Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deutschlandtag der Jungen Union: Schaulaufen und Selbstkritik
> Auf dem Deutschlandtag übernimmt Laschet die Verantwortung für das
> Wahlergebnis. Mögliche Nachfolger buhlen um die Gunst der Jungen.
Bild: Im Gegensatz zu Söder anwesend: Armin Laschet übernimmt Verantwortung a…
Münster taz | An diesem Samstag hat [1][Markus Söder] Armin Laschet einmal
wirklich unterstützt. Weil der CSU-Chef seine Teilnahme am
[2][Deutschlandtag der Jungen Union in Münster] kurzfristig absagte, zollen
die Mitglieder der Unionsnachwuchsorganisation dem gescheiterten
Kanzlerkandidaten schon allein deshalb Respekt, weil er sich der Diskussion
mit ihnen stellt. Das zeige einen „ganz starken Charakter“, lobt JU-Chef
Tilman Kuban, als Laschet unter warmem Applaus in die Münsterlandhalle
eingezogen ist. Eine Anerkennung, die auch nahelegt, was Kuban von Söders
Charakter so halten mag.
Das Ganze ist nicht nur bemerkenswert, weil die Union mit Laschet als
Kanzlerkandidaten eine dramatische Niederlage eingefahren hat, wegen der
zahlreiche Mitglieder der JU den Einzug in den Bundestag verpassten.
Sondern auch, weil die Mehrheit der JU Laschet als Kandidaten nie wollte.
Sie hatten sich für Söder ausgesprochen.
Als Laschet dann auf der Bühne der Münsterlandhalle steht, übernimmt er die
volle Verantwortung für die Wahlniederlage. „Wir haben ein bitteres
Ergebnis erzielt“, sagt er. „Nichts lässt sich schönreden. Die
Verantwortung trage ich als Vorsitzender und Kanzlerkandidat.“ Den
Wahlkampf, die Kampagne habe er zu verantworten „und sonst niemand“. Und
obwohl dies für ihn nicht leicht sein dürfte, wirkt Laschet gelöst und bei
sich, wie schon lange nicht mehr.
## Mit Handyverboten gegen Indiskretionen
In den selbstkritischen Auftritt aber mischt er [3][Kritik an den
Führungsgremien der CDU] und auch an der Schwesterpartei. „Dass man den
CDU-Bundesvorstand im Liveticker mitverfolgen konnte, war schon der Beginn
einer Schwächung im Wahlkampf“, sagt Laschet. Er habe nun in den Gremien
ein Handyverbot verhängt. Die Indiskretionen der Union bei den
Jamaika-Sondierungen kritisiert Laschet scharf, das Verhältnis zwischen CDU
und CSU beschreibt er als sehr schlecht. Söders Namen aber nennt Laschet
nicht. „Die SPD hat gezeigt, wie man trotz Gegensätzen geschlossen
Wahlkampf macht. Das war mal die Stärke der Union und das muss wieder
unsere Stärke werden.“
Er teile, so Laschet weiter, nicht die Formulierung aus der Wirtschaft, die
Friedrich Merz am Vorabend gewählt hatte, nämlich dass die Union ein
„insolvenzgefährdeter schwerer Sanierungsfall“ sei. Laschet rät der Union,
in der Opposition nicht schrill zu werden. Wenn sich die CDU richtig
aufstelle, könne sie 2022 die Landtagswahlen im Saarland, in
Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gewinnen. Dafür
bekommt Laschet Standing Ovations. „Auf einen, der am Boden liegt, soll man
ja nicht noch eintreten“, sagt unterdessen im Publikum einer der
Delegierten zu seinem Nebenmann.
## Was ist das CDU-Kernthema?
Ganz so einfach aber lässt die JU Laschet nicht davonkommen. Nach seiner
Rede fragt einer der Delegierten, was denn die drei zentralen Punkte seien,
die falsch gelaufen sind – „und wie kann man das besser machen?“ Eine
Delegierte fragt: „Die Grünen haben den Klimaschutz, was soll denn unser
Kernthema sein?“ Dazu fällt Laschet allerdings nur ein Verweis auf das
Wahlprogramm ein, das so schlecht ja nicht gewesen sei.
Die JU hat eine eigene Wahlanalyse formuliert, die später am Samstag mit
den Generalsekretären von CDU und CSU, Paul Ziemiak und Markus Blume,
diskutiert und als Antrag abgestimmt werden soll. Darin wird mit Laschet
weniger zahm umgegangen. Laschet, heißt es, „konnte als Kandidat die
Menschen nicht so erreichen, wie es von vielen erhofft wurde“. Doch anders,
als es manche versuchen, lädt die JU nicht alle Schuld bei dem
gescheiterten Kanzlerkandidaten ab. „Eine solche Kandidatur ist aber keine
One-Man-Show. Weder im Sieg noch in der Niederlage.“
## Die Jungen wollen einen „Unionsrat“
Die Parteispitze, Söder, das Konrad-Adenauer-Haus – die Kritik der JU ist
breit gestreut. Einer der weitreichendsten Fehler sei gewesen, den
Kanzlerkandidaten zu spät und ohne Beteiligung der Basis zu benennen.
Deshalb fordert die JU nun eine Mitgliederbefragung in Sachen
Parteivorsitz. Auch will sie einen „Unionsrat“ einführen, der künftig unt…
anderem das Verfahren klären soll, wie der Kanzlerkandidat bestimmt werden
soll.
