# taz.de -- Turbulenzen in der Union: Altmaier und AKK machen Platz | |
> In der Union rumort es nach dem Wahldebakel gewaltig. | |
> CDU-Nachwuchspolitiker:innen fordern Mitgliederbefragung für den | |
> personellen Neuanfang. | |
Bild: Peter Altmaier und Annegret Kramp-Karrenbauer verzichten auf ihr Bundesta… | |
BERLIN dpa | Zwei Wochen nach der Bundestagswahl ringt die Union heftig um | |
die Verantwortung für ihre historische Niederlage und den richtigen Weg für | |
einen Neuanfang. Der Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten legte den | |
Mitgliedern des CDU-Präsidiums den Rücktritt nahe. | |
CDU-Nachwuchspolitiker:innen fordern einen „Mitglieder-Reformparteitag“, | |
der über die personelle Neuaufstellung der Partei entscheiden soll. | |
Die beiden CDU-Bundesminister:innen [1][Annegret Kramp-Karrenbauer] und | |
[2][Peter Altmaier] setzen bereits ein Signal für die personelle | |
Erneuerung, indem sie zugunsten zweier jüngerer Politiker:innen auf | |
ihre Bundestagsmandate verzichten. Der sauerländische CDU-Abgeordnete | |
Friedrich Merz äußerte scharfe Kritik am Verhalten der CSU während des | |
Wahlkampfes. | |
Merz kritisierte mit Blick auf das Verhältnis von CDU und CSU: „Das Jahr | |
2021 markiert einen Tiefpunkt unserer Zusammenarbeit und unseres Umgangs | |
miteinander.“ In seinem am Samstag verschickten Newsletter schrieb er: „Wir | |
müssen nicht alle zu jeder Zeit von jeder Entscheidung restlos überzeugt | |
sein.“ Aber so wie in den Wochen vor der Wahl gehe man in einer sich immer | |
noch „bürgerlich“ nennenden Union einfach nicht miteinander um. „Das war | |
stillos, respektlos und streckenweise rüpelhaft“, so Merz. | |
In der CSU hatte es während des Wahlkampfs immer wieder kritische Töne in | |
Richtung des Unionskanzlerkandidaten und CDU-Chefs Armin Laschet gegeben. | |
CSU-Chef Markus Söder war Laschet im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur | |
der Union unterlegen. Merz' Äußerungen dürften vor diesem Hintergrund als | |
Kritik an Söder verstanden werden, den er nicht namentlich erwähnte. | |
## Abgeordneter fordert Rücktritt des CDU-Präsidiums | |
Söder führte das schlechte Wahlergebnis am Samstag auf den unpopulären | |
Kanzlerkandidaten Laschet und eine schwache Wahlkampfstrategie zurück. „Es | |
ist einfach so: Am Ende wollten die Deutschen einen anderen | |
Kanzlerkandidaten als den, den CDU und CSU aufgestellt haben“, sagte er bei | |
der Landesversammlung der Jungen Union in Deggendorf. | |
Christian von Stetten, der eine Kanzlerkandidatur Söders unterstützt hatte, | |
kritisierte die Führung seiner Partei. „Das CDU-Präsidium kann einen | |
Kanzlerkandidaten gegen alle Umfragewerte, gegen die Schwesterpartei, gegen | |
die Bundestagsfraktion und gegen die Parteibasis durchsetzen“, sagte er der | |
Bild am Sonntag. | |
„Aber dann muss der Kandidat auch die Wahlen gewinnen und eine Regierung | |
bilden können“, so von Stetten weiter. Sonst habe „nicht nur der | |
Kanzlerkandidat, sondern das gesamte Parteipräsidium ein Akzeptanzproblem | |
und muss seine Ämter zur Verfügung stellen“. Von Stetten ist Vorsitzender | |
des Parlamentskreises Mittelstand der Fraktion. | |
## Mandatsverzicht von Altmaier und Kramp-Karrenbauer | |
„Nach einer solchen Niederlage muss es für die CDU Konsequenzen und | |
Erneuerung geben“, sagte Wirtschaftsminister Altmaier der Deutschen | |
Presse-Agentur. „Das war mir schon am Wahlabend klar. Und dass jeder bei | |
sich selbst anfangen muss.“ Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und | |
er hätten mit gutem Beispiel vorangehen wollen, „setzen aber niemand unter | |
