| # taz.de -- Dombaumeisterin über Sakrales und Seele: „Kirche ist für mich H… | |
| > Einen Dom baut heute niemand mehr. Aber man muss die Denkmale erhalten. | |
| > Regine Hartkopf arbeitet daran als Dombaumeisterin in Naumburg und | |
| > Merseburg. | |
| Bild: „Ich bin eine leidenschaftliche Denkmalpflegerin“, sagt Regine Hartko… | |
| wochentaz: Frau Hartkopf, wir treffen uns im Dom von Merseburg. Sie sind | |
| hier und in Naumburg als Dombaumeisterin zuständig. Kann man sich in einem | |
| Dom zu Hause fühlen? | |
| Regine Hartkopf: Absolut. Ich bin in Sakralräumen groß geworden, mein Vater | |
| war Pfarrer in einem Dorf im Südharz. Die Kirche war in einem derart | |
| katastrophalen Zustand, dass sie baupolizeilich gesperrt war, und wir | |
| konnten uns dort frei bewegen. Später bin ich zum Instrumentüben in die | |
| Kirche gegangen, einfach weil es schön klang. Kirche ist für mich generell | |
| Heimat. Darüber hinaus bringen Dome viel Geschichte mit: Leichtes und | |
| Schweres, aber auch Schönheit. Das alles ist verankert an so einem Ort, und | |
| je besser ich ihn kennenlerne, umso mehr fühle ich mich zu Hause. | |
| Hatten Sie als Kind schon den Wunsch, Kirchen zu bauen? | |
| Überhaupt nicht, nein! Ich wollte lange Zeit Schäferin werden. Ich hätte in | |
| der DDR kein Abitur machen dürfen, auch nicht studieren, und ich wollte auf | |
| keinen Fall ein braves Pfarrerstöchterchen bleiben, das dann | |
| Krankenschwester oder Kindergärtnerin lernt. Ich hatte Glück mit der Wende, | |
| die für mich zum richtigen Zeitpunkt kam. | |
| Wie kamen Sie zur Architektur? | |
| Ich habe nach dem Abi in einem Denkmalpflegebüro ein Praktikum gemacht. | |
| Vorher hatte ich in der Geriatrie gearbeitet. Ich wollte eigentlich Medizin | |
| oder Musik studieren. Während des Praktikums habe ich gemerkt, dass die | |
| alten Häuser ganz viel gemein haben mit alten Menschen. Wenn etwas nicht | |
| mehr funktioniert bei einem alten Menschen, schaut man, wie man ihn | |
| unterstützt, seine Zeit positiv füllt, statt ihn mit Tabletten zuzudröhnen. | |
| Auch Häuser haben Charakter: Aus einem Bauernhof lässt sich kein Palast | |
| machen und aus dem Palast keine Arbeiterwohnung. Es geht darum, das, was | |
| Bauherren wollen, und das, was ein Gebäude kann oder braucht, | |
| zusammenzubringen. | |
| Profitieren Sie heute noch von den Erfahrungen in der Denkmalpflege? | |
| Ja. Ich bin eine leidenschaftliche Denkmalpflegerin. Aber ich bin auch | |
| dankbar für alles, was ich über Bauen im Bestand generell gelernt habe. | |
| Alles, was wir nicht neu bauen, ist der beste ressourcenschonende Umgang | |
| mit unserem Planeten. Alles, was wir irgendwie weiterbauen, ertüchtigen | |
| können, so dass man es mag und auch gern darin leben möchte, sollte man | |
| umbauen. Da muss man sich dann auch trauen einzugreifen und nicht ständig | |
| Angst haben, dass irgendetwas vielleicht nicht gestattet wäre. Jeder Umbau | |
| ist besser als Neubau, nachhaltig gedacht, klimatisch gedacht. Nur so | |
| können wir unseren ökologischen Fußabdruck auch im Bau reduzieren. | |
| Können Sie erklären, was eine Dombaumeisterin genau macht? Es werden ja | |
| keine Dome mehr gebaut. | |
| Nein. Man muss sie erhalten. Der Baumeister ist derjenige, der am Dom | |
| arbeiten darf. Das Aufgabenspektrum ist unterschiedlich gefüllt bei den | |
| Kathedralen. Der Kölner Dom zum Beispiel ist groß und repräsentativ, da hat | |
| der Dombaumeister ein Team von 100 Leuten, eine Bauhütte und ein | |
| Forschungsteam. An anderen Kathedralen arbeiten kleinere Teams an der | |
