| # taz.de -- Bremen debattiert Flüchtlingszelte: Kurz vorm Tabubruch | |
| > Zeichen stehen auf Tabubruch: Bremer Sozialressort stellt eigenen | |
| > Mindeststandard infrage und peilt Zeltlager für Flüchtlinge an. | |
| Bild: War in Bremen nie gewollt: Flüchtlinge in Zelten unterzubringen | |
| Bremen taz | Einen Satz hatte die Bremer Sozialsenatorin Anja Stahmann | |
| (Grüne) für die Flüchtlings-Unterbringung immer wiederholt: „Wir wollen | |
| Zelte so lange wie möglich vermeiden.“ Nun allerdings steht das wohl auch | |
| in Bremen bevor. Im Sozialressort laufen die Vorbereitungen: Vier, fünf | |
| Flächen für die Zeltaufstellung wurden überprüft. Konkreter geht es nun | |
| nach taz-Informationen um eine Zelt-Unterbringung auf einer Fläche in der | |
| Überseestadt sowie auf dem Brenor-Gelände in Bremen-Nord an der Autobahn | |
| 270. | |
| Gerechnet wurde dabei bislang pro Zelt-Standort mit jeweils 150 Personen, | |
| die in einem oder zwei großen Zelten wohnen. Dazu würden Sanitär-Container | |
| aufgestellt. Starten würde die Zeltunterbringung dann ab Mitte Juli: | |
| Notunterkünfte wie die Messehalle oder die Eissporthalle, in denen Bremen | |
| zuletzt fast 200 Menschen unterbrachte, stehen ab diesem Zeitpunkt nicht | |
| mehr zur Verfügung. Im Herbst sollen dann weitere Gemeinschaftsunterkünfte | |
| fertiggestellt und Containerdörfer errichtet sein, in die die Flüchtlinge | |
| dann wieder umziehen können. | |
| ## An der Realität scheitern | |
| Für SPD-Sozialpolitiker Klaus Möhle wären Zelte mehr als eine | |
| Verschlechterung: „Zelt-Flüchtlingsdörfer waren in Bremen immer ein | |
| sozialpolitisches Tabu. Es würde mich schockieren, wenn es dazu käme.“ Die | |
| grüne Sozialpolitikerin Susanne Wendland erklärt: „Wir haben als Grüne | |
| immer gesagt, dass wir keine Zelte wollen.“ Das sei auch von ihrer | |
| Bürgerschaftsfraktion so beschlossen worden. „Unser Ziel war immer, die | |
| Menschen in eigenen Wohnraum zu bekommen.“ Ob des grün-geführten | |
| Sozialressorts gibt sich Wendland allerdings diplomatisch: „Wenn das | |
| politische Ziel wegen steigender Flüchtlingszahlen an der Realität | |
| scheitert, müssen wir die Lage neu diskutieren.“ | |
| Dass das Thema in Bremen Brisanz hat, weiß man auch im Sozialressort. Dort | |
| ist man zurückhaltend: „Wir prüfen, ob und unter welchen Bedingungen wir im | |
| Bedarfsfall Zelte aufstellen können und wo wir das können“, sagt | |
| Sozialressort-Sprecher Bernd Schneider. Man ginge aber nach wie vor davon | |
| aus, dass man das nicht brauche. Das Sozialressort führe etwa Gespräche mit | |
| einer Baumarkt-Kette, bei der Pleite-bedingt Hallen frei geworden sind. | |
| Geprüft wird auch, ob Flüchtlinge in einem leerstehenden Supermarkt | |
| untergebracht werden könnten. „Es zeichnet sich ab, dass wir mit den Hallen | |
| auskommen.“ | |
| Das Sozialressort rechnet damit, dass noch mehr Flüchtlinge kommen und | |
| bereitet sich auf 600 Notplätze für die Sommermonate vor. „Das ist aber | |
| nicht die Zahl an Flüchtlingen, die dann in Zelten untergebracht würden“, | |
| so Schneider. „Die Zahlen steigen aber weiter, es wäre fahrlässig, | |
| bereitete man sich auf den Worst Case nicht vor.“ | |
| ## Grenzen des Zumutbaren | |
| Für Marc Millies vom Bremer Flüchtlingsrat wäre es „beschämend“, wenn | |
| angesichts des Schicksals der Flüchtlinge keine anderen Lösungen gefunden | |
| würden. „Es sieht so aus, als lote die Sozialbehörde die Grenzen des | |
| humanitär Zumutbaren neu aus.“ Schutzsuchende hätten nach dem langen | |
| Fluchtweg „das Bedürfnis, anzukommen“, so Millies. „In Provisorien wie | |
| Zelten oder Messehallen kann dieses Gefühl nicht aufkommen.“ Hier seien sie | |
| von der Integration abgekoppelt, hätten keine Privatsphäre und erheblichen | |
| Stress. „Zelte haben eindeutig nichts mit Willkommenskultur zu tun.“ | |
| Eine Zeltunterbringung stellt die Behörde derzeit allerdings noch vor | |
| andere Probleme: Groß-Zelte werden langsam knapp. Zeltvermieter erklären | |
| die erhöhte Nachfrage mit der Hochsaison: Firmen hielten Sommerfeste ab, | |
| die Festival-Saison stehe an. Und: Andere Kommunen hätten schon angerufen, | |
| um Flüchtlinge unterzubringen. | |
| 10 Jun 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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