# taz.de -- „Die Rechte“ in Dortmund: Neonazis wollen Juden zählen lassen | |
> Im Dortmunder Stadtrat will die Neonazi-Partei „Die Rechte“ wissen, wie | |
> viele Juden in der Stadt leben. Die Anfrage sorgt für Empörung. | |
Bild: Unvergessen: Gedenken an die Pogromnacht vom 9. November 1938 am Platz de… | |
BERLIN taz | Diese Anfrage der Neonazi-Partei Die Rechte im Dortmunder | |
Stadtrat lässt tief blicken. Am Donnerstag wollte ihr Abgeordneter Dennis | |
Giemsch, der die Neonazi-Partei als einziges Mitglied im Stadtrat vertritt, | |
nämlich schriftlich wissen, wieviele Juden in Dortmund leben, und ob sich | |
ihre Zahl nach Stadtbezirken aufschlüsseln lasse. Diese Auskunft sei „für | |
die politische Arbeit“ seiner Partei relevant, begründete der stadtbekannte | |
Neonazi in seinem Schreiben. | |
„Das ist aus unserer Sicht reine Provokation“, erklärte ein Sprecher der | |
Stadt Dortmund am Freitag. Oberbürgermeister Ullrich Sierau sprach von | |
„einem unerhörten menschenverachtenden, antisemitischen und rassistischen | |
Ungeist“. Er kündigte an, die Anfrage dem Staatsschutz zu übergeben. | |
Auf Twitter ließ ihre Pressestelle aber schon mal wissen, die Nazis hätten | |
eine „juristisch mögliche Minimalantwort“ zu erwarten. Im Prinzip ist jedes | |
Ratsmitglied befugt, Anfragen an die Verwaltung zu stellen, und diese ist | |
prinzipiell zur Auskunft verpflichtet. Auch, wie viele Kurden und | |
„Aids-Kranke“ in der Stadt leben, möglichst mit Angabe zu ihrer | |
Nationalität und „sexueller Ausrichtung“, wollte die Partei etwa wissen. | |
Im Mai 2014 trat die Partei „Die Rechte“ erstmals bei den Kommunalwahlen in | |
Nordrhein-Westfalen an, und konnte einen Sitz in Hamm sowie im Rat der | |
Stadt Dortmund ergattern. Zuerst übernahm diesen der notorische Alt-Neonazi | |
Siegfried Borchardt (Spitzname „SS-Siggi“), der auch als Gründer der | |
rechten Hooligan-Vereinigung „Borussenfront“ gilt, doch schon im Sommer | |
erklärte er seinen Rückzug. | |
Als Nachfolger rückte für ihn der Jung-Neonazi Dennis Giemsch nach, einst | |
Anführer der inzwischen verbotenen Nazi-Kameradschaft „Nationaler | |
Widerstand Dortmund“. Schon am Wahlabend sorgten seine Anhänger für Ärger: | |
Dutzende Neonazis überfielen eine Wahlparty im Rathaus, es gab mehrere | |
Verletzte. Nun sorgt sie für den nächsten Skandal. | |
„Abscheulicher und perfider Antisemitismus“ nennt Dieter Graumann, der | |
Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, die gezielte | |
Provokation in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Jeder könne die wahre | |
Motivation „dieser durch und durch scheinheiligen Anfrage“ erkennen. Dass | |
Neonazis wissen wollen, wo und wie viele Juden in der Stadt leben, erinnere | |
ihn „an schlimmste Zeiten“, so Graumann: „Diese Vorfälle zeigen wieder | |
einmal, dass Rechtsextreme nichts in unseren Parlamenten zu suchen haben. | |
Sie gehören verachtet und verboten.“ | |
Auch Sven Lehmann, der Landesvorsitzende der Grünen in Nordrhein-Westfalen, | |
ist empört. „Von dieser Anfrage bis zur Wiedereinführung des Judensterns | |
ist der Weg nicht weit“, sagte er dem Blatt. Und die Leiterin der | |
Dortmunder Beratungsstelle BackUp, Katharina Kostusiak, erinnerte daran, | |
dass es schon 1935 eine zentrale „Judenkartei“ gab, die zur Durchführung | |
der Nürnberger Rassengesetze angelegt wurde. „Wozu dies geführt hat, können | |
wir in den Geschichtsbüchern nachlesen.“ | |
Dennis Giemsch ist regelmäßig bei Neonazi-Aufmärschen in Dortmund zu sehen. | |
Auch bei der für Samstag geplanten Demonstration von Nazis und Hoologans | |
dürfte seine Truppe mit dabei sein. Dort geht es diesmal aber nicht um | |
Juden, sondern angeblich „gegen Salafisten“. | |
14 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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