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# taz.de -- Vielfalt in deutschen Medien: Die beste Nachricht
> 185 Schauspieler*innen outen sich als homo-, trans- oder bisexuell,
> queer oder nicht-binär. Diese Meldung übertönt autoritäre Sehnsüchte
> anderer.
Bild: 185 Schauspieler*innen sind schon da: Die Titelseite des SZ-Magazins vom …
Beim Zeitung lesen habe ich in den letzten Tagen einmal sehr schlechte und
einmal sehr gute Laune bekommen. Fangen wir mit der schlechten an. Viele
Leitartikler fragen sich gerade, wer eigentlich [1][Schuld ist am
„Impfdesaster“]. Daran, dass mittlerweile halb Israel geimpft ist, die
Senioren hierzulande aber immer noch in der Telefonhotline hängen.
Der Chefredakteur der Magdeburger Volksstimme scheint zu wissen, wie sich
das lösen ließe: „In der Krise müssen Führer auch disruptiv vorgehen, sich
selbst ermächtigen, andere überfahren, Dinge riskieren“, [2][schrieb Alois
Kösters am Donnerstag in der Volksstimme]. Das Personal dafür stehe „leider
nicht zur Verfügung“.
Führer, die sich selbst ermächtigen? Das hatten wir doch schon. Ruft da der
Chefredakteur nach der guten, alten, braunen Zeit? Oder will er behaupten,
dass die Putins und Bolsonaros dieser Welt Corona mit Leichtigkeit besiegt
haben?
[3][In Sachsen-Anhalt, wo die AfD bei der letzten Landtagswahl knapp 25
Prozent] geholt hat, ist es wahrscheinlich nicht überraschend, dass die
Lokalzeitung nicht gerade am linken Rand steht. Trotzdem hat es mich bei
„Führer, die sich selbst ermächtigen“ geschüttelt. Wer so etwas schreibt,
der scheint von demokratischen Prinzipien nicht viel zu halten. Von freier
Presse offenbar auch nicht, denn die gäbe es unter einem starken Führer
nicht.
## Vielfalt wird selbstverständlicher
Was es unter so einem auch nicht gäbe, sind die 185 Schauspieler*innen, die
sich im SZ-Magazin als homo-, trans- oder bisexuell, queer oder nicht-binär
outen. Die schiere Masse der Film- und Theaterschaffenden, die sich in dem
Magazin zeigen, ist beeindruckend.
Noch berührender und schillernder ist aber, was sechs von ihnen im
Interview erzählen, über ihr Leben als Menschen, die nicht der
gesellschaftlichen Norm zu entsprechen scheinen. Die ihre Partner*innen
nicht mit auf den roten Teppich nehmen, aus Angst, ihre Homosexualität
könnte ihnen Nachteile bringen. Denen geraten wird, keine Holzfällerhemden
zu tragen, weil das zu „lesbisch“ sei. Die als Männer keine Zärtlichkeit
spielen dürfen, weil Männer in diesem Land hart und souverän zu sein haben.
Dass das deutsche Fernsehen es nicht schafft, gesellschaftliche Vielfalt so
abzubilden wie sie längst Normalität ist, ist arm. Für die
Schauspieler*innen ist es verletzend, für queere Zuschauer*innen
entmutigend, für alle anderen außerdem langweilig, wenn immer die gleiche
weiße heteronormative Familie in ihrer Manufactum-Küche gezeigt wird.
Andererseits macht mir dieses Interview Hoffnung. Vor zehn Jahren wäre es
noch nicht erschienen. Jetzt erscheint es in einem der größten Magazine
dieses Landes. Das zeigt, dass hier etwas in Bewegung ist. Dass Vielfalt
selbstverständlicher wird. Dass die, die nach einem sich selbst
ermächtigendem Führer rufen, langsam übertönt werden von denen, die eine
pluralistische Gesellschaft fordern und längst leben. Das ist die beste
Nachricht dieser Tage.
7 Feb 2021
## LINKS
[1] /Probleme-beim-Impfstart-in-Europa/!5743899
[2] https://twitter.com/ENGERT/status/1357234892220866560?s=20
[3] /CDU-und-AfD-in-Sachsen-Anhalt/!5676892
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Kolumne Unter Druck
Diversity
Schwerpunkt Pressefreiheit
Autoritarismus
cancel culture
Kolumne Unter Druck
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Lesestück Recherche und Reportage
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