| gleichen Aufgabe: das Bauwerk mit seinen Besonderheiten zu pflegen und zu | |
| erhalten. | |
| Naumburg und [1][Merseburg] sind protestantische Kirchen und keine reichen | |
| katholischen Bistümer. | |
| Die beiden Dome gehören zu einer [2][Stiftung, den Vereinigten | |
| Domstiftern], und diese Stiftung hat große Teile ihres Vermögens im Ersten | |
| Weltkrieg durch Kriegsanleihen verloren. Heute besitzt sie die zwei Dome, | |
| die herausragenden Archive, die wertvolle künstlerische Ausstattung. Der | |
| Dombaumeister ist hier eher eine beratende Funktion für den Bauherrn. Ich | |
| darf baulich gesehen das große Ganze im Blick haben und mitgestalten. | |
| Besitzt [3][Naumburg] keine Dombauhütte, weil der Stiftung das Geld dafür | |
| fehlt? | |
| Richtig. Maximal ein Viertel der Kathedralen haben noch Bauhütten, und die | |
| Bauherren, ob Kirche oder Staat, können diese schwer unterhalten. Es geht | |
| eben heute nicht mehr darum, eine neue Kirche zu errichten, sondern um | |
| Erhalt und Reparaturen. Aber diese Pflegearbeiten sind sehr speziell, es | |
| geht nicht nach DIN und nicht nach Norm – es gibt besondere Anforderungen. | |
| Dafür ist große handwerkliche Expertise vonnöten, der Umgang mit wertigen | |
| Materialien. | |
| Welche Anforderungen sind das? | |
| Ich habe als Architektin beispielsweise nie mit der Restaurierung von | |
| Büchern, Bildwerken auf Holz oder Stein, Skulptur oder Glas zu tun gehabt. | |
| Der Umgang mit Altären, mittelalterlichen Glasfenstern oder Archivgut ist | |
| hochkomplex. Das sind eigene Wissens- und Forschungsbereiche. Als | |
| Dombaumeisterin kann ich glücklicherweise auf ein kompetentes | |
| Kollegennetzwerk zurückgreifen. Im Verein der europäischen Dombau- und | |
| Hüttenmeister sind Fachleute organisiert, die quer durch Europa | |
| Verantwortung für Großkirchen haben. Ihr Wissen wird in Bauhütten gepflegt | |
| und weitergegeben. Dafür haben sie auch den Status des immateriellen | |
| Welterbes erhalten. | |
| Müssen Sie auch das Geld für anstehende Projekte besorgen? | |
| Finanzierungen sind ein komplexes Thema, bei dem viele Beteiligte | |
| zusammenarbeiten müssen. Das Ausarbeiten einer Idee bis zum Vorbereiten von | |
| Förderanträgen gehört mit zu meinen Aufgaben. | |
| Gibt es eine Aufteilung bei der Finanzierung zwischen Bund, Land und | |
| Kirchen? | |
| Die Kirche ist in unserem Fall fein raus, weil sie zwar die Domkirchen | |
| nutzt, aber sie gehören ihr nicht. Daher muss sie auch nicht zahlen. Die | |
| Vereinigten Domstifter sind zuständig für die Baulast der Domkirchen und | |
| für alles, was dort passiert. Die Kirchengemeinden kümmern sich um alles, | |
| was mit der liturgischen Funktion zu tun hat. Aber der Erhalt, darüber | |
| hinaus die kulturelle Weiterentwicklung, auch die wissenschaftliche | |
| Erforschung der Archive und Bibliotheken liegen bei uns. | |
| Gibt es Kooperationen mit Universitäten? | |
| Ja, insbesondere bei den Archiven wird der Bestand mittels | |
| Kooperationsprojekten digitalisiert und zugänglich gemacht. Auch bei | |
| Restaurierungsvorhaben arbeiten wir mit Hochschulen zusammen. Die Dome | |
| Naumburg und Merseburg haben keine institutionelle Förderung. Das heißt, | |
| alle Projekte müssen in Form von Projektgeldern beantragt werden. Man | |
| hangelt sich von Projekt zu Projekt, und die Gelder dafür müssen | |
| gegenfinanziert sein mit Eigenanteilen. Dafür braucht es Leute, die das | |
| mäzenatisch unterstützen. | |
| In welcher Weise setzt der Klimawandel den Domen zu? | |
| Die zunehmende extreme Trockenheit kann Schäden durch Rissbildung im | |
