# taz.de -- CDU und AfD in Sachsen-Anhalt: Land mit braunem Schatten | |
> In Sachsen-Anhalt wird 2021 gewählt. Einige CDU-Politiker tasten sich an | |
> eine Zusammenarbeit mit der AfD heran. Wiederholt sich das Drama von | |
> Erfurt? | |
Bild: Lars-Jörn Zimmer im Plenarsaal vor den Abgeordneten der AFD | |
Der Goitzschesee in Bitterfeld war früher, als Braunkohle abgebaut wurde, | |
eine Mondlandschaft. Heute gibt es einen Stadthafen, einen Strand und | |
Restaurants. Zum Areal gehört auch ein alter Trinkwasserspeicher, der nun | |
Veranstaltungsort ist. Die Betondecke erinnert an eine Zisterne und gibt | |
dem Bau etwas Bunkerhaftes, passend für Techno-Partys. | |
Noch unbeschwert vom Corona-Alarm, versammelt sich Ende Februar dort ein | |
eher gesetztes Publikum. Es ist der Politische Aschermittwoch der CDU in | |
der Doppelstadt Bitterfeld-Wolfen im Osten von Sachsen-Anhalt. Die | |
Einladung verheißt sauren Hering, politische Rede und einen „Kessel | |
Buntes“. | |
Dann betritt Lars-Jörn Zimmer die Bühne, Abgeordneter im Landtag von | |
Magdeburg. „Was darf ich denn überhaupt sagen, wenn ich hier vorn stehe?“, | |
frotzelt er. Zimmer, bald fünfzig, wirkt gut gelaunt – nur nicht, wenn es | |
um die CDU-Parteizentrale geht. „Nachdem ich das Konrad-Adenauer-Haus in | |
Berlin nicht erreicht habe, weiß ich jetzt eigentlich nicht mehr, was ich | |
sagen und denken soll“, spottet er. | |
Wer im Saal, wie etliche, über fünfzig ist und in der DDR geboren, versteht | |
den Wink mit der SED, wo die Genossen ihre Meinung dem Parteiblatt Neues | |
Deutschland zu entnehmen hatten: Die Bundes-CDU als neue Einheitspartei? | |
Bis zu einem Auftritt im ZDF war Zimmer, der stellvertretende Chef der | |
Landes-CDU-Fraktion, auch in Sachsen-Anhalt kaum bekannt. Für die eigene | |
Publicity war das Statement, das er dem Sender gab, gut, für die CDU | |
weniger. Fünf Tage nach dem politischen Beben von Erfurt, als CDU und AfD | |
einen Zählkandidaten von der FDP ins Amt des Ministerpräsidenten hievten, | |
denkt Zimmer da nämlich zur besten Sendezeit über eine | |
CDU-Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt mit Unterstützung der AfD nach. | |
„Absolut denkbar“, bekräftigte Zimmer vor der Kamera von „Berlin direkt�… | |
Zimmer gilt als notorischer Stänkerer gegen die Parteilinie im Bund, die | |
eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausschließt. Von einer | |
„Brandmauer“ war nach dem Erfurter Fiasko im Februar die Rede. Erfurt | |
scheint zwar weit weg, seitdem das Coronavirus die Bundesrepublik in den | |
kollektiven Krisenzustand versetzt hat, Kanzlerin Merkel und die CDU haben | |
in der Krise allerdings zu einem Höhenflug angesetzt, der noch im Februar | |
undenkbar war. 40 Prozent sind in greifbarer Nähe. | |
Doch irgendwann – und das weiß in der CDU jeder – wird wieder Normalität | |
einkehren, der Höhenflug enden, und ganz gleich, wer der Nachfolger von | |
Annegret Kramp-Karrenbauer wird, er wird diese Brandmauer vor der AfD | |
verstärken müssen. Andernfalls wird Deutschland nach dem nächsten | |
Feueralarm im Osten politisch noch schlimmer in Schutt und Asche liegen als | |
nach Erfurt. | |
Am 6. Juni 2021 steht in Sachsen-Anhalt die nächste Landtagswahl im Osten | |
an, und sie könnte zu ähnlich heftigen Verwerfungen führen wie in | |
Thüringen. Zwar sieht eine aktuelle Umfrage des Portals | |
wahlkreisprognose.de vom 11. April die CDU bei 28 Prozent. Doch die AfD ist | |
