# taz.de -- Portugals Regierungschef tritt zurück: Verdacht auf schmutzige Ges… | |
> Es kam schnell: António Costa, der amtierende Ministerpräsident | |
> Portugals, ist zurückgetreten. Die Justiz ermittelt wegen | |
> Korruptionsverdachts. | |
Bild: Antonio Costa Ende März im portugiesischen Parlament | |
MADRID taz | Portugals Ministerpräsident António Costa ist am | |
Dienstagnachmittag zurückgetreten. Das gab der seit 2015 regierende | |
Sozialdemokrat in einer Fernsehansprache bekannt. Zuvor hatte er zweimal | |
Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa besucht. Es kam schnell und | |
überraschend. | |
Nur wenige Stunden zuvor hatte die Polizei die offizielle Residenz Costas, | |
sowie die beiden Ministerien für Umwelt und Infrastruktur und mehrere | |
andere Gebäude durchsucht. Der Verdacht lautet auf Korruption, | |
Amtsmissbrauch und Vorteilsgewährung im Zusammenhang bei der Vergabe von | |
Lizenzen zum [1][Abbau von Lithium in der Nähe des Ortes Montalegre] im | |
Norden Portugals sowie für [2][die Produktion grünen Wasserstoff] in der | |
südwestportugiesischen Hafenstadt Sines. | |
„Mir ist bewusst, dass Würde mit keinem Verdacht vereinbar ist (…). Die | |
Würde der Amtsführung des Premierministers ist mit keinem Verdacht auf | |
seine Integrität vereinbar (…), deshalb habe ich natürlich meinen Rücktritt | |
eingereicht“, erklärte Costa, nachdem bekannt wurde, dass das Oberste | |
Gericht in einem getrennten Verfahren seine Rolle untersucht. Er habe „ein | |
ruhiges Gewissen“, beteuerte Costa in der TV-Ansprache am | |
Dienstagnachmittag seine Unschuld. | |
Die wenigen Details, die bisher bekannt wurden, stammen aus einflussreichen | |
Medien, wie die Nachrichtenagentur Lusa und dem öffentlichen Fernsehen RTP. | |
Sie berufen sich auf Behördeninformationen. Demnach soll die Polizei 40 | |
Anwesen durchsucht haben. Insgesamt wurden – so die portugiesischen Medien | |
– fünf Personen festgenommen, darunter Costas Kabinettschef Vítor Escaría, | |
der Bürgermeister von Sines, Nuno Mascarenhas, sowie drei einflussreiche | |
Geschäftsleute, darunter, Diego Lacerda Machado. Der enge Freund Costas | |
überführte die einst von den Konservativen privatisierte Fluggesellschaft | |
TAP im Auftrag der Regierung erneut in Staatsbesitz. | |
Auch Infrastrukturminister Joao Galamba und Umweltminister Duarte Cordeiro | |
sowie dessen Vorgänger im Amt, João Pedro Matos Fernandes sollen sich unter | |
den Verdächtigen befinden. | |
## Lithiumvorhaben für E-Mobilität | |
Es geht bei der Lizenzvergabe um Millionen, wenn nicht gar um Milliarden. | |
Im Norden Portugals, direkt an der spanischen Grenze rund um Montalegre und | |
dem unweit davon gelegenen Covas do Barroso, sollen sich die größten bisher | |
in Europa bekannten Lithiumvorhaben befinden. Das Alkalimetall wird bei der | |
Herstellung von Batterien für die kommende E-Mobilität dringend benötigt. | |
Portugal verspricht sich davon, endlich in den Mittelpunkt der | |
Industrienationen zu rücken. Trotz des heftigen Widerstands der lokalen | |
Bevölkerung wurde im Frühjahr überraschend schnell ein positives | |
Umweltgutachten für die Minenbetreiber in Covas do Barroso ausgestellt. Im | |
September folgte Montalegre. | |
Die Vorkommen im Norden Portugals werden alleine rund um Covas do Barroso | |
auf 27 Millionen Tonnen lithiumhaltiges Gestein geschätzt. In Montalegre | |
sollen es weitere 15 Millionen Tonnen sein. Jährlich sollen Lithium für | |
mindestens eine halbe Million E-Autobatterien abgebaut werden. Die Anwohner | |
fürchten um das Grundwasser. Denn bei der Lösung des Metalls aus dem | |
Gestein werden giftige Chemikalien ein gesetzt. | |
Das zweite Standbein des portugiesischen Plans für eine industrielle | |
Zukunft dank neuer Technologien ist der grüne Wasserstoff. In der Nähe von | |
Sines soll eine der Produktionsstätten entstehen. Ein Teil der Produktion | |
soll dann über Spanien und [3][eine Pipeline von Barcelona nach Marseille | |
auch nach Mitteleuropa] gelangen. | |
7 Nov 2023 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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