# taz.de -- Deutsche Bahn will besser werden: Immerhin der Presse-Zug ist pünk… | |
> Es soll mehr Züge, mehr Personal und mehr Investitionen geben. Aber den | |
> Preiskampf mit den Billigfliegern will Vorstandschef Lutz nicht | |
> aufnehmen. | |
Bild: Posieren vor dem neuen ICE 4: Bundesverkehrsminister Scheuer (CSU) und Ba… | |
BERLIN taz | Der ICE 4 an Gleis 8 im Bahnhof Berlin-Gesundbrunnen sieht | |
aus, als wäre er ein Wahlkampfzug der Grünen. Sonderfahrt „Das ist grün“ | |
steht auf den Displays der Waggons, die einen hellgrünen Querstreifen | |
tragen. Eine weibliche Stimme meldet über den Lautsprecher eine Verspätung | |
von 140 Minuten für den Zug aus München, aber das betrifft nicht den ICE an | |
Gleis 8. Der wird pünktlich abfahren und ankommen. | |
Die Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium haben an diesem | |
Dienstagnachmittag JournalistInnen eingeladen, um über den wachsenden | |
Ökostrom-Anteil bei der Bahn zu informieren. Für die Züge soll er von jetzt | |
53 Prozent auf 80 Prozent im Jahr 2030 steigen. Bahnchef Richard Lutz und | |
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) informieren über die Pläne bei | |
der „rollenden Pressekonferenz“, bei der der Zug eine Runde über den | |
Berliner Außenring fährt. Das haben sich die PR-Füchse in Konzern und | |
Ministerium wohl ausgedacht, damit die Bahn zur Abwechselung mal gute | |
Schlagzeilen bekommt. Zur Einstimmung der zweitägigen Klausurtagung des | |
Aufsichtsrats, die an diesem Donnerstag beginnt, kann das nicht schaden. | |
Der Vorstand will einen Plan absegnen lassen, wie die Bahn bis 2023 besser | |
werden soll: mehr Züge, mehr Leute, mehr Investitionen. 5 Milliarden Euro | |
will Bahnchef Lutz dafür von der Bundesregierung. | |
In Wagen 1 sind die Plätze 64 und 63 gegenüber dem Gepäckständer für den | |
Minister und den Bahnchef reserviert. Die Gepäckständer bieten in den neuen | |
ICE 4 mehr Platz, die Sitze sind etwas enger. Bis zum Jahresende sollen 25 | |
Züge der neuen Modellreihe im Einsatz sein. | |
Die Bahn hat [1][für die nächsten Jahre etliche neue Züge bestellt], der | |
ICE 2 soll als Doppelstockzug auf die Schiene kommen. „Wir brauchen mehr | |
Kapazitäten im Zug“, sagt Lutz. Er ist ein völlig anderer Managertyp als | |
sein bärbeißiger Vorvorgänger Hartmut Mehdorn, der mit seinem harten | |
Kürzungskurs und dem Blick auf den schließlich abgesagten Börsengang die | |
Bahn heruntergewirtschaftet hat. | |
## Hohe Preise bleiben | |
Scheuer und Lutz setzten sich nicht auf die reservierten Plätze, sondern | |
geben vor dem Gepäckfach stehend ihre Statements ab. Minister und Bahnchef | |
wissen um die große Unzufriedenheit mit der Bahn im Personen- und im | |
Güterverkehr, den [2][Verspätungen, Zugausfällen, überfüllten Zügen, | |
schlechtem Service, fehlenden Kapazitäten]. Sie versuchen nicht, das zu | |
beschönigen. Von „Wachstumsschmerz“ spricht Lutz angesichts der stetig | |
wachsenden Fahrgastzahlen und den Problemen. „Wir brauchen auf der Schiene | |
einen Wow-Effekt und keinen Oh-No-Effekt“, sagt Scheuer. | |
Um besser zu werden, will die Bahn mehr als 20.000 Leute einstellen. | |
Zurzeit beschäftigt sie in Deutschland knapp 198.000. „Mir ist ein | |
Mitarbeiter zu viel lieber als einer zu wenig“, sagt Lutz. Ein zentrales | |
Problem wird die Bahn aber nicht angehen: die im Vergleich zum Fliegen viel | |
zu hohen Preise. Lutz sieht keinen Anlass zu einer anderen Preispolitik – | |
die Fahrgastzahlen steigen ja. Aber: Auch die Flughäfen verbuchen | |
Rekordzuwächse an Passagieren. | |
## Neue Ehrlichkeit | |
Doch davon abgesehen: An diesem Spätnachmittag hat Lutz das demonstriert, | |
was der Bahnexperte [3][des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland] Philipp | |
Kosok die „neue Ehrlichkeit des Vorstands“ nennt. „Lutz benennt die | |
Probleme“, sagt Kosok. „Er setzt die richtigen Signale.“ Ob der | |
Verkehrsminister die hört, sei aber nicht sicher. | |
Den Grünen sind die Pläne der Bahn nicht ehrgeizig genug – sowohl beim | |
Strom als auch beim Angebot. Ab 2030 könnte die Bahn durchaus bereits mit | |
100 Prozent Ökostrom fahren statt mit nur 80 Prozent, findet der | |
Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter. „Es ist ein großer Fehler, dass der | |
Bund als 100-prozentiger Eigentümer der Bahn sich überhaupt nicht | |
einmischt“, sagt er. „Wir brauchen eine Verkehrswende, deren Herzstück die | |
Bahn ist.“ | |
Dazu müssten unter anderem Verbindungen und Anschlüsse besser und mehr Züge | |
angeschafft werden. Außerdem sollte die Deutsche Bahn Nachtzüge wieder | |
einführen und die Waggons arbeitsplatztauglich machen. „Es muss viel mehr | |
investiert werden“, fordert Hofreiter. In Deutschland sieht der | |
Staatshaushalt jedoch nur 50 bis 60 Euro pro BürgerIn für die Bahn vor, in | |
Österreich sind es über 200 Euro und in der Schweiz über 300 Euro. | |
22 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Preispolitik-der-Bahn/!5505874/ | |
[2] /Die-Deutsche-Bahn-und-die-Mobilitaetskrise/!5538042/ | |
[3] https://www.vcd.org/startseite/ | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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