# taz.de -- Die Straße von Hormus: „Nadelöhr des Welthandels“ | |
> Die wichtige Meerenge bildet heute das Herzstück der iranischen | |
> Strategie, Trumps Politik des „maximalen Drucks“ etwas entgegenzusetzen. | |
Bild: Festgesetzt: der Tanker „Stena Impero“ in der Straße von Hormus im J… | |
Kairo taz | „Nadelöhr des Welthandels“, „Hauptschlagader der | |
Erdölversorgung“, „neuralgischer Punkt der Energieversorgung“: Das sind … | |
Bilder, mit denen die Straße von Hormus beschrieben wird. Sie konzentrieren | |
sich auf zwei Charakteristika der Meerenge zwischen dem Oman und dem Iran. | |
Zum einen ist es eng: Streckenweise ist sie nur 38 Kilometer breit; und die | |
Schifffahrtsrinnen sind weniger als drei Kilometer schmal. | |
Zum anderen hat der Ort eine strategische Bedeutung wie kaum ein anderer. | |
Ein Drittel des weltweit verschifften Öls kreuzt durch die Meerenge, 90 | |
Prozent des aus den Golfstaaten exportierten Öls. | |
Derweil lassen die felsigen, unfruchtbaren Küsten die Meerenge wie einen | |
unbedeutenden Landstrich erscheinen. Hitze, Feuchtigkeit und starke Winde | |
führen dazu, dass sie auf beiden Seiten wenig bewohnt ist. Auf der einen | |
erstreckt sich die omanische Enklave Musandam, auf der anderen die | |
iranische Küste. Aber die Straße von Hormus war schon immer ein turbulentes | |
Stück Meer. | |
Die Ruine eines portugiesischen Forts zeugt von den Versuchen der einstigen | |
Seemacht im 16. und 17. Jahrhundert, ihren Handel gegen Angriffe zu | |
schützen. Auch das Entsenden von Kriegsschiffen war schon lange ein | |
Instrument der europäischen Politik. 1819 wurde das britische Kriegsschiff | |
„Eden“ nach Hormus entsandt, um den Seeweg nach Indien zu schützen. | |
Die Briten erkannten aber bald, dass sie auch an den Küsten Verbündete | |
brauchten. Sie bauten ein Netzwerk von alliierten Scheichtümern auf, die | |
bei der Bekämpfung der Piraterie halfen. Bis zu ihrem Abzug von der | |
Arabischen Halbinsel 1970 schafften sie es, für relative Ruhe zu sorgen. | |
Doch schon neun Jahre später entstand mit der Islamischen Revolution im | |
Iran ein neuer Unruheherd. | |
## Der Tankerkrieg von 1988 | |
Die USA füllten schnell das vom Ende des britischen Empires hinterlassene | |
Vakuum am Golf. Schnell war auch die sogenannte Carter-Doktrin geboren, die | |
mit einer militärischen Intervention der USA drohte, sollte der Ölfluss am | |
Golf in Gefahr sein. 1987 intervenierte die US-Marine direkt im Krieg | |
zwischen dem Iran und dem Irak. Ein Jahr darauf versenkte das US-Militär im | |
„Tankerkrieg“ iranische Kriegsschiffe. | |
2012 flammten die Spannungen erneut auf. Der Iran drohte, die Meerenge zu | |
schließen – als Antwort auf Sanktionen, mit denen Teheran dazu gebracht | |
werden sollte, sein Atomprogramm zu überdenken. Der Iran gestattet die | |
Durchfahrt des Schiffsverkehrs entsprechend den Bestimmungen der | |
Seerechtskonvention, auch wenn das Land rechtlich nicht daran gebunden ist, | |
denn Teheran hat das UN-Dokument zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert | |
– genauso wie die USA. | |
Die Wogen um Hormus glätteten sich, als 2015 der Atomdeal mit dem Iran | |
unterzeichnet wurde. Doch als US-Präsident Donald Trump [1][den Vertrag | |
dann 2018 für null und nichtig erklärte und neue Sanktionen verhängte], | |
wurde es auch in Hormus wieder stürmisch. Die Iraner verfolgen nun eine | |
einfache Taktik: Wenn unser Ölsektor angegriffen wird, dann drohen wir, den | |
Welthandel zu stören. Die Straße von Hormus ist dabei das Herzstück der | |
Auge-um-Auge-Taktik, die der Iran im Juli auch mit dem [2][Aufbringen des | |
britischen Tankers „Stena Impero“] verfolgt hat, nachdem der iranische | |
Tanker „Grace1“ vor Gibraltar von britischen Truppen festgesetzt worden | |
war. | |
Auf der arabischen Seite des Golfs herrscht indes keine Einigkeit, wie mit | |
dem starken Nachbarn Iran umgegangen werden soll. Der Oman, dessen Enklave | |
Musandam das Küstengebiet der Meerenge von Hormus ausmacht, fährt eine | |
Politik des Ausgleichs mit dem Iran, ebenso wie Katar und Kuwait. | |
Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gehen dagegen | |
auf Konfrontationskurs. Sie hoffen auf Trump, wenn es darum geht, ihren | |
regionalen Erzrivalen Iran einzudämmen. | |
Teherans Drohungen, die Meerenge zu schließen, machen beide Länder nervös. | |
Saudi-Arabien und die VAE suchen Alternativen, doch die Straße von Hormus | |
zu umgehen, erweist sich als schwierig. Die Emirate haben die | |
Habschan-Fudschaira-Pipeline bauen lassen, doch die Kapazität reicht nicht | |
aus. 90 Prozent des Öls müssen weiter durch die Meerenge verschifft werden. | |
Dass im Hafen von Fudschaira im Mai vier Tanker sabotiert wurden, die ihr | |
Öl dort in die Pipeline gelöscht haben, zeigt, wie verwundbar auch diese | |
Ausweichroute ist. | |
## Noch freie Kapazitäten | |
Eine weitere Pipeline reicht von den Ölfeldern im Osten Saudi-Arabiens zum | |
Rotmeer-Hafen Janbu. Mit einer Kapazität von fünf Millionen Barrel am Tag | |
ist sie eine der größten Pipelines der Welt. Nach dem erneuten Aufflammen | |
der Spannungen in der Straße von Hormus hat der saudische Energieminister | |
Khalid al-Falih kürzlich angekündigt, die Kapazität in zwei Jahren um 40 | |
Prozent erhöhen zu wollen. Im Moment wird aber nur weniger als die Hälfte | |
der schon heute vorhandenen Kapazität ausgenutzt. | |
Trotz der Spannungen am Golf ist vor Janbu derzeit kein erhöhtes | |
Tankeraufkommen zu verzeichnen. 90 Prozent der saudischen Ölexporte werden | |
immer noch über Hormus verschifft. Letztendlich ist jedoch auch dieser Weg | |
verwundbar. Im Mai wurde die saudische Ost-West-Pipeline von Drohnen | |
angegriffen. Jemenitische Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden, | |
hatten sich für den Angriff verantwortlich erklärt. | |
Der Iran hat auch gezeigt, dass sein langer Arm bis zum Bab al-Mandab | |
reicht, einer nur 27 Kilometer breiten Meerenge zwischen dem Jemen und | |
Dschibuti. Mehrmals haben die Huthi-Rebellen bereits dortige Öltanker | |
belästigt. Sollte die Lage am Golf weiter eskalieren, könnte eine noch | |
prekärere Situation entstehen: wenn mit der Straße von Hormus und dem Bab | |
al-Mandab gleich zwei für den Welthandel wichtige Meerengen nicht mehr | |
sicher sind. | |
7 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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