# taz.de -- Laschets Rücktritt auf Raten: Ring frei bei der Union | |
> Konsensuale Lösung? Eher nicht. Nach Laschets verschwurbelter Ankündigung | |
> droht der CDU ein offener Machtkampf. Und eine extrem schwierige Zeit. | |
Bild: Für den Abtritt noch nicht bereit: CDU-Chef Armin Laschet nach seiner Re… | |
Armin Laschet hat am Donnerstagabend die Chance verpasst, klar seinen | |
Rücktritt vom Parteivorsitz anzukündigen und damit unmissverständlich den | |
Weg für eine Neuaufstellung der CDU frei zu machen. Dabei wäre das | |
überfällig. Stattdessen ist es ein [1][Rückzug auf Raten], den Laschet in | |
verschwurbelten Sätzen formuliert. Seine Nachfolge will er selbst | |
moderieren, im Konsens lösen und – sich selbst ein Hintertürchen offen | |
lassen. | |
Zwei Dinge will er damit wohl gleichzeitig bewerkstelligen: seiner Partei, | |
die zwischen Wut und Entsetzen schwankt, die Möglichkeit geben, etwas Druck | |
abzulassen. Und Zeit für das eigene politische Überleben gewinnen. Um in | |
dem unwahrscheinlichen Fall, dass es doch zu [2][Jamaika-Verhandlungen] | |
kommt, die Chance auf das Kanzleramt noch nicht ganz zu verspielen. Denn | |
nur der Einzug dort kann Laschets politische Karriere noch retten. Das aber | |
ist wirklich schwer vorstellbar. | |
Dass der Noch-CDU-Chef mit seiner Strategie durchkommt, ist ohnehin höchst | |
unwahrscheinlich. Zwar ist es Laschet auf Landesebene [3][in NRW gerade | |
geglückt], seine Nachfolge selbst zu regeln. Im Bund aber ist seine | |
Position deutlich schwächer als in NRW, auch weil er hier eine solche | |
Zusammenarbeit weder vorbereiten noch Vertrauen für sich wird schaffen | |
können. | |
Zudem ist nicht zu erwarten, dass einer der bislang bekannten mutmaßlichen | |
Kandidaten – Jens Spahn, Friedrich Merz, Norbert Röttgen und möglicherweise | |
auch Ralph Brinkhaus – klein beigibt. Bislang halten sich diese gegenseitig | |
in Schach. Keiner der vier ist stark genug, um als natürlicher Nachfolger | |
zu gelten, aber auch keiner ist so schwach, dass er das Feld freiwillig | |
räumen wird. Und einen ausgewiesenen Willen zur Macht haben alle. | |
Zudem fällt jetzt ein Faktor weg, der bislang disziplinierte: Wer | |
Ambitionen anmelden will, muss Laschet nicht mehr aus dem Weg räumen. Viel | |
spricht dafür, dass jetzt ein Machtkampf auf offener Bühne ausbricht. Dabei | |
haben die möglichen Kandidaten durchaus unterschiedliche Vorstellungen für | |
die Zukunft der CDU: Merz setzt auf das Wirtschaftsliberale mit einer | |
großen Portion rückwärtsgewandtem Konservatismus. | |
## Machtkampf auf offener Bühne | |
[4][Röttgen] dagegen will die CDU liberaler und auch grünenkompatibler | |
aufstellen, und er will sie weiblicher machen, was mehr als überfällig ist. | |
Das mag sympathisch klingen, fraglich aber ist, ob sich die CDU damit in | |
der Opposition, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach landen wird, behaupten | |
kann. Und Spahn? Der Gesundheitsminister steht für einen konservativen Kurs | |
gepaart mit Modernität. | |
Und er ist der einzige der Genannten, der überhaupt den dringend | |
notwendigen Generationswechsel in der Partei verkörpern könnte. Vielleicht | |
aber gibt es ja auch noch den einen oder die andere | |
Überraschungskandidat:in. In Laschets Vorschlag, den Übergang moderieren zu | |
wollen, steckt noch ein anderes Problem: Seine konsensuale Lösung klingt | |
zwar gut und mag Wünsche von vielen einsammeln, letztlich aber läuft sie | |
auf eine Entscheidung in kleiner Runde hinaus. | |
Es ist aber gerade das, was viele in der Basis gar nicht mehr wollen – und | |
was zudem im Falle Laschets spektakulär gescheitert ist. Auch dieser Streit | |
steht der CDU jetzt bevor: Wie viel Mitspracherecht sollen die Mitglieder | |
bei der Neuaufstellung der Partei haben? Und wie viel Macht behalten die | |
Parteigremien? Dabei geht es um mehr als die Entscheidung um den künftigen | |
Parteivorsitz. Es geht um die Frage, was für eine Partei die CDU künftig | |
sein will. | |
Laschet ist nach zehn Monaten als Parteichef gescheitert, er hat der CDU | |
das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten beschert. Viel spricht dafür, | |
dass es so schnell nicht besser wird. Denn nach 16 Jahren Kanzlerschaft von | |
Angela Merkel muss sich die CDU ganz grundsätzlich neu aufstellen – und | |
zwar nicht nur beim Personal. | |
8 Oct 2021 | |
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[4] /Kandidaten-fuer-den-CDU-Parteivorsitz/!5739128 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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