# taz.de -- Dokumentarfilm über Nobelpreisträgerin: Reklame für die Marke Ma… | |
> Der Film „Malala – Ihr Recht auf Bildung“ von Davis Guggenheim begleitet | |
> die Friedensnobelpreisträgerin von 2014 mit der Kamera. | |
Bild: Der PR nicht abgeneigt: Malala Yousafzai lässt sich in „Malala – Ihr… | |
Vor ziemlich genau drei Jahren rückte ein damals fünfzehnjähriges Mädchen | |
aus Pakistan durch einen Akt der Gewalt ins Zentrum der Weltöffentlichkeit. | |
Es war Malala Yousafzai, der militante Taliban dreimal in den Kopf | |
schossen, weil sie es gewagt hatte, ihre Stimme gegen deren Attacken auf | |
die Mädchenbildung zu erheben: Erst – mit nur zwölf Jahren – in einem | |
anonymen Blog für die BBC und später unter eigenem Namen berichtete sie aus | |
dem heimischen Swat-Tal, wo die Islamisten nach ihrer Machtübernahme neben | |
anderen Repressionen auch gezielt Mädchenschulen in Brand setzten. | |
Malala, wie sie bald etwas paternalistisch genannt wurde, überlebte den | |
Mordversuch wie durch ein Wunder und wurde bald in eine Spezialklinik nach | |
Birmingham ausgeflogen, wo sie in zähem Training auch ihre Sprachfähigkeit | |
regenerieren konnte. Seitdem lebt sie mit ihrer Familie dort und zieht in | |
den Ferien als Botschafterin für Mädchenrechte durch die Welt. Nach dem | |
Sacharow-Preis für Menschenrechte erhielt sie für ihre Aktivitäten 2014 | |
auch den Friedensnobelpreis. | |
Eine Geschichte, die den meisten bekannt sein dürfte und die dennoch große | |
Emotionen weckt. Idealer Stoff also für eine Kinoauswertung. Das fanden | |
wohl auch die Produzenten Walter Parkes und Laurie MacDonald in Hollywood, | |
die noch vor Veröffentlichung von Malalas Autobiografie „I Am Malala“ 2013 | |
ein Filmtreatment erwarben, das bald von der ursprünglich intendierten | |
Fiktionalisierung in Richtung Dokumentarfilm trieb. | |
Dafür engagierte man mit Davis Guggenheim einen Regisseur, der schon mit | |
der oscarprämierten Klimawandel-Anklage „Eine unbequeme Wahrheit“ und | |
später einem Werbefilm für die Obama-Kampagne massenagitatorische | |
Fähigkeiten bewiesen hatte. | |
Die hat er nun wieder in Stellung gebracht. Dabei setzt gleich zu Anfang | |
eine lange animierte Sequenz den Ton, die in expressionistisch | |
heroisierenden Bildern die Geschichte der paschtunischen Volksheldin | |
Malalai von Maiwald erzählt, die für Malala Yousafzai inspirierendes | |
Vorbild wie Namenspatronin ist. | |
## Therapie und Ersatzheimat | |
Denn wie Vater Ziauddin im Film erzählt, hatte er schon unmittelbar nach | |
Geburt seiner Tochter bei ihr ein kämpferisches Temperament erkannt, das | |
sich perfekt zum eigenen Engagement des passionierten Lehrers und | |
Schulgründers fügte. Was passte da besser als der Name jener Heroine, die | |
1880 das afghanische Heer im Kampf gegen jene britischen Imperialisten | |
geführt hatte, deren Nachfahren jetzt Malalas Familie Therapie und | |
Ersatzheimat bieten. | |
Nach der fahnenschwingenden Intro wendet sich der Blick ins reale Leben, | |
der unnötig pathetische Ton bleibt: Nicht nur in der schwelgerischen Musik; | |
auch die Montage irrlichtert erregt zwischen reinszenierten Rückblicken in | |
die anfangs noch idyllische Kindheit im Swat-Tal und dem jetzigen Londoner | |
Exil. | |
Dabei sind Malalas Brüder, die ihre in der Familie eher „bossy“ agierende | |
Schwester naturgemäß nüchterner als der Rest der Welt sehen, für den Comic | |
Relief und das Home-Story-Feeling zuständig. Die größte Nebenrolle hat aber | |
(vgl. den Originaltitel „He Named Me Malala“) Vater Ziauddin, der seine | |
Tochter ganz zu Anfang an die BBC vermittelt hatte und im Film auch später | |
zentraler Mentor seiner Tochter im Yousafzai-Familienbetrieb ist. | |
## Durch Attentat zur Ikone | |
Oder zumindest zu sein scheint. Denn während die historische Malalai bei | |
dem für ihre Truppen siegreichen Kampf selber starb, wurde Malala erst | |
durch das auf sie verübte Attentat zur Ikone – und im Lauf der Jahre auch | |
von einem trotz großem Kampfgeist eher scheuen Mädchen zu einer | |
PR-Expertin, die die eigene Person recht gewieft für die gute Sache | |
einsetzt und sich dabei auch von einer Werbeagentur unterstützen lässt. Im | |
Film wird dieser Aspekt – wenig überraschend – komplett ausgeblendet, | |
schließlich ist der selbst Teil des unternommenen Bildungsfeldzugs. | |
Dabei ist es selbstverständlich völlig akzeptabel, wenn eine Aktivistin | |
ihre Ziele mit größtmöglicher Professionalität verfolgt. Und einen Film, | |
der sich zum Sprachrohr einer solchen Kampagne macht, mag man als | |
Propagandaaktion für die gute Sache ebenso schätzen wie seine | |
bewundernswerte junge Heldin. | |
Doch zu einer über diese Anliegen hinaus bestehenden eigenständigen | |
filmischen Arbeit wird „Malala“ nur in den paar Momenten, wo – wie in | |
Malalas verschämtem Schwärmen für Roger Federer – hinter der offiziösen | |
Malala-Ikone zumindest ansatzweise etwas anderes, Widersprüchliches | |
hervorscheint. | |
22 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Silvia Hallensleben | |
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