| Untergrund bewirken. Im Hallenser Dom ist das bereits der Fall. Schimmel in | |
| Orgeln ist auch schon länger ein Thema, paradoxerweise, weil der saure | |
| Regen nachlässt und die Luft besser wird. Wir haben Schimmel in den | |
| Ausstattungsstücken, die Gründe dafür sind vielfältig. Der Klimawandel ist | |
| überall und wir müssen alle damit umgehen. Das bedeutet, dass wir auch im | |
| Bereich der Pflege und Restaurierung nicht aufhören dürfen, neue Wege zu | |
| beschreiten. | |
| Was lässt sich im Hinblick auf knappe Finanzen ändern? | |
| Wir sollten über notwendige und über verzichtbare Ansprüche nachdenken. Ein | |
| Beispiel: Wir sitzen nicht gern in einer Eishöhle, in die sich der Dom im | |
| Winter verwandelt. Aus meiner Sicht ist es jedoch nicht möglich, | |
| grundsätzlich Abhilfe zu schaffen. Es können nur wenige Kirchen beheizt | |
| werden, und auch das werden wir wahrscheinlich bald nicht mehr können, weil | |
| es nicht finanzierbar ist. Andererseits kann man eine nur temporär genutzte | |
| Kirche nicht mit erneuerbaren Energien, die in Niedrigtemperatur laufen, | |
| warm bekommen. Wir müssen uns einen ressourchenschonenden Umgang mit | |
| unseren Denkmälern angewöhnen, überlegen was möglich ist und was nicht. | |
| In der Diskussion ist die Bestückung von Kirchendächern mit Solarpanelen. | |
| Das ist eine große Diskussion! Der Denkmalschutz sagt – noch –, das geht | |
| gar nicht! Ich glaube, das lässt sich nicht pauschal beantworten. Die | |
| meisten Kirchen haben eine riesige Süddachfläche aufgrund der | |
| Ost-West-Ausrichtung. Es gibt Kirchendächer wie am Naumburger Dom mit einer | |
| Mönch-Nonne-Deckung, roter Ton, die sind sehr präsent. Da kann man kein | |
| schwarzes Solar aufbringen. Aber es gibt eine katholische Kirche, nur | |
| wenige 100 Meter weiter, ein Bau aus den 50er Jahren mit flach geneigtem | |
| Bitumendach, warum sollte man dort nicht ein Solarpanel montieren? | |
| In Naumburg gab es Streit über ein Altarbild von Lucas Cranach, für das der | |
| Leipziger Maler Michael Triegel neue Seitenflügel entworfen hat. Der | |
| Denkmalschutz protestierte wegen des Status als Weltkulturerbestätte. Gibt | |
| es einen Konflikt zwischen Bestandswahrung, Denkmalschutz und der Kirche | |
| als Ort, an dem Leben passiert? | |
| Es gibt unterschiedliche Perspektiven. Dennoch sollten wir schauen, was | |
| brauchen die Menschen, die unsere Kirchen mit Leben füllen. Wenn niemand | |
| einen historischen Raum benutzt und auch liebt, wird er irgendwann sterben. | |
| Das [4][Cranach-Triegel-Retabel] ist es wert, diskutiert zu werden. Es | |
| verändert den Westchor. Dennoch ist es ein Objekt, das auf den Altar | |
| gestellt und wieder weggenommen werden kann. Damit wird nichts zerstört | |
| oder grundlegend verändert. Ich bin froh, dass wir leidenschaftlich darüber | |
| diskutieren. Das ist ein Zeichen dafür, dass Leben in uns steckt. | |
| Welches handwerkliche Wissen droht verloren zu gehen? | |
| Unsere historischen Gebäude sind aus dem Handwerk entstanden. Aber es gibt | |
| zu wenige junge Menschen, die hier arbeiten wollen. Man kann das Handwerk | |
| nur pflegen, indem man ihm Arbeit gibt. Das Wissen und die Praxis müssen in | |
| die nächste Generation weitergereicht werden. Nur wenn Handwerk wirklich | |
| physisch geübt wird, bleibt es als Tradition erhalten. Beispiel: das | |
| Malerhandwerk. Kirchenmaler gibt es nur noch ganz, ganz wenige. Ein | |
| Kirchenmaler hält den Pinsel anders, er weiß, welche Farbe man verwenden | |
| kann und wie man arbeiten muss, damit die Wand reparaturfähig bleibt. | |
