# taz.de -- Die CDU nach dem Wahldebakel: Mehr Basis wagen | |
> Die CDU will auf einem Parteitag Vorsitz, Präsidium und Vorstand neu | |
> wählen. Viel spricht dafür, dass diesmal auch die Mitglieder befragt | |
> werden. | |
Bild: Auch sein Posten wird neu ausgeschrieben: Paul Ziemiak bei der Pressekonf… | |
BERLIN taz | Nur vier Tage, nachdem Armin Laschet seinen Rückzug vom | |
CDU-Vorsitz angekündigt hat, zeigt sich immer deutlicher, dass er das von | |
ihm angekündigte Verfahren zum Küren seiner Nachfolge nicht wird | |
durchhalten können. Zu groß ist der Druck aus der Partei, die Mitglieder an | |
der Entscheidung zu beteiligen. | |
Der Parteivorstand hat am Montag beschlossen, dass auf einer | |
Kreisvorstandssitzung Ende des Monats über eine solche Beteiligung beraten | |
werden soll – und viel spricht dafür, dass die Basis beteiligt wird. Am 2. | |
November will der Bundesvorstand „im Lichte des Ergebnisses“ das weitere | |
Verfahren festlegen. | |
Das teilte Generalsekretär Paul Ziemiak nach den Sitzungen der Gremien mit. | |
Laschet selbst kam nicht zu der Pressekonferenz. Ziemiak begründete das | |
damit, dass gewöhnlich er nach den Sitzungen die Presse informiere. | |
Die Satzung der CDU sieht die Möglichkeit einer Mitgliederbefragung vor, | |
das Ergebnis ist aber für die Gremien nicht bindend. Endgültig werden die | |
1.001 Delegierten des CDU-Parteitags über den neuen Vorsitzenden abstimmen. | |
Wann dieser Parteitag stattfinden wird, ist noch offen. Ziemiak sprach | |
davon, dass „das Zeitfenster die Jahreswende ist“. Allerdings ist eine | |
Mitgliederbefragung an gewisse Fristen gebunden. Und sie kann – wie zuletzt | |
bei der SPD – durchaus zeitintensiv sein. | |
## Die „Teamlösung“ ist entgleist | |
Auf dem Parteitag soll nicht nur der Vorsitzende neu gewählt werden, | |
sondern auch das Präsidium und der Bundesvorstand. Das hätten, so Ziemiak, | |
beide Gremien einstimmig beschlossen. Die Mitglieder werden dafür | |
zurücktreten, viele sicher aber erneut antreten. | |
Laschets ursprünglicher Plan war, in Gesprächen mit Landesvorsitzenden und | |
möglicherweise anderen Parteigliederungen die Stimmung zu erkunden und sich | |
mit jenen Kandidaten zu treffen, die ihm als Parteichef nachfolgen wollen. | |
Dann hätte man sich auf einen von ihnen geeinigt. Die anderen hätten | |
möglicherweise im Zuge einer Teamlösung versorgt werden können. | |
„Einen Weg des Konsenses“ hatte Laschet das am vergangenen Donnerstag | |
genannt, [1][als er seinen Rückzug ankündigte.] Er wolle dieses Prozess | |
moderieren. Das Ergebnis sollte dann von einem Parteitag abgesegnet werden. | |
Eine Mitgliederbefragung oder Regionalkonferenzen samt innerparteilichem | |
Wettbewerb waren dabei nicht vorgesehen. Nun wird es wahrscheinlich anders | |
kommen. | |
Denn in der Partei werden die Rufe nach einer Beteiligung der Basis lauter. | |
Die Mittelstandsvereinigung hat schon in der vergangenen Woche beschlossen, | |
eine Mitgliederbefragung zu beantragen. Auch Norbert Röttgen und Friedrich | |
Merz, zwei der möglichen Kandidaten für den Parteivorsitz, haben sich | |
bereits für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen. Insbesondere der | |
wirtschaftsliberale Merz hofft wohl darauf, sich so endlich durchsetzen zu | |
können. Zuletzt war er auf Parteitagen zweimal knapp unterlegen, zuerst | |
gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und dann gegen Laschet. | |
## Noch liegt kein Hut im Ring | |
Auch der niedersächsische Landeschef Bernd Althusmann und Sachsens | |
