| # taz.de -- Folgen des Ukrainekriegs: EU setzt auf mehr Verteidigung | |
| > Angesichts russischer Gefahr will Brüssel Milliarden in die hiesige | |
| > Rüstungsindustrie stecken. Nur: Eigentlich ist das nationale | |
| > Angelegenheit. | |
| Bild: Aus Angst vor Russland: Europa will mehr Waffen produzieren | |
| Brüssel taz | Die Botschaft, die am Dienstag von Brüssel ausgeht, ist | |
| unmissverständlich: Die Zeit der „Friedensdividende“ ist vorbei. Die | |
| EU-Kommission hat dazu einen Aktionsplan vorgestellt, der massive | |
| Investitionen in die hiesige Rüstungswirtschaft vorsieht. Neben einer | |
| „Strategie für die Verteidigungsindustrie“ legte die EU-Behörde ein | |
| Investitionsprogramm vor, das zunächst 1,5 Milliarden Euro umfassen soll. | |
| Langfristig könnte es aber auf 100 Milliarden anwachsen – wie das deutsche | |
| Sondervermögen für die Bundeswehr. | |
| Begründet wird der Vorstoß, mit dem sich die EU wohl endgültig vom Ziel | |
| einer Friedensunion verabschiedet, mit Russlands Angriffskrieg gegen die | |
| Ukraine. Auch die Lage in den USA spielt eine Rolle: Brüssel will sich vor | |
| einer möglichen Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus unabhängiger | |
| machen. | |
| „[1][Russland brutaler Angriff auf die Ukraine] hat den Krieg zurück nach | |
| Europa gebracht“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag. | |
| „Nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung müssen wir mehr in die Verteidigung | |
| investieren – aber wir müssen es besser und gemeinsam tun.“ Konkret schlä… | |
| die Kommission vor, neue Rüstungsprojekte künftig gemeinsam anzugehen. Wenn | |
| sich mehrere EU-Länder bei der Waffenproduktion zusammentun, sollen sie bei | |
| den Mehrkosten entlastet werden. Ziel soll es sein, bis zum Jahr 2030 40 | |
| Prozent der Ausrüstung gemeinsam zu beschaffen. | |
| Brüssel hat auch in Sachen Unabhängigkeit eine Zielmarke formuliert: So | |
| sollen bis 2030 mindestens 50 Prozent der Rüstungsgüter auf dem | |
| europäischen Binnenmarkt gekauft werden. | |
| Derzeit fließen nach Angaben von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager | |
| knapp 80 Prozent der Mittel in Länder außerhalb der EU, davon allein 60 | |
| Prozent in die USA. „Das ist nicht mehr tragbar, wenn es überhaupt jemals | |
| tragbar war“, sagte Vestager. Besonders viele Waffen kaufen Polen, | |
| Deutschland und die Niederlande in den USA. | |
| ## Wer steuert die Aufrüstung politisch? | |
| [2][Frankreich] hatte gefordert, mehr in Europa zu produzieren und sogar | |
| eine „Buy European“-Klausel vorgeschlagen. Damit konnte sich Paris jedoch | |
| ebenso wenig durchsetzen wie mit der Idee, ein neues, schuldenfinanziertes | |
| Rüstungsprogramm aufzulegen. Der französische EU-Kommissar Thierry Breton | |
| hatte die Zahl von 100 Milliarden Euro ins Spiel gebracht, die über | |
| Anleihen („Eurobonds“) finanziert werden könnten. Hierzu sagten jedoch | |
| Deutschland, die Niederlande und andere „frugale“ (sparsame) EU-Länder | |
| Nein. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzt auf eine andere Methode: Alle | |
| EU-Länder sollen ihre Waffenproduktion in Eigenregie hochfahren und auch | |
| mehr Kriegsgerät in die Ukraine schicken – unabhängig von Brüssel. | |
| Der Vorschlag der EU-Kommission ist offenbar ein Kompromiss zwischen den | |
| deutschen und den französischen Positionen. Er kommt auch der Ukraine | |
| entgegen: Sie soll künftig wie ein Mitgliedstaat behandelt werden, wenn es | |
| darum geht, gemeinsam mit anderen EU-Staaten mehr Waffen zu beschaffen. Die | |
| Aufsicht soll in Brüssel liegen. Die EU-Kommission will sogar neue Gremien | |
| schaffen und Sammelbestellungen bei Waffenschmieden wie Rheinmetall | |
| aufgeben. Das Vorgehen erinnert an die Coronakrise, bei deren Bewältigung | |
| die Brüsseler Behörde ebenfalls die Führung übernommen hatte. | |
| Allerdings sehen die EU-Verträge diese neuen Befugnisse eigentlich nicht | |
| vor. Die Verteidigung ist bisher eine nationale Angelegenheit; jedes Land | |
| wacht eifersüchtig über „seine“ Rüstungsindustrie und „seine“ Waffen… | |
| sich aktuell am Streit über das deutsche Taurus-System zeigt. In Brüssel | |
| wird daher mit Widerstand nicht nur aus Berlin, sondern auch aus anderen | |
| Hauptstädten gerechnet. Dass sich die Kommission auf vier verschiedene | |
| Artikel im Vertrag über die Arbeitsweise der Union (TFEU) berufe, deute auf | |
| eine schwache Rechtsposition hin, hieß es. | |
| Streit droht auch über die Frage, wer die europäische Aufrüstung politisch | |
| steuert. Die EU-Kommission wolle sich wie während der Pandemie neue | |
| Machtbefugnisse aneignen, argwöhnen Diplomaten und Abgeordnete. Auch die | |
| Linke sieht in dem Rüstungsprogramm einen Verstoß gegen EU-Verträge. Deren | |
| Europa-Parlamentarierin Özlem Alev Demirel sprach zudem von | |
| „Kriegswirtschaft“. | |
| 5 Mar 2024 | |
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| Eric Bonse | |
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