| Bürste statt Rolle, Lasur statt Farbe etc. Das sind handwerkliche | |
| Traditionen, die man lernen kann. Dazu braucht es Geld und den Willen zur | |
| Qualität. Oft gilt: Wir sollten lieber weniger bauen, aber das ordentlich. | |
| Osnabrück, Paderborn, Speyer, Berlin haben inzwischen Dombaumeisterinnen, | |
| aber sehr hoch ist der Frauenanteil in Ihrem Metier nicht. Woran liegt das? | |
| Es entwickelt sich, ich bin da sehr optimistisch. Frauen, die wissen, wovon | |
| sie sprechen, die ansprechbar für Probleme sind und diese mit lösen wollen, | |
| werden auch auf dem Bau akzeptiert. Als Dombaumeisterin ist man aber auch | |
| in politischen Gremien aktiv, wie zum Beispiel im Domkapitel, das sind ja | |
| Führungsgremien, und ich glaube, dass sich dort Frauen nicht immer | |
| wohlfühlen. Ich arbeite mit Männern und Frauen, schätze vielfältige und | |
| durchmischte Teams. | |
| Sie führen ein Architekturbüro, sind als Dombaumeisterin tätig und | |
| unterrichten an einer Hochschule. Außerdem haben Sie drei Kinder. Wie | |
| kriegen Sie die vielen Jobs unter einen Hut? | |
| Ich arbeite schon sehr viel, das ist vielleicht nicht gesund, aber ich tue | |
| es mit Leidenschaft. Damit wird vieles nicht nur Last, sondern auch | |
| Anliegen. Das trägt sich leichter. Die Honorarprofessur ist komprimiert | |
| jeweils auf das Wintersemester, und ich habe ein großartiges Team im Büro. | |
| Trotzdem: Es gehört eine gewisse Strenge dazu, alle Aufgaben unter einen | |
| Hut zu kriegen. Das hört sich preußisch an, das passt gar nicht zu mir! | |
| Aber zu guter Musik gehört die Unterordnung in Rhythmus und Takt, und | |
| natürlich die Pause dazwischen. Ich versuche, mich an meine Lebenspartitur | |
| zu halten. | |
| Möchten Sie einmal eine neue Kirche bauen? | |
| Meine Grundüberzeugung ist, dass alles, was wir nicht neu bauen, gut ist. | |
| Meine Diplomarbeit beschäftigte sich mit der Planung einer neuen Kirche. | |
| Mich reizen sakrale Räume sehr unterschiedlicher Natur unglaublich. Doch am | |
| liebsten baue ich sie weiter. | |
| Sie haben eine Honorarprofessur für Sakralarchitektur. Brauchen wir heute | |
| noch sakrale Räume und Bauten? | |
| Der mittelalterliche Mensch, vereinfacht gesagt, hatte die Vorstellung, | |
| dass sein Leben die Ewigkeit umspannt. Wenn mit dem Bau einer Kathedrale | |
| begonnen wurde, ging man davon aus, dass die Urenkel diese noch sehen | |
| werden. Wir haben eine sehr verkürzte, schnelllebige Wahrnehmung, wir | |
| brauchen Orte, die uns Orientierung und die Möglichkeit zur Transzendenz | |
| bieten. | |
| Sind sakrale Räume ausschließlich Kirchen? | |
| Nein. Ein hoher Wald ist auch ein sakraler Raum. Sakralräume haben Kraft, | |
| dieses kleine Wirrwarr unserer Seele zu hinterfragen. Wenn man sich ihnen | |
| aussetzt, mit ihrer besonderen Akustik, einer besonderen Lichtführung, | |
| können sie zu Erfahrungen auf einer anderen Ebene führen. Sie wirken | |
| beruhigend oder verwirrend, und man fragt sich, was bleibt oder was über | |
| uns hinausweist. | |
| Sie haben einmal von der liturgischen Mitte gesprochen. Was meinen Sie | |
| damit? | |
| Im Kirchenraum ist es der Altar der Ort, wo die Begegnung Gott-Mensch | |
| physisch zelebriert wird. Mit liturgischer Mitte meine ich auch die Stille | |
| des Kirchenraumes, wenn man aus dem Gewühl des Alltags dort eintritt und | |
| vielleicht eine Kerze anzündet, einfach nur dasitzt und einen Raum für | |
| seine Seele findet. | |
| Die Kirche als ein Raum der Versenkung. | |
| Die Kirche als Resonanzraum. Unabhängig von unserer jeweiligen kulturellen | |
