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# taz.de -- Falschmeldungen bei Wikipedia: Ein Krieg weniger
> Sechs Jahre lang existierte auf Wikipedia ein Artikel über ein
> historisches Ereignis. Dabei hat es niemals stattgefunden.
Bild: Immer nur so gut, wie sie aktive und fähige Autoren hat: Wikipedia.
Die gute Nachricht zuerst: den Bicholim-Konflikt hat es nie gegeben. Keine
Kämpfe zwischen der portugiesischen Kolonialmacht und dem indischen
Marathen-Reich 1640. Und auch keinen Friedensvertrag ein Jahr später. Auch
wenn all das bis vor wenigen Tagen in der [1][englischsprachigen Wikipedia]
stand. Der Online-Enzyklopädie, die Brockhaus und Enzyclopaedia Britannica
platt gemacht hat. In der wir ständig nachschlagen, wenn ein Schulreferat
ansteht oder wir in der Kneipe einfach mal etwas besser wissen wollen.
Sechs Jahre lang existierte dort der Eintrag „Bicholim Conflict“. Sauber
gegliedert, mit über 4.000 Zeichen recht ausführlich, sorgfältig bebildert
und mit einer Handvoll Quellenangaben belegt. Nichts, was die
Aufmerksamkeit anderer Autoren des Mitmachlexikons auf sich gezogen hätte.
Noch 2007, im Jahr seiner Erstellung, wurde der Artikel sogar
ausgezeichnet. Prädikat „guter Artikel“.
Dass sämtliche Quellen, auf die sich der Text bezog, überhaupt nicht
existieren, fiel lange nicht auf – bis Ende Dezember ein Wikipedianer
namens „ShelfSkewed“ Zweifel anmeldete. Der Schwindel flog auf, binnen
weniger Tage wurde der Artikel aus der Wikipedia gelöscht.
Hinter dem fiktiven Eintrag, so spekuliert das [2][US-Blog DailyDot] unter
Berufung auf ein Wikipedia-Forum, soll ein Wikipedianer stehen, der unter
dem Namen „A-b-a-a-a-a-a-a-b-a“ stehen – genau ist das nicht mehr
nachvollziehbar, da mit dem Artikel auch seine Bearbeitungshistorie
gelöscht wurde.
Der „Bicholim Konflikt“ ist nicht der erste Quatscheintrag, der ziemlich
lange unter dem Radar der sich ständig selbst überprüfenden Wikipedianer
durchgeschlüpft ist. Am Skurrilsten darunter war sicherlich der Eintrag
über Gaius Flavius Antonius, den angeblichen Mörder von Julius Cäsar. Dass
die Geschichte über den männlichen Sexarbeiter, der von Marcus Antonius
angeheuert worden war, reine Erfindung war, ging den Wikipedianern erst
auf, als der Artikel bereits über acht Jahre im Netz stand.
Grund zur Häme ist all das nicht. Denn die Wikipedia ist als
Mitmach-Enzyklopädie immer nur so gut, wie sie aktive und fähige Autoren
hat. Deren Zahl dezimierte sich in den vergangenen Jahren stark – von
56.000 im Jahr 2007 auf gerade einmal 35.000 im vergangenen Jahr in der
englischsprachigen Wikipedia. Auch die Autorenschaft derdeutschsprachigen
Ausgabe wächst nicht. Das ist unerfreulich.
Denn trotz ihrer Schwächen – man denke nur an die immer wieder
aufflammenden Debatten über die Verwendung von Spendengeldern oder
Versuchen der Einflussnahme von Lobbyisten auf Artikel – bleibt die
[3][Hauptseite:Wikipedia] eines der besten Gemeinschaftsprojekte, die das
Internet in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat. Ein grandioses
Beispiel dafür, wie das Netz zur freien Zugänglichkeit von Wissen beitragen
kann.
10 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.wikipedia.org/
[2] http://www.dailydot.com/news/wikipedia-bicholim-conflict-hoax-deleted/
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia
## AUTOREN
Meike Laaff
## TAGS
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