ihr mit stabilen 26 Prozent auf den Fersen. Dass der AfD-„Flügel“ vom | |
Verfassungsschutz inzwischen als „erwiesen rechtsextremistisch“ beobachtet | |
wird, hat der Popularität der Partei in Sachsen-Anhalt genauso wenig | |
geschadet wie ihre komplette Inkompetenz in der Coronakrise. | |
Die Grünen hingegen liegen hier bei nur 4 Prozent. Schlechte Aussichten für | |
die „Kenia-Koalition“. Das Bündnis, das die CDU unter Reiner Haseloff mit | |
der SPD und Bündnis 90/Die Grünen 2016 geschmiedet hat, um Unregierbarkeit | |
abzuwenden, ist bei vielen CDUlern allerdings verhasst, insbesondere wegen | |
der Beteiligung der Grünen. | |
Da träumt mancher Christdemokrat lieber von neuen Ufern. Lars-Jörn Zimmer | |
etwa. Er will in der CDU das „Nationale“ mit dem „Sozialen“ versöhnen.… | |
hatte er es zum Entsetzen der Berliner Parteizentrale im Juni 2019 mit | |
einem Gleichgesinnten aus der Landtagsfraktion in einer „Denkschrift“ | |
formuliert. Eine „nationalsoziale“ CDU, die, von „Kenia“ befreit, mit | |
Duldung der AfD Sachsen-Anhalt regiert? | |
Lars-Jörn Zimmer hat an dem Abend auf der Bühne in Bitterfeld schon den | |
linken Zeitgeist getadelt, die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags und | |
den ungezügelten Ausbau von Windrädern, alles AfD-Anliegen. Jetzt holt er | |
zum Schlag aus – gegen den politischen Gegner, namentlich geißelt er Grüne, | |
Linke und SPD, dann geht es gegen die „etablierten Medien“ und dann sogar | |
gegen „Teile meiner eigenen Partei“. „Ja“, sagt Zimmer, zögert kurz und | |
hebt den Blick, „dagegen sind die Taliban nur ein Gesangsverein.“ | |
Christdemokratische Parteifreunde als Gotteskrieger bezeichnen, weil sie | |
ihm in die AfD-freundliche Parade gefahren sind? Dagegen wird sich | |
parteiintern Protest erheben, Zimmer wird sich fünf Tage später | |
entschuldigen. In Bitterfeld aber bleibt das Publikum ruhig. | |
„Der Zustand unserer Partei gibt mir zuweilen Grund zur Sorge“, fährt | |
Zimmer fort, erinnert an die verkorkste Wahl in Erfurt und bemüht eine | |
Metapher aus der Motorwelt: Was passiert, wenn bei einem Auto die Reifen | |
abgefahren sind? „Sie landen im Straßengraben.“ Eines ist für ihn klar: | |
Neues Profil muss ran. Lars-Jörn Zimmer, weihevoll die Hände hebend, blickt | |
auf die österliche Freudenzeit: „Freuen wir uns auf die Auferstehung des | |
Herrn! Und zwei Woche später auf die Auferstehung unserer Partei!“ | |
Dass Zimmers Heilsplan von einem Virus gestoppt wird, ahnt an diesem Abend | |
noch keiner. Friedrich Merz, der die Auferstehung der CDU zelebrieren | |
sollte, hatte sich zwischenzeitlich mit Corona infiziert, der Konvent wurde | |
jäh abgesagt, und anders als Merz, dessen Expertise derzeit genauso wenig | |
gefragt ist wie die von Norbert Röttgen, profiliert sich Armin Laschet | |
gerade als umsichtiger Landesvater. Wer von den dreien neuer | |
CDU-Vorsitzender wird, entscheidet sich vermutlich erst auf dem regulären | |
Parteitag im Dezember. | |
Der Applaus für Zimmers Ostervision bleibt dünn. Das liegt nicht nur am | |
Redner, der etwas Leichtfüßiges verströmt, das nicht zur Wucht seiner | |
Angriffe passt. Es liegt auch an dem riesigen Auditorium. Zu wenige Leute | |
sind da. Vielleicht fünfzig, sechzig Getreue. Mehr sind es nicht. Wer soll | |
all die Leberwurststullen und den sauren Hering essen? Das Bier trinken? | |
Alles kostenlos. Dabei hatte Jens Tetzlaff, der CDU-Chef der | |
