# taz.de -- Expertenkommission zum Kohleausstieg: Erst Jobs, dann Klimaschutz | |
> Die Kohlekommission soll bald komplett sein. Am Mandat des Gremiums und | |
> am geplanten Vorsitzenden haben die Verbände Kritik. | |
Bild: Prima Klima? Braunkohlekraftwerk Jänschwalde | |
BERLIN taz | Die künftige Expertenkommission zum Kohleausstieg soll sich | |
zuerst um neue Jobs kümmern – und erst dann um den Klimaschutz. Die Gruppe | |
solle ein Aktionsprogramm für „neue, zukunftssichere Arbeitsplätze“ | |
erarbeiten und einen „Instrumentenmix“ für „notwendige Investitionen in … | |
Strukturwandel“ mit Geld aus einem öffentlichen Fonds erstellen. | |
So steht es im Entwurf des Mandats für die Kommission, das nächste Woche im | |
Bundeskabinett verabschiedet werden soll und der taz vorliegt. Dann erst | |
kommen die Klimaziele: Ein Rückgang der CO2-Emissionen aus der Kohle „um | |
ca. 60 Prozent“ bis 2030 im Vergleich zu heute, ein Enddatum für die | |
Kohlenutzung und Maßnahmen, um das Klimaziel für 2020 noch „so weit wie | |
möglich“ zu erreichen. | |
Die Regierung will die 23-köpfige „Kommission Wachstum, Strukturwandel und | |
Beschäftigung“ so bald wie möglich berufen, ist aber seit Wochen im Verzug. | |
Der Auftrag für die Kommission umfasst sechs Punkte, von denen die ersten | |
drei sich nur damit befassen, „Strukturbrüche“ in den betroffenen Regionen | |
wie der Lausitz und im Rheinland zu verhindern. | |
Die letzten drei Punkte sehen ein Konzept vor, das Klimaziel für 2030 | |
„zuverlässig zu erreichen“, dafür einen „Plan zur schrittweisen Reduzie… | |
und Beendigung der Kohleverstromung einschließlich eines Abschlussdatums“ | |
vorzulegen und Maßnahmen für das 2020-Ziel vorzuschlagen. | |
## Mandat nicht ehrgeizig genug | |
Ihre Vorschläge soll die Kommission zeitlich gestaffelt vorlegen: Zuerst | |
Ende Oktober die Ideen zur „sozialen und strukturpolitischen Entwicklung | |
der Braunkohlegebiete sowie zu ihrer finanziellen Absicherung“. Dann folgen | |
Anfang Dezember die Pläne zur schnellen Abschaltung von Kraftwerken, um | |
sich dem 2020-Klimaziel zu nähern. Deutschland will damit auf der | |
Klimakonferenz COP24 im polnischen Katowice glänzen. Der Abschlussbericht | |
mit allen Details zum 2030er-Pfad soll bis Ende des Jahres vorliegen. | |
Zusammensetzen soll sich die Kommission aus Experten aus Gewerkschaften, | |
Industrie, den Regionen und der Wissenschaft. Zudem sollen alle sechs | |
Fraktionen des Bundestags mit je einem Abgeordneten vertreten sein, | |
allerdings voraussichtlich ohne Stimmrecht. Die Steuerung liegt im | |
Wirtschaftsministerium; eine Runde von Staatssekretären aus den Ministerien | |
Wirtschaft, Umwelt, Inneres und Arbeit soll koordinieren – wobei die Stelle | |
des für Energie zuständigen Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium noch | |
immer nicht besetzt ist. | |
Die Umweltverbände, für die nach taz-Informationen drei Plätze in der | |
Kommission vorgesehen sind, wollen über eine Teilnahme erst entscheiden, | |
wenn alle Details feststehen. Der Entwurf für das Mandat stieß bei ihnen | |
auf gemischte Reaktionen. BUND-Geschäftsführer Olaf Bandt erklärte, die | |
Kommission habe das Potenzial, zu einer „echten, nachhaltigen | |
Transformation zu kommen“, und warnte, man solle sie „nicht zu schnell | |
totreden“. Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid äußerte hingegen Kritik. | |
„Im Moment ist uns das Mandat noch nicht ehrgeizig genug“, sagte er der | |
taz. Unter anderem fehle ein Zwischenziel für das Jahr 2025. | |
Vor allem gibt es bei den Verbänden aber große Vorbehalte gegen die | |
geplanten Vorsitzenden der Kommission. Nach Angaben aus Regierungskreisen | |
sind dafür die ehemaligen Ministerpräsidenten der Kohleländer Sachsen und | |
Brandenburg, Stanislaw Tillich (CDU) und Matthias Platzeck (SPD), sowie die | |
Ex-Staatssekretärin im Umweltministerium, Ursula Heinen-Esser (CDU), | |
vorgesehen. Notwendig wäre stattdessen mindestens eine Person mit echter | |
Klimaexpertise, hieß es bei BUND und Greenpeace. | |
16 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
Bernhard Pötter | |
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