# taz.de -- Rebellen aus Tschad in Libyen: Kämpfer auf Wanderschaft | |
> Im Süden Libyens setzen sich Rebellen aus Tschad fest. Sie nutzen die | |
> Sahara-Migrationsrouten. Tschads Regierung schließt die Grenzen. | |
Bild: Das war einmal: Tschads Präsident Idriss Déby mit Libyens Gaddafi, im J… | |
Tunis taz | Nach Mali könnte das libysche Machtvakuum ein weiteres Land in | |
einen militärischen Konflikt stürzen: Tschad. Aktivisten aus der | |
südlibyschen Stadt Sebha, Hauptstadt der Wüstenprovinz Fezzan, berichten, | |
dass bewaffnete Rebellen aus Tschad mehrere Armee-Gebäude in der Stadt | |
bezogen haben. | |
Die Zahl der vermummten Kämpfer aus dem südlichen Nachbarland wird von | |
verschiedenen Quellen gegenüber der taz mit 80 bis 200 angegeben. „Es | |
könnten aber auch zehnmal so viele sein“, sagt ein Stammesvertreter aus der | |
200.000-Einwohner-Stadt, die zum Drehkreuz der Sahara-Migrationsroute durch | |
Libyen geworden ist. „Die libyschen Grenzen nach Tschad und Niger sind | |
weitgehend unkontrolliert.“ | |
Mindestens 170.000 Afrikaner sind letztes Jahr von Agadez in Niger, einem | |
Knotenpunkt der Transsahara-Migration, nach Südlibyen aufgebrochen und | |
haben dort einen informellen Wirtschaftsboom ausgelöst. „Unter die | |
Arbeitssuchenden mischen sich Extremisten, Goldsucher, Händler und Milizen | |
aus den Nachbarländern“, sagt Aboasom Allafi, Aktivist und Mitbegründer der | |
NGO Caucus Fezzan. „Die Gesetzlosigkeit in der Fezzan-Provinz könnte für | |
die Sahara in einem Südsudan-Szenario enden, in dem sich Teile des Tschad | |
oder Libyens abspalten.“ | |
Die tschadischen Rebellen der Front für den Wandel (FUC) trainierten seit | |
einem Jahr im zentrallibyschen Jufra, bevor sie nach Sebha kamen. Angeblich | |
werden für zukünftige Operationen im Tschad gegen das Regime des | |
Präsidenten Idriss Déby Waffenlager im Tibesti-Gebirge an der Grenze | |
angelegt. | |
## Misrata-Milizen nutzen die Lage | |
Libyens Grenzen zum Tschad werden eigentlich von Milizionären der | |
Volksgruppe der Toubou kontrolliert, die grenzüberschreitend in Niger, | |
Tschad und Libyen leben. Die Toubou-Milizen hatten sich 2011 mehrheitlich | |
dem Aufstand gegen den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi angeschlossen | |
und kämpfen heute an der Seite der libyschen Armee, die im Osten des Landes | |
dominiert, gegen die von Islamisten dominierte Fajr Libya Allianz (Libysche | |
Morgenröte), die in der Hauptstadt Tripolis stark ist. | |
Im Gegenzug verbünden sich nun die mit den Islamisten verbündeten | |
Revolutionäre aus Misrata mit den Rebellen aus dem Tschad. Seit letzter | |
Woche patrouillieren sie in Sebha gemeinsam. „Sie sind Feinde unserer | |
Feinde. Das reicht, um sich mit ihnen zu verbünden“, sagt ein Angehöriger | |
der Misrata-Milizen zur taz über die tschadischen Kämpfer. | |
Tschads Regierung nimmt die neue Bedrohung ernst. Tschadische | |
Regierungstruppen haben die offiziellen Grenzübergänge nach Libyen | |
geschlossen, und Tschads Präsident Déby sucht das Bündnis mit dem | |
ostlibyschen Armeekommandeur Chalifa Haftar, der sich als neuer starker | |
Mann gegen Islamisten und Milizen in Libyen zu profilieren versucht und | |
auch von Ägypten und Russland hofiert wird. | |
24 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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