47.000-Einwohner-Stadt, am selben Tag über die Zeitung eingeladen. | |
Ob im Kreistag, ob im Stadtrat, ob in den Ortschaftsräten – die CDU ist gut | |
aufgestellt, sie ist immer noch stärkste Partei, auch wenn sie schon | |
bessere Tage erlebt hat. Es gab Jahre, da hatte die CDU bei Landtagswahlen | |
das Direktmandat im Wahlkreis Bitterfeld abonniert. Nur 1998 fiel es an die | |
SPD. Vier Jahre später holte es der Jungpolitiker Lars-Jörn Zimmer zurück | |
und verteidigte es zweimal. 2016 knöpfte ihm dann der Kandidat der AfD mit | |
33,4 Prozent das Mandat ab. Es war das beste Ergebnis der AfD im ganzen | |
Land. Haarscharf hat Zimmer noch über die Landesliste die Kurve ins | |
Parlament gekriegt. | |
Zu seinem ZDF-Auftritt möchte Lars-Jörn Zimmer nichts sagen. Nur so viel, | |
mit AfD-Kontakt-Verboten könne er nichts anfangen. „Hinter der AfD stehen | |
Wähler. Ich muss mit denen reden.“ Als Vorsitzender des Tourismusverbandes | |
Sachsen-Anhalt habe er auch mit AfD-Mitgliedern zu tun. So gesehen verstoße | |
er regelmäßig gegen die Parteilinie. | |
Dass es dabei nicht um Redeverbote geht, sondern um offene oder verdeckte | |
Regierungsbeteiligung, übergeht Zimmer. Im Übrigen mögen die Grünen für die | |
CDU der Hauptkontrahent im Westen des Landes sein. „Im Osten ist es die | |
AfD.“ Und mit welcher Strategie will er sie bekämpfen? Zimmer schüttelt den | |
Kopf, sagt: „Ich befasse mich mit mir, mit der CDU!“, und klopft sich stolz | |
auf die Brust. Merkwürdig nur, dass er bei all seinen Attacken eben die AfD | |
komplett vergessen hat. | |
Jens Tetzlaff, der Chef der CDU in Bitterfeld-Wolfen, setzt sich, ein Bier | |
in der Hand. Mit Zimmer verbindet ihn nicht viel. „Die AfD ist kein | |
Partner“, sagt Tetzlaff. „Das ist No-Go.“ Er brauche dafür keinen | |
Parteibeschluss. Tetzlaff, im Hauptberuf Vermessungsingenieur, hat im | |
Stadtparlament genug Erfahrungen gesammelt. Sein Fazit: Destruktiv ist die | |
Partei, einzig darauf bedacht, den politischen Gegner vorzuführen. In | |
Erfurt habe man das sehen können. „Das ist kein Stil.“ Tetzlaff, ein | |
ruhiger Gesprächspartner, holt Hering. Fünfzig Leute mehr, meint er, und | |
die Stimmung wäre besser. | |
Warum so wenige da sind, behält er für sich. Die örtliche CDU ist | |
zerstritten, die Stadtratsfraktion, mit neun Mandaten die größte, hat sich | |
gespalten. Persönliche Querelen, wird Tetzlaff später sagen. Er hat die | |
CDU-Fraktion mit vier Getreuen verlassen. Nun gibt es zwei verfeindete | |
Fraktionen mit Christdemokraten. Die größte Stadtratsfraktion stellt | |
seitdem die AfD. | |
Der Einzige, dem dies offen aufs Gemüt schlägt, ist der | |
CDU-Mitgliederbeauftragte von Bitterfeld-Wolfen. Oliver Hoppe heißt er. Mit | |
Blick auf die leeren Stühle klagt er über den Zwist in seiner Partei. Dann | |
erzählt er seine Geschichte. Am Abend der Bundestagswahl 2017 war er so | |
entsetzt über das Abschneiden der AfD im Osten, dass er etwas tun wollte. | |
Er wollte nicht länger zugucken. | |
Sollte die AfD einmal regieren, könnte er in Bitterfeld einpacken, beteuert | |
der Mann mit dem kahlen Schädel und dem Kinnbart. Gemeinsam mit seinem | |
Ehemann führt er eine Marketingagentur. Was aber, wenn im Land die AfD | |
mitregiert, die Partei, die „aufräumen“ will? Die die traditionelle | |
Geschlechterrolle und das klassische Leitbild der Familie hochhält? Die | |
