# taz.de -- Gastkommentar Verkehrspolitik: Schluss mit Auto first | |
> Der Autoverkehr soll fließen – das war die Verkehrspolitik vergangener | |
> Jahrzehnte. Schluss damit! Die Verletzlichsten müssen im Fokus stehen. | |
Bild: Menschen und nicht mehr Maschinen sollten im Mittelpunkt der Verkehrspoli… | |
Müssen ältere Menschen trainieren, um schneller über die Straße zu kommen? | |
Natürlich nicht, verteidigte sich Verkehrsminister Andreas Scheuer jüngst | |
in einem Video mit dem Hashtag #MissverständnisDerWoche. | |
Was war passiert? Im Unfallverhütungsbericht aus seinem Ministerium findet | |
sich folgende Empfehlung: „Für ältere Fußgänger/innen werden Maßnahmen | |
angeraten, die vor allem die physischen Voraussetzungen für sicheres Queren | |
trainieren.“ | |
Im Kontext der Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte ist dieser | |
Vorschlag einfach nur: konsequent. Ziel dieser Politik: Der Autoverkehr | |
soll möglichst schnell fließen. Tausende Verkehrstote, Umweltverschmutzung, | |
Klimaschäden, Gesundheitsrisiken werden dafür in Kauf genommen. Autos | |
first. | |
Fußgänger*innen bekommen den Platz, der übrig bleibt. Fußwege sind die | |
kleinen Wegstücke von einer Kreuzung bis zur nächsten. Wer über die Straße | |
muss, der gefährdet die eigene Gesundheit. In der Logik „Auto first“ ist | |
der folgende Gedanke zur Verbesserung der Sicherheit ganz natürlich: Wer | |
schneller quert, ist kürzer im Risiko. | |
Natürlich ist diese Empfehlung zynisch. Während die Unfallzahlen insgesamt | |
sinken, ist die Zahl der Unfälle mit Gehenden und Radfahrenden in Städten | |
weiter hoch. Wer zu schnellerem Queren rät, gibt den Opfern die Schuld. | |
Verkehrspolitik muss an den Stärksten ausgerichtet sein? Mitnichten, sie | |
muss die Verletzlichsten im Fokus haben. [1][Dafür müssen | |
Straßenverkehrsgesetze neu geschrieben], [2][Geld und Platz anders verteilt | |
werden]. Erst wenn Menschen, nicht mehr Maschinen, im Mittelpunkt der | |
Verkehrspolitik stehen, können wir sicher vor die Haustür treten. Die Zeit | |
dafür ist längst reif. | |
Größter Bremsklotz ist dabei das Verkehrsministerium. Wenn Scheuer sich | |
weiterhin der Verkehrswende verweigert, ignoriert er nicht „nur“ Klima- und | |
Umweltschutz. Er verweigert uns allen gesunde und sichere Mobilität. Die | |
Empfehlung im Bericht lässt sich als Missverständnis darstellen. Die | |
Grundhaltung dahinter aber bleibt. | |
15 Nov 2018 | |
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[1] /Strenge-Regeln-fuer-Spaniens-Autofahrer/!5543586 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Gelbhaar | |
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Joachim Lohse | |
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