# taz.de -- Prozess gegen Palästina-Aktivistin: From the River to the Freispru… | |
> Die Palästina-Aktivistin Yasemin Acar wird wegen der umstrittenen Parole | |
> freigesprochen. Doch für eine Reihe anderer Delikte wird sie verurteilt. | |
Bild: Yasemin Acar auf einer Kundgebung in Wien | |
Berlin taz | Vor dem Kriminalgericht Moabit sammeln sich am Mittwochmorgen | |
etwa zwei Dutzend Menschen, um die propalästinensische Aktivistin Yasemin | |
Acar bei ihrem bevorstehenden Gerichtsprozess zu begleiten. Sie steht an | |
diesem Tag gleich aufgrund mehrerer Vorwürfe im Zusammenhang mit | |
[1][Palästina-Protesten] vor Gericht. | |
„Wir sind Migrant*innen, Queers und auch Jüd*innen – und die Polizei | |
prügelt jedes Wochenende auf uns ein“, sagt eine der auf den Einlass | |
wartende Unterstützer:innen zur taz. | |
Yasemin Acar ist eine der bekanntesten Figuren der Bewegung in Berlin, der | |
immer wieder vorgeworfen wird, israelfeindliche Positionen einzunehmen. Im | |
vergangenen Monat [2][segelte sie mit Greta Thunberg und anderen auf der | |
„Madleen“ nach Gaza], bevor sie von der israelischen Marine gestoppt | |
wurden. | |
Vorgeworfen wird ihr, Widerstand bei Festnahmen geleistet zu haben; zudem | |
habe sie die Polizei durch die Aussage, sie wären nur auf Demos, um Frauen | |
und Kinder zu schlagen, verleumdet. Außerdem soll sie einen Polizeibeamten | |
mit einem Regenschirm beworfen haben. | |
## Streit um Parole | |
Im Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten wird jedoch vor allem der Vorwurf | |
diskutiert, sie habe durch das Verwenden der Parole „From the river to the | |
sea, Palestine will be free“ ein Kennzeichen terroristischer Organisationen | |
verwendet. Der Staatsanwalt argumentiert, dass die Parole mit der Hamas in | |
Verbindung stehe, und fordert eine entsprechende Bestrafung. | |
Die Angeklagte prangert in ihrer Einlassung das israelische Vorgehen in | |
Gaza und die deutschen Waffenlieferungen an. Sie macht deutlich, dass sie | |
den Prozess gegen sie als Repression einer migrantischen Stimme versteht, | |
die sich gegen Ungerechtigkeit und Menschenrechtsverbrechen erhebt. | |
Auch ihr Strafverteidiger äußert sich zum weiteren politischen Kontext. Der | |
Antisemitismus-Vorwurf sei in Deutschland zu Recht ein schwerwiegender, der | |
jedoch als Diffamierungsinstrument gegen seine Mandantin angewendet würde. | |
Vor dem Hintergrund der Kriegsverbrechen in Gaza sei die andauernde | |
Diskussion über bestimmte Parolen der Palästina-Bewegung zynisch. Zudem | |
kritisiert er staatliche Eingriffe in die Grundrechte: „In Neukölln war das | |
Versammlungsrecht wochenlang suspendiert.“ | |
Nach einer etwa dreistündigen Verhandlung wird Yasemin Acar wegen | |
Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichen Angriffs und Verleumdung | |
zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt. Doch vom Vorwurf, eine | |
strafbare Parole verwendet zu haben, wird sie freigesprochen. Der Richter | |
bezieht sich in seiner Urteilsbegründung auf einen Beschluss des Berliner | |
Landgerichts vom April 2025, demzufolge der Spruch aus einer | |
„internationalen und heterogenen Protestbewegung“ hervorgehe und sich somit | |
nicht eindeutig als antisemitisch oder als mit der Hamas verbunden auslegen | |
lasse. | |
Diese Auslegung deckt sich auch mit einem Gutachten des Berliner | |
Landeskriminalamts, dem zufolge berücksichtigt werden müsse, dass die | |
Parole ursprünglich für einen „multiethnischen, säkularen Staat auf dem | |
ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina“ gestanden habe. | |
Nach dem Urteilsspruch schließt sich Acar den Protestierenden an, die schon | |
während der Verhandlung eine im Saal hörbare Kundgebung vor dem Gebäude | |
abhielten. An ihre Unterstützer:innen gewandt sagt sie: „Wenn jemand | |
mit einem arabischen Namen die Stimme erhebt, dann schlägt der Staat zu – | |
doch unser Widerstand ist stärker als jede Repression.“ | |
Im weiteren Verlauf der Kundgebung drängen in regelmäßigen Abständen | |
Polizisten in die versammelte Menge und nehmen einzelne | |
Teilnehmer*innen fest. Laut einer Rednerin erfolgten die Festnahmen | |
ebenfalls wegen des Verwendens der Parole „From the river to the sea“. Die | |
nächsten Strafverfahren aufgrund desselben Vorwurfes könnten also bereits | |
bevorstehen. | |
30 Jul 2025 | |
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[1] /Palaestina-Solidaritaet-in-Berlin/!6099452 | |
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## AUTOREN | |
Anselm Mathieu | |
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