# taz.de -- Die CDU in der Krise: Abschied von der Ära Merkel | |
> Die CDU muss sich nach Laschets angekündigtem Abgang neu aufstellen, | |
> nicht nur personell. Wurstelt sie so weiter wie bisher, dürfte sich ihr | |
> Niedergang fortsetzen. | |
Bild: Merkel-Raute: Zwei Versuche in der CDU, ihre Politik irgendwie zu verlän… | |
Armin Laschets Ankündigung, sich vom Parteivorsitz zurück zu ziehen, war | |
verschwurbelt und unklar, wie so viele seiner Einlassungen in letzter Zeit. | |
Doch hinter die Aussage, dass die Parteispitze nun neu aufgestellt werden | |
muss, wird der Rheinländer nicht mehr zurück kommen. Laschets Abgang ist | |
nur noch [1][eine Frage der Zeit.] Doch wenn die CDU hofft, dass es damit | |
nun wieder bergauf geht, täuscht sie sich. | |
Der Partei steht ein extrem schwieriger Erneuerungsprozess bevor, der wohl | |
nur mit jenem Anfang der siebziger Jahre zu vergleichen ist. Damals setzte | |
sich Helmut Kohl als Parteichef durch, platzierte junge und auf Veränderung | |
drängende Parteifreunde wie Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf an | |
strategisch wichtigen Stellen und verordnete der Partei eine grundsätzliche | |
Reform, inhaltlich wie strukturell. Kohl hatte sich auf all das gut | |
vorbereitet. Und doch dauerte es bis 1982, bis die CDU wieder an die Macht | |
kam. | |
Für Laschets Nachfolger sind Herausforderungen ähnlich groß. Die CDU muss | |
sich neu aufstellen, nicht nur personell. Sie muss sich entscheiden, ob sie | |
eine Partei der Mitte bleiben oder weiter nach rechts rücken will. Sie muss | |
klären, für welche Themen und Positionen sie künftig stehen will. Und | |
welchen Kurs sie in der Opposition, wo sie wohl landen wird, fahren will. | |
Sie muss festlegen, wie viel Macht die Gremien behalten sollen und wie viel | |
Mitspracherecht sie den Mitgliedern einräumen will. Kurz: Die | |
Christdemokratie muss sich entscheiden, was für eine Partei sie sein will. | |
## Gefahr selbstzerstörerischer Energien | |
Dass manche dabei, wie der Hamburger Landeschef Christoph Ploß oder Tilman | |
Kuban, der Vorsitzende der Jungen Union, ausgerechnet mit der ÖVP als | |
Modell liebäugeln, die sich Sebastian Kurz und seinem populistischen Kurs | |
unterworfen hat, mag skeptisch stimmen. Mehrheitsfähig aber dürfte ein | |
solches Modell – auch unabhängig von den aktuellen Razzien in Wien – in der | |
CDU derzeit nicht sein. | |
Laschet hat angekündigt, zumindest die personelle Neuaufstellung moderieren | |
und im Konsens lösen zu wollen. Doch es ist nicht zu erwarten, dass einer | |
der bislang gehandelten Kandidaten, die längst hinter den Kulissen ihre | |
Truppen sammeln – also Jens Spahn, Friedrich Merz, Norbert Röttgen und | |
möglicherweise Ralph Brinkhaus – klein beigibt. | |
Keiner von ihnen ist stark genug, um als Laschets natürlicher Nachfolger zu | |
gelten. Aber keiner ist so schwach, dass er das Feld freiwillig räumen | |
wird. Viel spricht deshalb für einen offenen Machtkampf. Was gar nicht | |
schlecht sein muss: Ihre Zukunftsfragen darf die CDU ruhig breit und | |
kontrovers austragen. Die Gefahr ist, dass selbstzerstörerische Energien | |
entfesselt werden, wie im Machtkampf zwischen Söder und Laschet. Die | |
Selbstbeschäftigung sollte zeitlich eng befristet sein. | |
## Kramp-Karrenbauer, Laschet – und nun? | |
Die CDU muss Abschied von der Ära Merkel nehmen. Zwei Versuche, Merkels | |
Politik irgendwie in die Zukunft zu verlängern, sind gescheitert. Zuerst | |
unter Annegret Kramp-Karrenbauer, jetzt unter Laschet. Wurstelt die Partei | |
so weiter, dürfte sich ihr Niedergang fortsetzen. | |
Dazu gehört auch, jetzt keine Politiker in die erste Reihe zu lassen, die | |
sich – wie Merz – weiterhin vor allem an der Kanzlerin und den eigenen | |
Verletzungen aus dieser Zeit abarbeiten. Ganz zu schweigen von seinem | |
rückwärtsgewandten politischen Kurs. | |
Ohnehin wäre es an der Zeit, dass die CDU einen Generationenschnitt | |
vollzieht, wie damals bei Kohl. Dafür steht von den bislang gehandelten | |
Kandidaten [2][nur Jens Spahn.] Der Gesundheitsminister, dem populistische | |
Ausflüge nicht fremd sind, würde die CDU deutlich konservativer aufstellen, | |
aber mutmaßlich nicht rückwärtsgewandt. | |
Ein Gegenmodell könnte der Kieler Ministerpräsident [3][Daniel Günther] | |
verkörpern, wenn die CDU es liberaler will. Ein Kandidat oder gar eine | |
Kandidatin, die quer zu diesen Lagern liegt, ist nicht in Sicht. Falls die | |
Union sich in der Opposition wiederfindet, wird sie sich gegen die Ampel | |
profilieren müssen. Mit einer liberalen Aufstellung wird das schwierig. Das | |
spricht für die konservativere Variante. Es spricht für Spahn. | |
8 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/bundestagswahl-union-laschet-rueckzu… | |
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/bundestagswahl-cdu-spahn-laschet-100… | |
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_G%C3%BCnther | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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