# taz.de -- „Global Sumud Flotilla“ für Gaza: Boote gegen Blockade | |
> Die Boote der „Global Sumud Flotilla“ wollen nach einem Stopp in Tunesien | |
> weiter Richtung Gazastreifen. An Bord sind auch parlamentarische | |
> Abgeordnete. | |
Bild: Mit palästinensischen Fahnen Richtung Gazastreifen: Ein Boot der Flotill… | |
Bologna taz | Der erste Konvoi mit Dutzenden Booten der „Gobal Sumud | |
Flotilla“ ist am Sonntag vor der tunesischen Kapitale Tunis angekommen. Wie | |
der katarische Sender Al Jazeera berichtet, sollen sie dort nun zwei Tage | |
ankern, Vorräte auffüllen und schließlich am 10. September in Richtung | |
Gazastreifen aufbrechen. Theoretisch wollen sie dort Hilfsgüter an die | |
Bevölkerung verteilen und mit ihrer Aktion Aufmerksamkeit für die Lage im | |
Gazastreifen schaffen. | |
Die Boote waren schon eine Weile unterwegs: Ein Teil hatte vor etwa einer | |
Woche aus dem spanischen Barcelona abgelegt. Auch Schiffe aus Italien sind | |
Teil der Flotilla. Vier von ihnen hatten am letzten Augustwochenende aus | |
der italienischen Hafenstadt Genua abgelegt. | |
Begleitet wurden sie damals von einem Protestzug von fast 40.000 Menschen. | |
Bei der Demonstration fand Riccardo Rudino, Hafenarbeiter und Sprecher der | |
Gewerkschaft USB, klare Worte. „Ich will, dass das allen klar ist: Mitte | |
September werden diese Boote die Küste von Gaza erreichen. Wenn wir auch | |
nur zwanzig Minuten lang den Kontakt zu unseren Booten, zu unseren | |
Kameradinnen und Kameraden verlieren, blockieren wir ganz Europa“, rief er | |
ins Mikrofon. „Aus dieser Region werden jährlich 13 bis 14 Tausend | |
Container nach Israel verschickt, es wird kein einziger Nagel mehr | |
rausgehen.“ Der Clip ging in kürzester Zeit auf Social Media viral, das | |
Originalvideo auf Tiktok hat über 60.000 Likes gesammelt und wurde Tausende | |
Male geteilt. | |
Wenige Tage später ereignete sich eine ähnliche Szene in Catania in | |
Sizilien. An der Insel machten einige der Flotilla-Boote einen | |
Zwischenstopp. Auf der Bühne stand diesmal José Nivoi von der unabhängigen | |
Hafenarbeiterorganisation CALP, die immer wieder Waffenlieferungen | |
blockiert. Er sagte: „Wir arbeiten mit Griechen, Franzosen, Schweden, | |
Slowenen und den Hafenarbeitern von Tanger (in Marokko, Anm. d. Red.) | |
zusammen, um sicherzustellen, dass wir Europa komplett blockieren, wenn sie | |
auch nur einen Finger gegen die Global Sumud Flotilla rühren.“ | |
## Wieder dabei ist auch Greta Thunberg | |
Diese Befürchtung liegt nahe: Ähnliche, wenn auch kleinere Missionen hatte | |
Israel stets aufgehalten. Im Juni wurden Greta Thunberg und ihre | |
Mitstreiter:innen der „Gaza Freedom Flotilla“ bei dem Versuch | |
verhaftet, Gaza auf dem Seeweg zu erreichen. 2010 wurden zehn | |
Aktivist:innen auf der „Mavi Marmara“ vom israelischen Militär getötet, | |
als es das Schiff, das Hilfsgüter nach Gaza bringen sollte, enterte. | |
Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die | |
besetzten palästinensischen Gebiete, erklärte, dass jeder Versuch, die | |
Flotte aufzuhalten, einer Verletzung des Seerechtsübereinkommens | |
gleichkommen könne. Schiffe, die in internationalen Gewässern unterwegs | |
sind, unterliegen allein dem Recht des Landes, dessen Flagge sie führen. | |
Schutz erhofft sich die Global Sumud Flotilla auch durch Sichtbarkeit: Es | |
sind viele bekannte Gesichter dabei, etwa die früher vor allem als | |
Klimaaktivistin bekannte [1][Greta Thunberg] und Schauspieler Liam | |
