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# taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Haftar-Truppen greifen Ölhäfen an
> Wer in Libyen das Öl hat, hat die Macht. Armeeeinheiten der
> Gegenregierung holen deswegen zum Schlag auf die Anlagen südwestlich von
> Bengasi aus.
Bild: Umkämpft: der Ölhafen von Ras Lanuf
Tunis taz | Im eskalierenden libyschen Machtkampf hat General Chalifa
Haftar, der im Osten des Landes als „starker Mann“ gegen islamistische
Milizen aus Westlibyen agiert, einen wichtigen Durchbruch erzielt. Nach
schweren Luftangriffen haben Haftars Armeeeinheiten am Dienstag die
Ölhäfen Ras Lanuf und Sidra zurückerobert. Tage zuvor war es einer Allianz
aus lokalen „Verteidigungsbrigaden“ und Islamisten gelungen, die
Haftar-Soldaten aus den beiden wichtigsten Ölverladehäfen Libyens zu
vertreiben.
Haftars Armee rückt nun in Richtung des Militärflughafens Jufra in
Zentrallibyen vor. Dort operieren die „Verteidigungsbrigaden“ mit Hilfe von
westlibyschen Islamisten und Milizen aus Misrata.
Die von der UNO und der EU unterstützte libysche Einheitsregierung von
Premier Fayes al-Serradsch in der Hauptstadt Tripolis gerät dabei als
dritte Partei zunehmend in Bedrängnis. Sie hatte die Vertreibung von
Haftars Armee von den Ölfeldern indirekt gutgeheißen: General Haftar
agiert als ihr Rivale auf internationaler Bühne.
Im Fokus des Kriegs stehen Libyens Ölfelder und Ölhäfen südwestlich von
Bengasi. Wer diese beherrscht, kontrolliert die Einnahmequelle des
libyschen Staats.
Beide Seiten werden aus dem Ausland unterstützt. Während Katar, die Türkei
und Sudan die ehemaligen Revolutionäre aus Misrata und Tripolis mit Waffen
beliefern, stehen Ägypten, Saudi-Arabien und Russland Haftar zur Seite. Ein
Anwohner der Küstenstadt Adschdabiya beobachtete am Dienstag ungewöhnlich
hoch fliegende Kampfflugzeuge, die nachts stundenlang die Stellungen der
„Verteidigungsbrigaden“ angriffen. „Das waren keine libyschen Flugzeuge�…
ist sich der Journalist Abubakr sicher.
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, dass russische Spezialeinheiten
im ägyptischen Sidi Barrani nahe der libysche Grenze stationiert worden
seien, um Haftar diskret zu unterstützen, was jedoch in Moskau und Kairo
umgehend dementiert wurde.
## Staatliche Ölagentur vor der Spaltung
Westliche Botschafter drückten derweil in einer gemeinsamen Erklärung ihre
Besorgnis über die Eskalation aus und forderten, die Ölinfrastruktur unter
der Kontrolle der staatlichen Ölagentur NOC zu belassen. Doch auch dieser
neben der Zentralbank und dem Parlament landesweit letzten
funktionierenden, offiziell neutralen Institution droht die Spaltung. Das
NOC in Bengasi kündigte am Dienstag die Zusammenarbeit mit der Regierung
Serradsch in der Hauptstadt Tripolis auf. Der Osten Libyens wird faktisch
immer mehr zu einem eigenen Staat.
„Die Isolierung des widerspenstigen Generals Haftar und des
Parlamentspräsidenten Aguila Saleh sollte den Einfluss Moskaus und Kairos
auf Ostlibyen begrenzen. Nun ist dies zu einer selbsterfüllenden
Prophezeiung geworden“, so der Analyst Mohamed Eljahr auf einer Konferenz
in Tunis. „Viele Diplomaten haben nicht verstanden, dass die Stämme
Ostlibyens die eigentlichen Machthaber sind – nicht die Politiker, mit
denen man in Hotels in Tunis verhandelt.“
Zeitgleich mit den Kämpfen um den Ölhalbmond brachen auch in der Hauptstadt
Tripolis schwere Gefechte aus. Die ehemalige islamistische „Fadschr
Libya“-Bewegung, die der Übergangsregierung Serradsch mit einer
Gegenregierung die Kontrolle über die Hauptstadt streitig macht, wurde mit
Panzern aus dem Rixos-Hotelkomplex vertrieben. Da „Fajr Libya“ auch die
ostlibyschen „Verteidigungsbrigaden“ unterstützt, gegen die Haftar kämpft,
glauben viele in Tripolis an eine koordinierte Aktion von Haftars
Alliierten.
14 Mar 2017
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Libyen
Chalifa Haftar
Russland
Schwerpunkt Emmanuel Macron
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Tschad
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