# taz.de -- Kommentar Sicherheitskonferenz: Ernüchternd und erschreckend | |
> Die Konferenz in München – ein Scherbengericht mit gespenstischen | |
> Auftritten und ohne Perspektive für eine sicherere Welt. | |
Bild: Ein Fundamentalist und die vergleichsweise vernünftigste Teilnehmerin | |
„Wer sammelt die Scherben auf?“ Unter dieser Titelfrage sollte bei der | |
diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz laut deren Direktor und | |
Moderator Wolfgang Ischinger darüber diskutiert werden, „wie wir die | |
Kernstücke der internationalen Ordnung bewahren können“. Die Bilanz nach | |
drei Tagen Diskussion ist ernüchternd und erschreckend: Für die globalen | |
und die gesamteuropäischen „Scherben“ UNO und OSZE interessierte sich auf | |
dieser Konferenz fast niemand mehr. In den Reden westlicher TeilnehmerInnen | |
kamen sie überhaupt nicht vor. | |
Die US-amerikanischen und die europäischen KonferenzrednerInnen befassten | |
sich nur noch mit der„Scherbe“ NATO sowie ganz am Rande mit der | |
„Scherbe“EU. In scharfem Kontrast zu den allseits mit großem Pathos | |
formulierten Bekenntnissen und Treueschwüren zur NATO oder zur „westlichen | |
Wertegemeinschaft“ standen dann allerdings die Äußerungen zu sämtlichen | |
konkreten transatlantischen Konfliktthemen wie Handel, Autozölle, | |
Northstream 2-Pipeline, Nuklearabkommen mit Iran oder Truppenpräsenz vs. | |
Abzug in Syrien und Afghanistan. | |
Geradezu gespenstisch war der Auftritt von US-Vizepräsident Mike Pence, der | |
die Weltführerschaft der seit Antritt der Trump-Administration angeblich | |
politisch und militärisch gestärkten USA reklamierte und offen die | |
Unterordnung der Europäer bei den genannten Konfliktthemen einforderte. Mit | |
seiner Behauptung, Iran bereite einen „neuen Holocaust“ vor, verharmloste | |
der US-Vizepräsident zudem einmal mehr den realen Holocaust und verhöhnte | |
dessen sechs Millionen Opfer. | |
Nach dem Münchner Auftritt dieses christlichen Fundamentalisten und | |
eifernden Ideologen kann die Welt nur hoffen, dass Donald Trump seine erste | |
Amtszeit durchhält und – sollte er 2020 wiedergewählt werden – auch die | |
zweite. | |
## Merkel war noch die differenzierteste Rednerin | |
Dominiert wurde diese Konferenz einmal mehr von – wieder um ein Jahr | |
gealterten – weißen Männern, die zu Beginn ihrer Reden gerne daran | |
erinnern, dass sie schon in den 60er Jahren bei der „Wehrkundetagung“ dabei | |
gewesen seien, dem Vorläufer der heutigen Sicherheitskonferenz. | |
Sie behaupten zu Beginn ihrer Reden zwar, sie hätten die neuen globalen | |
Herausforderungen wie den Klimawandel und die Veränderung der geopolitische | |
Gemengelage seit Ende des Kalten Krieges verstanden, begeben sich dann aber | |
wieder in die ideologischen und politischen Schützengraben dieses Krieges. | |
In dieser Runde war Bundeskanzlerin Angela Merkel noch die vergleichsweise | |
differenzierteste und klügste Rednerin. Doch eines sollte nach ihrer Rede | |
auch klar sein: Die Aufkündigung des INF-Mittelstreckenvertrages durch die | |
USA „haben die Europäer alle mitgetragen“. | |
Damit sind die Europäer auch mitverantwortlich für alles, was an nuklearen | |
Aufrüstungsmaßnahmen in Europa erfolgen wird, sollten sich Washington und | |
Russland bis Anfang August nicht noch auf eine seriöse Überprüfung ihrer | |
bislang unbewiesenen gegenseitigen Vorwürfe verständigen. Für eine | |
entsprechende Bereitschaft gab es in München leider noch keine Anzeichen. | |
17 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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