| oder religiösen Prägung können wir hier das Überschreiten unserer Grenzen | |
| erleben. Etwas berührt uns, verändert unseren Blick für einen Moment. Eine | |
| Schwingung unserer Seele wird in Resonanz gebracht und wir wissen noch | |
| nicht, wohin uns das führt. Wir Menschen brauchen eine Einordnung unseres | |
| Lebens, unserer Wirkmächtigkeit in ein großes Ganzes – auch wenn der | |
| gesellschaftliche Umgang mit Religionen sich verändert. | |
| Sind Sie gläubig? | |
| Ja, ich glaube. Ich habe den einfachen Glauben hinter mir gelassen. Meine | |
| Gottesvorstellung ist sehr weit. Manches habe ich schon erlebt, da haben | |
| viele Facetten Platz. Mein Glauben hilft mir auch, mich zu ordnen. | |
| Früher gab es keine Kabel oder Mikrofone in Kirchen. Stört oder hilft die | |
| moderne Technik? | |
| Segen und Fluch liegen oft beieinander. So wollen wir Tonanlagen nicht | |
| missen. Dennoch möchten wir oft zu viel in alten Gebäuden. Je mehr Technik, | |
| umso mehr kann kaputtgehen und geht kaputt. Noch vor wenigen Jahren war es | |
| üblich, dass man beim Verlassen der Kirche die gesamte Elektrik | |
| ausschaltete. Heute ist vieles nicht mehr so einfach. Brandschutz fordert | |
| Dauerstrom, vielleicht sogar Einbruchmeldeanlagen. Wir verlassen uns auf | |
| technische Einbauten, die teuer sind und letzten Endes auch Brandlast und | |
| Risiken mitbringen. | |
| Der Brand 2019 in der Kathedrale Notre-Dame in Paris wurde vermutlich durch | |
| einen Schwelbrand verursacht. Müssen die Brandnormen angepasst werden? | |
| Das finde ich pauschal problematisch. Die Normen werden immer nur nach oben | |
| angepasst, und alles wird noch strenger, noch reglementierter. Besser wäre | |
| es, die geltenden Normen umfänglich umzusetzen. Auch früher ist viel | |
| baulicher Brandschutz geleistet worden. Gerade der Naumburger Dom ist ein | |
| gutes Beispiel. Nachdem es 1532 einen großen Brand gab – ein Teil der Stadt | |
| ist abgebrannt, auch der Klausurbereich, die Archive –, hat man die Klausur | |
| wieder aufgebaut und ein Kreuzgratgewölbe eingezogen. In diesen steinernen | |
| Gewölben sind die Archive bis heute untergebracht. Da kann nichts brennen, | |
| außer wenn innen ein Brand entstünde. | |
| Haben Sie ein Lieblingsdetail im Merseburger Dom? | |
| Was für eine Frage, ganz viele! Es ist ein sehr besonderer Dom, ein Dom auf | |
| den zweiten Blick. Im Bau steckt unglaublich viel Romanik. Im Sommer | |
| bezaubert einen der blühende Garten des Kapitelhauses mit dem Duft des | |
| Lavendels und dem Blick ins Saaletal. In der Kirche liebe ich neben dem | |
| großartigen Leuchter und der Ladegastorgel auch die Glasfenster von Xenia | |
| Hausner sehr. Wenn ich den 1.000 Jahre alten Dom sehe, dieses Zusammenspiel | |
| der archaischen Krypta mit den modernen Fenstern von Hausner, das finde ich | |
| großartig! | |
| Sie haben die Fenster geplant, für Naumburg ein neues Portal geschaffen. | |
| Vieles von dem, was Sie sonst machen, entzieht sich unseren Augen oder | |
| unserer Kenntnis. Ärgert Sie das manchmal? | |
| Hier arbeiten seit 1.000 Jahren Menschen, und ich hoffe, es wird auch | |
| mindestens die nächsten 500 Jahre so bleiben. Das ist dann untergeordnet, | |
| was ich persönlich geleistet habe. Wenn ich sagen kann, ich habe alles | |
| gemacht, um den Dom durch unsere Zeit zu tragen, finde ich das völlig in | |
| Ordnung. Ich bin glücklich, ein Glied in einer langen Kette sein zu dürfen. | |
| 24 Dec 2023 | |
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| Sabine Seifert | |
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