| # taz.de -- Christopher Street Day in Berlin: Polizeigewalt gegen den Internati… | |
| > Parallel zur großen CSD-Demo ziehen am Samstag 10.000 | |
| > palästinasolidarische Demonstrant:innen durch Berlin. Die Polizei | |
| > beendet die Demo gewaltsam. | |
| Bild: Bei vielen Verhaftungen hat die Polizei Schmerzgriffe angewendet | |
| Berlin taz | Auf den ersten Blick wirkt die Szenerie wie das bekannte | |
| Katz-und-Maus-Spiel. Am Samstagabend löst die Polizei am Kottbusser Tor die | |
| „Internationalist Queer Pride“ auf, eine palästinasolidarische | |
| Demonstration, die eine antikapitalistische und antikoloniale Alternative | |
| [1][zum offiziellen CSD] sein will. „Schämt euch, schämt euch“-Sprechchö… | |
| hallen über den Kotti, während Protestierende abgeführt werden. | |
| Doch beim genaueren Hinsehen findet hier keine Straßenschlacht statt, | |
| sondern eine recht einseitige Auseinandersetzung. Als die Polizei die Demo | |
| für aufgelöst erklärt, rufen die Organisator:innen dazu auf, den | |
| Platz zu verlassen. Doch da hat die Polizei schon begonnen, immer wieder | |
| prügelnd in die Blöcke zu gehen, um Demonstrierende zu verhaften. Die | |
| verbleibenden Protestierer:innen behaupten ihren Platz auf der Straße – | |
| bleiben im Allgemeinen aber friedlich. Über eine Stunde geht das so. | |
| Die Verhaftungen sind dabei hart und wirken teils willkürlich. Mehrfach | |
| werden Senior:innen im Rentenalter verhaftet. Wie bei fast allen | |
| Verhaftungen wendet die Polizei auch bei ihnen Schmerzgriffe an. Dabei | |
| greifen Polizist:innen ins Gesicht der Protestierenden und drücken zum | |
| Beispiel den Nasenknochen hoch, sodass starke Schmerzen entstehen. In der | |
| Reichenberger Straße errichtet die Polizei eine Station zur | |
| Identitätsfeststellung, wo Hunde die Verhafteten anbellen, die hier hin | |
| gebracht werden. | |
| ## „From the river to the sea“-Rufe | |
| Der taz teilte ein Polizeisprecher mit, insgesamt seien 57 Menschen | |
| verhaftet worden. Aus dem Protest heraus wären Beamte mit Flaschen und | |
| Fahnenstangen attackiert worden. Von 17 verletzten Polizist:innen habe | |
| eine:r den Dienst nicht fortsetzen können. | |
| Auch weiterhin sei ein Grund für Verhaftungen der Ausruf „From the river to | |
| the sea“, sagte der Polizeisprecher. Die Polizei bewertet den Ausruf | |
| demnach immer noch als Kennzeichen terroristischer Organisationen. Das | |
| Amtsgericht Tiergarten dagegen hatte erst kürzlich unter Verweis auf ein | |
| eigenes Gutachten des Berliner LKA anders entschieden. [2][Laut | |
| LKA-Gutachten ist dieser Spruch kein eindeutiges Kennzeichen der Hamas]. | |
| Trotzdem führt die Polizei diesen Ausruf weiter als einen der Gründe an, | |
| warum die Demonstration aufgelöst wurde. | |
| ## Queere Solidarität mit Gaza | |
| Gestartet war die Demo gegen 17:30 Uhr am Südstern, Ziel der Demoroute war | |
| der Oranienplatz. Laut Polizei nahmen bis zu 10.000 Menschen teil. | |
| Regenbogenflaggen und kinky Outfits prägen das Bild, inhaltlich gleicht der | |
| Protest einer regulären Palästina-Demo. Nur vereinzelt drehen sich die | |
| Reden bei der Auftaktkundgebung am Südstern auch um andere Themen, etwa um | |
| die Situation des:der nonbinären Antifaschist:in Maja T. in | |
| ungarischer Haft. | |
| „Natürlich gibt es queere Menschen in Gaza!“, heißt es in einem | |
| Redebeitrag. Doch wie alle Palästinenser:innen würden sie jeden Tag | |
| von der israelischen Armee bombardiert und ausgehungert. Kritisiert wird | |
| ein „Pinkwashing“ Israels: Dass noch der Genozid an queeren | |
| Palästinenser:innen mit ihrer Befreiung von der Hamas gerechtfertigt | |
| würde. „Schon, dass unsere queeren Geschwister in Gaza leben und überleben, | |
| ist ein Akt des Widerstands“, ruft eine Rednerin. | |
| Ansonsten wird alles gerufen, was es so an antiisraelischen Sprechchören | |
| gibt: von „Yallah Intifada“ bis „There is only one state, Palestine '48�… | |
| Präsent waren auch jüdisch-antizionistische Gruppen, die Schilder | |
| hochhalten, auf denen etwa „Jews against Genocide“ zu lesen ist. Immer | |
| wieder stoppt die Polizei den Protest. Wiederholt kommt es zu Scharmützeln, | |
| bei denen aus den Blöcken rote Farbbeutel in Richtung Polizei fliegen. | |
| ## Malmende Kiefer und fliegende Fäuse | |
| Auffallend ist, wie agitiert viele der Beamt:innen von Beginn an | |
| auftreten. Manche haben malmende Kiefer und große Pupillen, ihre Ärmel sind | |
| hochgekrempelt, sie tragen verstärkte Handschuhe. Ihr Tonfall ist bellend, | |
| wenn sie sich bewegen, schubsen sie alles weg, was ihnen im Weg erscheint. | |
| Wie die Polizei hier agiert, macht eine Szene am Kottbusser Tor deutlich: | |
| Eine Gruppe sitzt auf dem Gehsteig um eine junge Frau herum, die sich ein | |
| Kühlpack an den Kopf hält. Sie habe eine Gehirnerschütterung, erzählen ihre | |
| Freunde. Da kommt schon ein Beamter an und befiehlt, die Gruppe soll die | |
| Straße freimachen. Die Jugendlichen versuchen noch, auf die Verletzung | |
| hinzuweisen – doch der Polizist hat schon begonnen, sie wegzuschubsen. | |
| Sofort eilt ein Trupp Kolleg:innen zur Unterstützung herbei. Die Gruppe | |
| kann nur noch versuchen, ihre verletzte Freundin abzuschirmen. „Wenn ‚se | |
| verletzt is‘, soll 'se doch 'nen Sanni rufen“, pöbelt der Polizist, währe… | |
| seine Kolleg:innen die jungen Leute schon auf den Bürgersteig schleifen. | |
| Und kurz darauf, obwohl die verletzte junge Frau während der ganzen Szene | |
| still bleibt: „Wer so brüllen kann, der kann auch laufen!“. Letztlich muss | |
| die Gruppe ihre Freundin stützend in Sicherheit bringen. | |
| Die Palästina-Bewegung hat über das ganze CSD-Wochenende versucht, mit | |
| Protesten auf Israels Hungerblockade in Gaza aufmerksam zu machen. Schon am | |
| Freitagabend sind nach Polizeiangaben 4.500 Menschen beim Community Dyke* | |
| March durch Berlin gezogen. Hier blieb die Situation überwiegend friedlich. | |
| Bereits am Donnerstag hatten einige Hundert Menschen den Checkpoint Charlie | |
| in Mitte besetzt. Dabei wurden zahlreiche Menschen verhaftet. | |
| 27 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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