Anschlägen das wichtigste Thema der Jugend. „Der
Nobelpreis könnte Motivation für die junge Generation sein, die mit ihrem
zivilem Engagement das Land bisher aus der Gewalt der Nachbarländer heraus
gehalten hat“, hofft Kouraish Jaouahdou.
10 Oct 2015
## LINKS
[1] /Friedensnobelpreis-2015/!5240545
[2] /Nach-dem-Anschlag-in-Tunesien/!5207648
[3] http://Sousse
[4] /!5200608/
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Friedensnobelpreis
Tunesien
Sousse
Bardo Museum
Friedensnobelpreis
Tunesien
Tunesien
Tunesien
Tunesien
Friedensnobelpreis
Friedensnobelpreis
## ARTIKEL ZUM THEMA
Oslo in Zeiten des Nobelpreises: Hauptstadt des Friedens
In Oslo ist die Verleihung des Friedensnobelpreises viel mehr als eine
dröge Preisübergabe. Sie ist ein zweitägiges Fest.
Tunesien nach dem Attentat: „Wir werden die Terroristen besiegen“
Nach dem Sprengstoffanschlag in Tunis spricht der Präsident vom „Krieg
gegen den Terrorismus“. Der IS bekennt sich zu dem Anschlag.
Nach dem Anschlag in Tunis: Ausnahmezustand in Tunesien
Ein Bombenanschlag auf den Bus der Präsidentengarde hat zwölf Menschen
getötet. Präsident Beji Caid Essebsi verhängt für 30 Tage den
Ausnahmezustand.
Anschlag auf Präsidentengarde: 14 Tote in Tunesien
Im Zentrum von Tunis gab es offenbar einen Anschlag auf einen Bus der
Präsidentengarde. Bei einer Explosion sollen 14 Menschen getötet worden
sein.
Friedensnobelpreis für Tunesien: Viererbande für die Demokratie
Das Dialog-Quartett hat es geschafft, das Geburtsland des Arabischen
Frühlings vor dem Kollaps zu bewahren. Das war kein leichtes Unterfangen.
Kommentar Friedensnobelpreis: Mehr als eine bloße Geste
Der Friedensnobelpreis geht an das Dialog-Quartett in Tunesien. Das ist ein
wichtiges Signal, vor allem für den Demokratisierungsprozess im Land.
Friedensnobelpreis 2015: Dialoggruppe in Tunesien geehrt
Das tunesische nationale Dialog-Quartett erhält den Friedensnobelpreis. Der
Preis solle auch Ansporn für alle sein, Demokratie in der Region
voranzubringen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.