# taz.de -- Friedenskonferenz in München: Schwere Vorwürfe zum Abschied | |
> Dann halt gar nicht: Nach dem Vorwurf des Antisemitismus haben die | |
> Organisatoren die Tagung abgesagt – und noch mal kräftig ausgeteilt. | |
Bild: Seine Ausladung führte jetzt zur Absage der Friedenskonferenz: SPD-Stadt… | |
MÜNCHEN taz | Als kleiner, aber deutlicher Kontrapunkt war sie geplant: | |
Wenn am 14. Februar in München die diesjährige Sicherheitskonferenz | |
beginnt, hätte die Friedenskonferenz mal wieder ein Alternativprogramm | |
bieten sollen. Ein Konzept wollten die Organisatoren vorstellen, das | |
beschreibt, wie die Sicherheit Deutschlands ohne Militär möglich ist. Doch | |
dazu wird es nun nicht kommen. Die Friedenskonferenz, deren | |
Hauptveranstaltung im Alten Rathaus hätte stattfinden sollen, ist abgesagt. | |
Zuvor hatten die Veranstalter einen Eklat verursacht, [1][als sie den | |
SPD-Stadtrat Marian Offman, der für die Stadt das Grußwort hätte sprechen | |
sollen, ausgeladen hatten]. Offman ist Münchens einziger jüdischer | |
Stadtrat. Und [2][wie die Mehrheit des Stadtrats] ist auch er Gegner der | |
Kampagne BDS (Boycott, Divestment and Sanctions), die zum Boykott und zur | |
Isolation Israels aufruft. | |
Ganz anders als Friedenskonferenz-Organisator Thomas Rödl, der | |
offensichtlich ein starker BDS-Befürworter ist. Dennoch ist Offman der | |
erste Vertreter der Stadt, der wegen seiner Haltung zur Persona non grata | |
wurde. In den Jahren zuvor hielten ebenfalls BDS-kritische Stadträte von | |
Grünen und SPD die Grußworte – ohne Beanstandung der Organisatoren. Für | |
Offman ist dies „ganz klar israelbezogener Antisemitismus in Reinstform“. | |
Eine Einschätzung, mit der er nicht allein dasteht, die etwa auch vom | |
bayerischen Antisemitismusbeauftragten Ludwig Spaenle geteilt wird. | |
Rödl dagegen wies den Vorwurf des Antisemitismus zunächst weit von sich und | |
begründete die Ausladung vielmehr damit, dass man befürchtet habe, dass | |
Offman die BDS-Kampagne zum Thema machen werde – „und unsere Veranstaltung | |
durch Zwischenrufe und Tumulte gestört und Herr Offman beleidigt wird“. | |
Rödl scheint nicht damit gerechnet zu haben, dass gerade die Ausladung | |
selbst von Offman wie auch von der Stadt München, namentlich deren | |
Oberbürgermeister Dieter Reiter, als Beleidigung aufgefasst werden könnte. | |
Rödl hätte sich nun einfach entschuldigen können. Er tat es aber nicht. | |
Stattdessen nun die Absage der Veranstaltung. „Wir sehen uns nicht in der | |
Lage, die Veranstaltungen der Internationalen Münchner Friedenskonferenz | |
sorgfältig vorzubereiten und gleichzeitig und zeitnah zu den vielen | |
Artikeln und Kommentaren in den Medien Stellung zu nehmen“, [3][schreiben | |
Rödl und seine Kollegin Gudrun Haas] im Namen des Trägerkreises, zu dem | |
unter anderem die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte | |
KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Pax Christi und sowie der Kreisjugendring | |
München Stadt gehören. Mit dem Kreisjugendring wurde die Erklärung | |
allerdings nicht abgesprochen. | |
Dass sie „keine Kapazität“ hätten, „die Friedenskonferenz vorzubereiten… | |
gleichzeitig diesen Konflikt für alle zufriedenstellend zu lösen“, ist eine | |
erstaunliche Einschätzung. Denn eigentlich wäre schon anzunehmen gewesen, | |
dass eine Veranstaltung dieser Größenordnung, die sich an die | |
Öffentlichkeit richtet, auch auf ein Minimum von Öffentlichkeitsarbeit | |
eingerichtet ist. Zudem hätte ja vielleicht eine einzige Stellungnahme | |
genügt – wäre sie denn klar und eindeutig gewesen. | |
Kurz vor der endgültigen Absage hatten die Organisatoren auf Reiters | |
Drängen hin wohl doch noch eingewilligt, Offman sprechen zu lassen. Eine | |
Entscheidung, die ihn jedoch nicht erreicht hat, wie Offman der taz sagte. | |
Er wäre allerdings dieser widerwilligen Nun-doch-Einladung auch nicht | |
gefolgt. | |
Die Antwort des Stadtrats warteten die Organisatoren aber ohnehin nicht ab, | |
sondern bliesen die Tagung ab. Zur Begründung gaben sie an, sie hätten | |
„eine weitere Eskalation der Kampagne gegen unsere Veranstaltung in den | |
nächsten Wochen befürchten“ müssen. „In der derzeitigen Situation können | |
wir die Verantwortung für die Sicherheit der ReferentInnen und der | |
TeilnehmerInnen nicht übernehmen“, schreiben Rödl und Haas. Sie sähen „d… | |
Unversehrtheit für alle an der Friedenskonferenz Beteiligten nicht mehr | |
gewährleistet“. Wie sie zu dieser bedrohlich klingenden Annahme gekommen | |
sind, erläutern die beiden nicht. | |
Ist die Münchner Friedenskonferenz also nur ein armes Opfer einer bösen | |
Kampagne? Für Marian Offman ist das eine höchst befremdliche Wahrnehmung. | |
„Das ist schon starker Tobak“, sagt er. | |
20 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Israelbezogener-Antisemitismus/!5655149 | |
[2] https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_ergebnisse.jsp?risid=4555554 | |
[3] http://www.friedenskonferenz.info/ | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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