# taz.de -- Ermittlungen nach Angriff auf Neonazis: Karlsruhe übernimmt Budape… | |
> Zehn Deutsche werden gesucht. Nun hat die Bundesanwaltschaft das | |
> Verfahren an sich gezogen – und könnte eine Auslieferung verhindern. | |
Bild: Protestierende gegen den rechtsextremen „Tag der Ehre“ in Budapest im… | |
BERLIN taz | Die Ermittlungen gegen [1][zehn gesuchte deutsche Linke], die | |
vor einem Jahr in Budapest Teilnehmende eines rechtsextremen Aufmarschs | |
angegriffen haben sollen, nehmen eine neue Wendung. Am Freitagabend | |
bestätigte die Bundesanwaltschaft, dass sie das Verfahren zu den Angriffen | |
an sich gezogen hat. Eine Auslieferung der Betroffenen nach Ungarn – wenn | |
sie denn festgenommen würden – wird damit unwahrscheinlicher. | |
Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft bestätigte der taz, dass das | |
Verfahren übernommen wurde. Der Vorwurf laute auf Mitgliedschaft in einer | |
kriminellen Vereinigung. Weitere Auskünfte wollte die Sprecherin nicht | |
erteilen. Zuerst hatten NDR und WDR berichtet. | |
Die oberste Strafverfolgungsbehörde soll gegen einige der Betroffenen aber | |
auch wegen Angriffen in Deutschland ermitteln. So war im Frühjahr 2022 in | |
Erfurt eine Verkäuferin [2][in einem Geschäft der rechtsextremen Modemarke | |
Thor Steinar überfallen worden]. Ein Jahr später wurden in der Stadt zwei | |
Rechtsextreme attackiert und schwer verletzt. | |
Bei den Angriffen von Budapest im Februar 2023 wiederum waren neun | |
Rechtsextreme rund um den internationalen Szeneaufmarsch „Tag der Ehre“ | |
[3][von Vermummten attackiert und teils schwer verletzt worden]. Seitdem | |
suchten ungarische Behörden nach den zehn deutschen Linken, auch öffentlich | |
mit Namen und Fotos. | |
## Auslieferung wird nun unwahrscheinlicher | |
Zugleich hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ein sogenanntes | |
Spiegelverfahren geführt und die Soko Linx des sächsischen LKA nach den | |
Gesuchten fahnden lassen. Im Dezember sprachen die Strafverfolgungsbehörden | |
von einem ersten Fahndungserfolg, in Berlin war die [4][nichtbinäre | |
Thüringer*in Maja T.] festgenommen worden. Sie sitzt seitdem in U-Haft. | |
Das Kammergericht Berlin will demnächst entscheiden, ob hier einem | |
Auslieferungsantrag Ungarns stattgegeben wird. | |
Sven Richwin, Anwalt von Maja T., bestätigte der taz, dass auch das | |
Verfahren seine*r Mandant*in nun von der Bundesanwaltschaft übernommen | |
wurde. „Genauere Begründungen liegen uns noch nicht vor. Aber wir gehen | |
davon aus, dass ein Strafverfahren in Deutschland ein Bewilligungshindernis | |
für eine Auslieferung darstellt.“ Mit der Übernahme der Ermittlungen durch | |
die Bundesanwaltschaft habe das Verfahren den reinen Status eines | |
Spiegelverfahrens verlassen, so Richwin. | |
Mehrere Anwälte der wegen der Budapest-Angriffe Gesuchten hatten zuletzt | |
[5][vor einer Auslieferung nach Ungarn gewarnt]. Die Haftbedingungen dort | |
seien miserabel, ein faires Verfahren unter der Orbán-Regierung nicht zu | |
erwarten. Es drohten überzogene Strafen. | |
Die Anwälte erklärten auch, dass mehrere der Gesuchten bereit seien, | |
[6][sich zu stellen] – wenn sie in Deutschland eine Zusage bekämen, nicht | |
nach Ungarn ausgeliefert zu werden. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden | |
soll hier aber zusätzlich Geständnisse eingefordert haben. Das lehnen die | |
Gesuchten ab – sie pochen auf die Unschuldsvermutung und ihre prozessualen | |
Rechte. | |
Bereits direkt nach den Angriffen in Budapest waren zwei Linke aus Berlin | |
und eine Italienerin festgenommen worden. Der Berliner Tobias E. war in | |
einem ersten Prozess im Januar bereits zu einer [7][Haftstrafe von drei | |
Jahren verurteilt worden], nachdem er ein Geständnis abgelegt hatte. Die | |
beiden anderen bestritten die Vorwürfe, ihr Prozess läuft weiter. Für | |
Empörung sorgte, dass die Italienerin im Saal in Ketten an Händen und Füßen | |
vorgeführt wurde. In einem Brief aus der Haft hatte sie über Bettwanzen, | |
spärliche Nahrung und einen über Wochen untersagten Kontakt zu ihrer | |
Familie geklagt. | |
2 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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