Ministerpräsdent Michael Kretschmer hatten sich vor der Sitzung für eine | |
Beteiligung der Mitglieder ausgesprochen. Das sei eine | |
Selbstverständlichkeit, sagte Kretschmer. Ob man das mit einem | |
Mitgliederentscheid oder auf eine andere Art und Weise mache, werde man | |
sehen. „Aber niemand soll den Eindruck erwecken, als könnte man die | |
Parteibasis beiseiteschieben.“ | |
Es gibt aber auch Stimmen in der CDU, die sich skeptisch zu einer | |
Mitgliederbefragung äußern. Als Gründe werden dafür häufig genannt, dass | |
die Basis der CDU deutlich konservativer sei als die Wähler:innen, die | |
so abgeschreckt werden könnten. Auch würde sich die Basis leichter von | |
Umfragen leiten lassen oder sei möglicherweise verführbarer. Soll heißen: | |
Die Basis könnte sich leichter [2][für einen wie Sebastian Kurz | |
entscheiden]. | |
Einer der Kritiker einer Mitgliederbefragung ist Bundestagspräsident | |
Wolfgang Schäuble, der die Gremienpartei stets verteidigt hat, auch als | |
Bollwerk gegen autoritäre Tendenzen. Schäubles Standing in der CDU | |
allerdings hat stark gelitten. Denn er war es, der Laschet als | |
Kanzlerkandidaten gemeinsam mit Volker Bouffier durchgeboxt hat. | |
Dem Vernehmen nach hat bei den Gremiensitzungen am Vormittag noch kein | |
Kandidat seinen Hut in den Ring geworfen haben. Gehandelt werden derzeit | |
neben Merz und Röttgen auch Gesundheitsminister Jens Spahn und | |
Fraktionschef Ralph Brinkhaus – und damit bislang nur Männer aus | |
Nordrhein-Westfalen. | |
11 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Laschets-Ruecktritt-auf-Raten/!5807012 | |
[2] /Erneuerung-der-Union/!5804282 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Armin Laschet | |
CDU | |
Parteivorsitz | |
Basis | |
Volker Bouffier | |
Union | |
CDU/CSU | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Sondierung | |
CDU/CSU | |
CDU | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nachfolge von Volker Bouffier in Hessen: Fünf Männer und eine Frau | |
Volker Bouffier will das Amt des Ministerpräsidenten zusammen mit der | |
Führung der Hessen-CDU abgeben. Wer rückt nach? | |
Kampagnenorganisation „TheRepublic“: Konservatismus der Angst | |
Eine neue Kampagnenplattform will sich der vermeintlichen „politischen | |
Linksdrift“ entgegenstellen – wohl mit Unterstützung von CDU-Politiker | |
Merz. | |
Deutschlandtag der Jungen Union: Schaulaufen und Selbstkritik | |
Auf dem Deutschlandtag übernimmt Laschet die Verantwortung für das | |
Wahlergebnis. Mögliche Nachfolger buhlen um die Gunst der Jungen. | |
Nachrichten zu den Sondierungen: Vorentscheidung am Freitag | |
SPD, Grüne und FDP wollen dann über Koalitionsgespräche entscheiden. | |
Polizeigewerkschafter warnen vor einer möglichen Cannabis-Legalisierung | |
durch die Ampel. | |
Ampelkoalition und Kulturkampf: Weg mit dem Diskursmüll! | |
Ist das Tempolimit ein Angriff auf die Freiheit? Mit einem Ampelbündnis | |
besteht die große Chance, dass in die Debatte über Klimaschutz mehr | |
Vernunft einzieht. | |
Erneuerung der Union: Keine AbKURZung für die CDU | |
Der Sturz von Sebastian Kurz sollte der Union eine Warnung sein. Mit einer | |
neuen Spitze allein ist es nicht getan. Es braucht ein neues Programm. | |
Turbulenzen in der Union: Altmaier und AKK machen Platz | |
In der Union rumort es nach dem Wahldebakel gewaltig. | |
CDU-Nachwuchspolitiker:innen fordern Mitgliederbefragung für den | |
personellen Neuanfang. |