Druck“. | |
„Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, wie viele junge und gute Kolleginnen | |
und Kollegen es wegen der Wahlpleite nicht geschafft haben“, sagte | |
Altmaier. Er „hoffe aber, dass einige von ihnen noch in den Bundestag | |
einziehen können.“ Ihre Ministerposten wollen Altmaier und die ehemalige | |
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung | |
behalten. | |
Die beiden Saarländer hatten ihre Entscheidung überraschend am Samstag | |
angekündigt. Sie machen damit den Weg frei für Nadine Schön und Markus Uhl, | |
die sonst den Wiedereinzug ins Parlament verpasst hätten und nun als | |
Nachrücker von der CDU-Landesliste zum Zug kommen. Schön, seit 2014 | |
Fraktionsvize, ist auch Vorsitzende des Netzwerks Digitalisierung der CDU. | |
Für Altmaier und Kramp-Karrenbauer gab es nach der Ankündigung ihres | |
Mandatsverzichts Anerkennung aus der eigenen und anderen Parteien. | |
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb auf Twitter, die beiden seien mit | |
ihrer Arbeit und ihrer Haltung „ein Vorbild für die junge Generation“. | |
Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) twitterte an die Adresse der | |
beiden: „Das ist echt groß.“ Die Grünen-Fraktionschefin Katrin | |
Göring-Eckardt äußerte auf Twitter „immer wieder Respekt“ davor, wie | |
Kramp-Karrenbauer sich selbst zurücknehme. „Das ist auch über Parteigrenzen | |
hinweg stilbildend.“ | |
## Rufe nach Mitgliederbeteiligung | |
Die Union war bei der Bundestagswahl auf 24,1 Prozent abgestürzt, während | |
die SPD mit 25,7 Prozent stärkste Kraft wurde. In der Wählergunst sind CDU | |
und CSU laut einer Insa-Umfrage inzwischen weiter abgerutscht. Im | |
„Sonntagstrend“ des Meinungsforschungsinstituts für die Bild am Sonntag | |
liegen CDU und CSU zusammen nun bei 20 Prozent, ein Prozentpunkt weniger | |
als in der Vorwoche. Die SPD liegt weiter bei 28 Prozent. | |
[3][Der Noch-CDU-Vorsitzende Laschet hat angekündigt], dass er den | |
Spitzengremien der Partei am Montag einen Vorschlag zur personellen | |
Neuaufstellung vorlegen will. [4][Er selbst möchte diesen Prozess | |
moderieren.] Am Sonntagnachmittag war in Magdeburg ein Treffen der | |
Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU geplant, um das Ergebnis der | |
Bundestagswahl zu analysieren. | |
Strittig ist in der CDU-Spitze, welche Rolle die Mitglieder bei einem | |
Personalwechsel spielen sollen. Eine Gruppe junger CDU-Politiker:innen um | |
JU-Chef Tilman Kuban und den Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor forderte | |
eine Beteiligung der Basis. Die CDU müsse „raus aus der alten Denke“, | |
schreiben die Nachwuchspolitiker:innen in einem Beitrag für die Welt | |
am Sonntag. | |
Die große Stärke der Partei liege in den mehr als 400.000 Mitgliedern, so | |
die Autor:innen, zu denen auch die CDU-Bundesvorstandmitglieder Wiebke | |
Winter (25) und Anna Kreye (27) zählen. „Sie müssen Ausgangs- und | |
Bezugspunkt unseres Erneuerungsprozesses sein.“ | |
Die meisten Kandidat:innen für Wahlen würden bereits problemlos durch | |
die Mitglieder aufgestellt. Insoweit wäre es „nur logisch und | |
selbstverständlich“, wenn die Parteibasis auch über die wichtigsten | |
Parteiämter entscheiden dürfte. „Mit einem Mitglieder-Reformparteitag, auf | |
dem unsere Parteibasis den inhaltlichen Kompass festlegt und neu | |
ausrichtet, wollen wir neue Wege gehen.“ Es sei nicht Aufgabe derjenigen, | |
die die aktuelle Lage zu verantworten hätten, einen neuen Vorsitzenden | |
auszuwählen. | |
10 Oct 2021 | |
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