betont, dass deutsche Männer mehr Kinder zeugen und deutsche Frauen sie | |
gebären sollen? Die beiden müssten wohl ins Exil. Der Unternehmer trat in | |
die CDU ein. | |
Doch was, wenn die CDU kein Bollwerk ist, sondern ein offenes Tor? | |
Es gibt noch Standhafte. Eigentlich ist das Paul-Löbe-Haus, das zum | |
Deutschen Bundestag gehört und in Coronazeiten noch steriler wirkt als | |
sonst, nicht der passende Ort für ein Treffen mit Kees de Vries. Der | |
Bundestagsabgeordnete ist ein Hüne, der es gewohnt ist, mit Rindern | |
umzugehen, der sich für Gummistiefel nicht zu fein ist und dem auch der | |
Anzug steht. In seinen Krawatten leuchtet stets Orange. De Vries ist | |
Holländer. Wie ein moderner Abraham hat er sich 1992 mit Frau und Kindern | |
aufgemacht, um in der zuvor verendeten DDR einen Neuanfang zu wagen. Er hat | |
im Osten Sachsen-Anhalts eine alte LPG-Anlage gekauft, hat eine Herde mit | |
950 Kühen. | |
De Vries ist längst deutscher Staatsbürger und seit 2013 Mitglied des | |
Bundestags. Als er der Linkspartei im Wahlkreis Anhalt mit 41 Prozent das | |
Direktmandat für die CDU abjagte, war das ein Triumph. Und auch 2017 hielt | |
de Vries AfD und Linkspartei auf Abstand. Dass er sich in der CDU | |
engagiert, liege daran, dass er etwas zurückgeben wolle, sagt er. | |
Natürlich lobt de Vries Kohl und Merkel. Er spricht mit holländischem | |
Zungenschlag. Auf gerahmten Fotos hinter ihm in seinem Büro ist die Schar | |
der Kinder und Kindeskinder, gegenüber hängt, sehr filigran, ein Kreuz. | |
Kees de Vries ist katholisch wie Zimmer. Das war es aber auch mit den | |
Gemeinsamkeiten. | |
„Das ging mit der ‚Denkschrift‘ los“, beginnt de Vries, jenem | |
Diskussionspapier mit Drall ins „National-Soziale“, das Zimmer zusammen mit | |
Ulrich Thomas, dem zweiten stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im | |
Landtag, verfasst hat. Dann folgte im Dezember der „Kleine Parteitag“ in | |
Magdeburg, fährt de Vries fort. Dort brachte der Landesvorstand ein | |
„Grundlagenpapier 2030“ ein, in dem die Landes-CDU ganz klar „jegliche | |
Zusammenarbeit“ mit Linkspartei und AfD ablehnen wollte. So stand es im | |
Entwurf. | |
In dem Papier, das dann beschlossen wurde, hält der Damm nach links, nach | |
rechts aber ist alles aufgeweicht. Eine Koalition mit der „derzeit in | |
vielen Teilen radikalen AfD“ werde es 2021 nicht geben, heißt es dort. Eine | |
Tolerierung hingegen wäre möglich. | |
Und wer bestimmt, ob die AfD dann weniger radikal geworden sei, etwa weil | |
sich der „Flügel“ in Luft aufgelöst hat? Reiner Haseloff, der | |
Ministerpräsident? Oder Lars-Jörn Zimmer, der AfD-Fan? Oder etwa Markus | |
Kurze? | |
Kurze, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, dachte | |
bereits Monate vor Zimmer laut über eine CDU-Minderheitsregierung nach, wie | |
die Volksstimme aus Magdeburg berichtete. Kurze beschrieb, wie das gehen | |
würde: Bei sozialen Themen könne man die Mehrheiten bei SPD und Linke | |
suchen, bei der inneren Sicherheit fände man sie bei der AfD. Und der Clou: | |
Eine CDU-Alleinregierung hätte Zugriff auf alle Ressorts. | |
Leute wie Zimmer, Thomas und Kurze haben dem Papier diesen Drall verpasst. | |
Kees de Vries ist nicht wohl bei solchen Parteifreunden. „Und dann kam der | |
offene Flirt mit der AfD.“ Für de Vries war das Fass voll. Zumal der | |
„Flirt“ von Illoyalität begleitet war, wie sich de Vries erinnert. Eine | |