Cunningham, [2][oder die umstrittene Berliner Aktivistin Yasemin Acar]. | |
Auch vier italienische Abgeordnete sind an Bord gegangen, etwa die | |
Grünen-Europapolitikerin Benedetta Scuderi. Sie macht aus ihrer | |
Enttäuschung über die politische Reaktion Europas auf die humanitäre | |
Katastrophe in Gaza keinen Hehl: „Ich will keine Worte mehr auf den | |
Parlamentsbänken und in den Institutionen vergeuden, denn selbst als | |
Vertreter der Institutionen fühlen wir uns machtlos.“ | |
[3][Eine der Organisator:innen ist die Deutsche Melanie Schweizer], | |
die wegen israelkritischer Äußerungen ihren Job im Arbeitsministerium in | |
Berlin verloren und damit eine Debatte über Meinungsfreiheit ausgelöst hat. | |
## Vorwürfe gegen die „Global Sumud Flotilla“ | |
Die italienische Regierung in Rom zeigt sich zögerlich gegenüber der | |
Hilfsaktion. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat nur widerwillig und auf | |
Nachfrage den italienischen Segler:innen Schutz zugesagt – und darauf | |
verwiesen, dass es [4][effizientere Methoden der Hilfsgüterlieferung] gebe. | |
Außenminister Antonio Tajani der populistischen Forza Italia verteidigte | |
die Aktivist:innen immerhin gegen Drohungen des rechtsextremen | |
israelischen Sicherheitsministers Itamar Ben-Gvir. Der hatte erklärt, die | |
Besatzungen der Boote wie Terrorist:innen behandeln und verhaften zu | |
wollen. „Ich glaube nicht, dass es sich um Terroristen handelt. Man kann | |
zwar anderer Meinung sein und die Initiative für unangebracht halten, aber | |
man muss eine angemessene Sprache verwenden“, so Tajani. | |
Der Flotilla wird aber vorgeworfen, Hamas-zugewandten Organisationen und | |
Personen Raum zu geben. So ist in Barcelona auch die Aktivistin Jaldia | |
Abubakra von Samidoun an Bord gegangen – der Organisation, die in Berlin am | |
7. Oktober 2023 Süßigkeiten verteilt hatte, um das Massaker der Hamas in | |
Südisrael mit 1.200 Toten zu feiern. | |
Die katholische italienische Zeitschrift Tempi bezichtigte die Aktion zudem | |
eines Selbstzwecks: Es gehe den Aktivist:innen darum, sich selbst in | |
gutes Licht zu rücken. Doch solche Stimmen bleiben zumindest in Italien die | |
Ausnahme – angesichts der Zehntausenden Teilnehmenden an den | |
Demonstrationen in Genua und Catania, und der weitreichenden Unterstützung | |
aus Kunst und Kultur. | |
## Was bringt's? | |
Auch aus der katholischen Kirche, muslimischen und manchen progressiven | |
jüdischen Verbänden kommt Unterstützung. Der Erzbischof im sizilianischen | |
Palermo sagte am vergangenen Mittwoch, die Global Sumud Flotilla sei ein | |
„Zeichen der Freundschaft gegenüber allen jüdischen Brüdern und | |
Schwestern“. | |
Klar ist: Die vergleichsweise wenigen Tonnen Lebensmittel auf den Schiffen | |
der Global Sumud Flotilla werden die Hungersnot in Teilen Gaza, [5][die die | |
Vereinten Nationen im August offiziell bestätigten], nicht beenden. Das | |
wissen auch die Organisator:innen der Aktion. Sie segeln trotzdem. | |
Denn sie wollen ein Zeichen des Mitgefühls für die Menschen im Gazastreifen | |
setzen. Und eine deutliche Botschaft an die israelische Regierung senden, | |
die anhaltende fast vollständige Blockade zu beenden und einen humanitären | |
Korridor zu öffnen. | |
Hinweis: Wir haben drei Stellen im Text präzisiert. | |
8 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Judith Eisinger | |
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