Überraschend verlief am Vorabend der Auftritt von Friedrich Merz, der erste
von mehreren möglichen Kandidaten für den Parteivorsitz, die dem
Deutschlandtag einen Besuch abstatteten. Merz hatte seine Partei
aufgefordert, nicht Personalfragen in den Mittelpunkt zu stellen, sondern
die inhaltliche Aufstellung.
„Wir sollten uns ausschließlich mit der Frage beschäftigen, wie kommen wir
da wieder raus?“, sagte Merz. Dann sprang er von Thema zu Thema, vom
Muezzin-Ruf in Köln über das Rentensystem bis zu Dekarbonisierung – doch
all das zündete nicht richtig bei seinen Zuhörer:innen.
## Merz not amused
Im Saal wurde fleißig gequatscht, auch kursierten die ersten Bierflaschen,
wie Merz spitz bemerkte. Bei den Nachfragen dankte ein Delegierter aus
Bayern für die „Problembeschreibung“. Was aber denn nun die
Lösungsvorschläge seien. Da zeigte sich Merz gar nicht amüsiert.
Schließlich sei er doch einer, der an diesen Fragen intensiv gearbeitet
habe.
Dazu passt, was JU-Chef Kuban am Samstagnachmittag andeutet: Dass die
Nachwuchsorganisation Merz nicht als künftigen CDU-Chef sieht. „Friedrich
Merz ist ein kluger Kopf, der sicherlich auch als Berater und als
Unterstützer mit dabei sein kann“, sagt Kuban in einem Interview mit
RTL/ntv. „Wir brauchen vor allem mehr junge, frische und unverbrauchte
Köpfe in der Parteispitze.“
Deutlich mehr rockt am Samstagmittag Gesundheitsminister Jens Spahn den
Saal, der als zweiter der möglichen Kandidaten spricht. „Es war ein
beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch. Da gibt es nichts
drumherum zu reden“, sagt er. Aber Spahn gibt sich auch kämpferisch: „Die
CDU ist nicht erledigt.“ Die Partei müsse die Zerrissenheit überwinden und
Debatten führen. „‚Das ist alternativlos‘, will ich auf einem Parteitag …
wieder hören.“
## Spahn rockt, aber nur ein bisschen
Klarer als andere benennt Spahn Leitsätze, die weiterhin für die CDU gelten
würden, die man nun aber neu mit Inhalt füllen müsse. „Wer arbeitet, soll
mehr haben“ sei so ein Satz. „Erwirtschaften kommt vor dem Verteilen“ ein
anderer. Oder: „Die Familie ist der Kern der Gesellschaft.“ Und dass
„Vielfalt nationale Einheit braucht.“ Auch ruft Spahn zu Teamgeist statt
„Schaulaufen“ auf. „Es geht hier doch nicht um Armin, Friedrich, Jens,
Ralph oder wen auch immer“, ruft er unter großem Beifall in der Halle. „Die
Union ist größer als jeder von uns.“
Doch genau das geschieht hier natürlich an diesem Wochenende: ein
[4][Schaulaufen für den Parteivorsitz]. „Ich habe Lust darauf, diese neue
CDU zu gestalten“, sagt Spahn. Der Chef der Mittelstandvereinigung Carsten
Linnemann und Fraktionschef Ralph Brinkhaus, auch sie mögliche Kandidaten
für den Parteivorsitz, werden als Redner noch erwartet. Norbert Röttgen
soll im Saal gesichtet worden sein.
16 Oct 2021
## LINKS
[1] /CSU-emanzipiert-sich-vom-Parteichef/!5804431
[2] /Deutschlandtag-der-Jungen-Union/!5808229
[3] /Die-CDU-nach-dem-Wahldebakel/!5804430
[4] /Mangelnde-Diversity-bei-CDU-und-CSU/!5801558
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
CDU/CSU
Junge Union
Armin Laschet
Jens Spahn
Friedrich Merz
Tilman Kuban
Friedrich Merz
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
CDU/CSU
Paul Ziemiak
Tilman Kuban
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neuaufstellung der CDU: Konservative Basisdemokratie
Die CDU-Mitglieder wählen ihren nächsten Chef. Eine Frau wird es kaum
werden. Die Partei braucht eine Modernisierung und mehr Junge vorn.
Armin Laschet gibt Amt auf: Kleinere Brötchen
Armin Laschet will am Montag seinen Rücktritt als Ministerpräsident von NRW
einreichen. Er wird CDU-Bundestagsabgeordneter.
Deutschlandtag der Jungen Union: Großes Schaulaufen
Beim Deutschlandtag der Jungen Union betreten vier mögliche
Laschet-Nachfolger die Bühne. Zwei stechen besonders hervor.
Deutschlandtag der Jungen Union: Aufarbeitung, erster Versuch
Die Generalsekretäre von CDU und CSU stellen sich der Kritik. Während
Ziemiak abwiegelt, tropft an Blume alles ab. Das zeigt, wie tief der Spalt
ist.
Deutschlandtag der Jungen Union: Parteinachwuchs auf Zukunftssuche
Die Junge Union will in Münster ein Aufbruchssignal senden. Zudem steht ein
Schaulaufen möglicher Kandidaten für den CDU-Vorsitz an.
Die CDU nach dem Wahldebakel: Mehr Basis wagen
Die CDU will auf einem Parteitag Vorsitz, Präsidium und Vorstand neu
wählen. Viel spricht dafür, dass diesmal auch die Mitglieder befragt
werden.
CSU emanzipiert sich vom Parteichef: Bloß nicht zur Liste Söder werden
Bayerns Junge Union probt das Revolutiönchen. Dabei offenbart diese viel
über das Verhältnis zwischen dem CSU-Chef und seinen Fans.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.