halbe Stunde bevor Zimmer die Minderheitsregierung mit AfD-Unterstützung | |
ins Gespräch brachte, standen Ministerpräsident Haseloff, Parteichef | |
Stahlknecht, de Vries und Zimmer und andere beisammen. Es war | |
Neujahrsempfang der CDU im Landkreis, und unter dem Eindruck der Krise in | |
Erfurt bekräftigten sie ihre Abgrenzung von der AfD. Und dann stellt sich | |
Zimmer vor die Kamera. „Ich suche keinen Streit. Ich respektiere seine | |
Meinung, aber ich habe eine andere“, sagt Kees de Vries. | |
De Vries könnte sich im nächsten Jahr, am Ende der Legislaturperiode, aufs | |
Altenteil begeben, dann wäre er 66. Aber er will noch mal ran. „Auf dem Hof | |
werde ich nicht mehr gebraucht“, sagt er, der Betrieb sei bei Kees junior | |
in guten Händen. Außerdem sei er nach acht Jahren Bundestag gut vernetzt, | |
er könne noch etwas bewegen. | |
Etwas bewegen will auch Lars-Jörn Zimmer. Die regionale CDU hat ihn im | |
Januar erneut zum Direktkandidaten für die Landtagswahl gekürt. Zimmers | |
Zusicherung damals: Er wolle der AfD das Direktmandat wieder abjagen. Drei | |
Wochen später machte er dieser Partei seine Avancen. | |
Etwas Einhegung dürfte bei solchen Kandidaten nicht schaden. Jedenfalls | |
fällt auf, dass nicht nur Kees de Vries große Lust verspürt, | |
weiterzumachen. Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff verströmt Elan. | |
Derzeit kann man ihn als Krisenmanager mit selbst genähtem Mundschutz | |
erleben. 2017 hatte er noch einen Generationswechsel gefordert und dabei | |
Angela Merkel ebenso einbezogen wie sich. Inzwischen hält es in Magdeburg | |
mancher für möglich, dass Haseloff, seit 2011 im Amt, erneut antritt. Zwar | |
hat Holger Stahlknecht, der derzeitige Innenminister des Landes, seine | |
Ambitionen auf die Spitzenkandidatur 2021 verkündet. Doch sollte Haseloff | |
antreten, müsste der ehrgeizige Stahlknecht zurückstecken. Der hatte sich | |
im vorigen Jahr zudem Blessuren geholt, weil er zu lange nichts gegen den | |
rechten CDUler Robert Möritz unternahm. | |
Bei Möritz traten im Dezember 2019 eine rechtsextreme Vergangenheit, eine | |
„Schwarze Sonne“, eine Hakenkreuzvariation, als Tattoo und eine | |
Mitgliedschaft bei Uniter zutage, einem paramilitärischen Verein, der | |
politische Gegner für einen „Tag X“ auf Listen geführt haben soll und der | |
inzwischen vom Verfassungsschutz geprüft wird. Wie Kees de Vries und | |
Lars-Jörn Zimmer war Möritz Beisitzer im CDU-Kreisvorstand von | |
Anhalt-Bitterfeld. De Vries hat sich von Möritz distanziert. Zimmer hielt | |
sich bedeckt. Inzwischen hat Möritz die CDU verlassen. | |
Gut 6.000 Christdemokraten gibt es im Land, Tendenz fallend. Seitdem Holger | |
Stahlknecht ihr Chef ist, wirbt die Partei mit dem Slogan „CDU | |
Sachsen-Anhalt – die dynamische Mitmachpartei“. Dass es bei diesem Claim | |
eine verstörende Deutung gibt, hat vor Kurzem die CDU in Bitterfeld-Wolfen | |
erlebt. Anfang März kandidierte Jens Tetzlaff, der Vermessungsingenieur und | |
CDU-Chef der Stadt, in der Wahl zum Ersten Stellvertreter des | |
Stadtratsvorsitzenden. Tetzlaff, der nach dem ersten Wahlgang noch führte, | |
zog im entscheidenden zweiten den Kürzeren. Triumphiert hat ein | |
Kriminalhauptmeister, der für die AfD antrat. In Bitterfeld wird seitdem | |
gerätselt, ob ein Mitglied der CDU-Fraktion für den AfD-Mann gestimmt hat. | |
24 Apr 2020 | |
## AUTOREN | |
Thomas Gerlach | |
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