# taz.de -- Entscheidung in Portugal: Ja zur Sterbehilfe | |
> Das portugiesische Parlament hat mit großer Mehrheit für ein | |
> Sterbehilfegesetz gestimmt. Die Opposition will vors Verfassungsgericht | |
> ziehen. | |
Bild: Portugals „Versammlung der Republik“ | |
MADRID taz | Das portugiesische Parlament, die „Versammlung der Republik“, | |
hat am Freitag ein [1][Gesetz zur Sterbehilfe] angenommen. 129 Abgeordnete | |
aus dem linken und liberalen Lager stimmten dafür, 81 konservative, rechte | |
sowie kommunistische Abgeordnete dagegen. Damit hat Portugal nach sechs | |
Jahren endlich ein Sterbehilfegesetz. | |
Für wie lange wird sich zeigen. Das Gesetz wird auf Initiative der | |
Regierung unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten António Costa seit | |
2017 immer wieder im Parlament debattiert. Es wurde einmal abgelehnt und | |
viermal angenommen – anschließend scheiterte es allerdings regelmäßig am | |
Veto des konservativen Präsidenten Marcelo Rebelo de Sousa und einmal am | |
Verfassungsgericht. Das Parlament hatte das Gesetz daraufhin überarbeitet. | |
Der Staatschef hat nun acht Tage Zeit, um das Gesetz zu unterzeichnen. | |
Dieses Mal kann der praktizierende Katholik Rebelo de Sousa das | |
Inkrafttreten des Paragraphenwerks nicht aufhalten. Das sieht die | |
Verfassung so vor, wenn mehr als 116 Abgeordnete für ein Gesetz stimmen. | |
Die Opposition kündigte bereits an, vor das Verfassungsgericht zu ziehen. | |
Die Regierung glaubt fest daran, dass die verabschiedete Version | |
verfassungskonform ist und bei etwaigen kleineren Mängel die | |
Ausführungsbestimmungen entsprechend angepasst werden können. Diese werden | |
in den kommenden vier Monaten ausgearbeitet. | |
Das Gesetz gebe den Menschen „Freiheit und Würde“ in Situationen extremer | |
Krankheiten, so die regierenden Sozialisten. Aktive Sterbehilfe ist fortan | |
immer dann legal, wenn der Patient „körperlich nicht in der Lage ist, | |
unterstützten Suizid zu begehen“. Der verabschiedete Text definiert die | |
medizinisch unterstützte Sterbehilfe als etwas, das an einer erwachsenen | |
Person, „mit großem Leiden durch eine endgültige Verletzung von extremer | |
Schwere oder einer schweren und unheilbaren Krankheit (…) durch eigene | |
Entscheidung vorgenommen wird“. Die aktive Sterbehilfe muss durch | |
ausgebildeten Gesundheitspersonal vorgenommen oder unterstützt werden. | |
## 61 Prozent der Portugiesen befürworten Entkriminalisierung | |
Zwischen der letzten Version des Paragraphenwerks, das am Veto von Rebelo | |
de Sousa scheiterte und dem jetzt angenommenen Text gibt es keinerlei | |
Unterschiede. Die Befürworter begründeten dies damit, dass die | |
Volksvertreter die aktive Sterbehilfe ausführlichst debattiert hätten. | |
„Kein Land hat so viele Jahre so viele rechtliche Garantien, Details und | |
Szenarien diskutiert, wie Portugal“, erklärte die Sprecherin der | |
regierenden Sozialistischen Partei (PS), Isabel Moreira. Die | |
parlamentarische Mehrheit ignorierte damit das letzte Veto des Präsidenten, | |
der gefordert hatte, einige Punkte genauer auszuführen. | |
Portugal gehört mit der Annahme des Sterbehilfegesetzes neben dem | |
Nachbarland Spanien, sowie Holland, Belgien und Luxemburg zu den wenigen | |
EU-Staaten, in denen aktive Sterbehilfe erlaubt ist. In Deutschland stehen | |
auf Tötung auf Verlangen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf | |
Jahren. Auch in Österreich ist aktive Sterbehilfe strikt verboten, | |
allerdings ist Beihilfe zum Suizid legal. | |
Im katholischen Portugal gehört Staatschef Rebelo Sousa mit seinen Bedenken | |
mittlerweile zur Minderheit, wenn es um Sterbehilfe geht. Laut einer | |
Umfrage vom vergangenen Februar, die von verschiedene portugiesische Medien | |
in Auftrag gegeben wurde, befürworten 61 Prozent der Portugiesen die | |
Entkriminalisierung der Sterbehilfe. In der Gruppe der 18- bis 35-Jährigen | |
sind es gar 70 Prozent. | |
13 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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