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# taz.de -- Bremerhavens Sozialdezernent in der Kritik: Suboptimale Flüchtling…
> Der Bremerhavener Sozialdezernent verweigert in Sachen Flüchtlingspolitik
> laut CDU, Grünen und AktivistInnen Transparenz und notwendige
> Kooperationen.
Bild: Bremerhaven – die Stadt, „in der die Uhren etwas anders ticken".
Mangelnde Transparenz und Konzeptlosigkeit beim Thema Flüchtlinge in
Bremerhaven: Das werfen CDU und Grüne der Bremerhavener Sozialbehörde unter
der Leitung von SPD-Stadtrat Klaus Rosche vor. Die Grünen fordern deshalb
ein Gesamtkonzept für Flüchtlinge nach Bremer Vorbild.
20 Prozent der Flüchtlinge, die das Land Bremen aufnimmt, kommen nach
Bremerhaven – und finden dort eine andere Situation vor als in der Stadt
Bremen, denn dort ist der Magistrat für Unterbringung und Integration der
Flüchtlinge zuständig. Und der scheint weniger bemüht zu sein, die Menschen
so früh wie möglich aus den Übergangsunterkünften in eigene Wohnungen zu
vermitteln: Trotz entspannterer Wohnungssituation als in Bremen leben
Flüchtlinge in Bremerhaven im Schnitt fünf Monate länger in
Übergangswohnheimen als Bremen.
Bereits im September 2013 kritisierte Marc Millies vom Bremer
Flüchtlingsrat, dass das damals von der Landesregierung beschlossene
„Gesamtkonzept zur Integration und Unterbringung von Flüchtlingen“ nur auf
stadtbremischer Ebene gültig sei. Neben Geld für notwendige Sofortmaßnahmen
beinhaltete das Konzept mehr Arbeitsstellen im Sozialressort, bessere
Ausbildungsbedingungen für jugendliche Flüchtlinge und die Aufstockung von
Deutschkursen für schulpflichtige Kinder.
In Bremerhaven hingegen kann es laut Dorothea Fensak (Die Grünen) vom
Bremerhavener Arbeitskreis Migration und Flüchtlinge auch mal vorkommen,
dass schulpflichtige Flüchtlinge die Schule erst gar nicht besuchen. Sie
erzählt von einer 13-Jährigen, die über ein halbes Jahr lang nicht zur
Schule gegangen sei: „Da habe ich mich an den Schulleiter der
nächstgelegenen Schule gewandt, und der hat das dann ganz schnell auf dem
kurzen Dienstweg geregelt – warum funktioniert so etwas nicht auf dem Weg
der Amtshilfe?“
Sie beklagt genauso wie Doris Hoch, Vorsitzende der grünen
Stadtverordnetenfraktion, die mangelhafte Vernetzung zwischen Bau-, Sozial-
und Schulamt und Politik: „Die Federführung für die Koordinierung der
Flüchtlingspolitik liegt ausschließlich beim Sozialstadtrat.“ Auch Kirchen
und Inis wie der Arbeitskreis Migration und Flüchtlinge würden in die
Flüchtlingsarbeit kaum eingebunden. „Herr Rosche scheint überhaupt nicht zu
erkennen, dass hier eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten entstehen
könnte.“ Es gebe sehr viel Hilfsbereitschaft und bürgerschaftliches
Engagement für Flüchtlinge in Bremerhaven, „das ist ein großes Potenzial�…
Konkreter Stein des Anstoßes war die Haltung des Sozialdezernenten,
Bremerhavener Standorte der Flüchtlingsunterbringung zur Geheimsache zu
erklären. Eine Anfrage der CDU in der Stadtverordnetenversammlung vom 4.
Dezember blieb weitestgehend unbeantwortet: „Uns wurden lediglich die
Stadtteile genannt“, sagt Thorsten Raschen von der CDU-Fraktion. Niemand
habe darüber hinaus beantworten können, ob es genügend Deutschkurse für die
von Januar bis Oktober neu hinzugekommenen Flüchtlinge gebe, niemand habe
befriedigend beantworten können, ob es genügend Unterkünfte gebe oder ob
für die Zukunft auch – wie in Bremen – Turnhallen im Gespräch seien. „D…
Politik wird hier überhaupt nicht eingebunden“, sagt er. Seine Fraktion
will jetzt bei der städtischen „Seestadt Immobilien“ Akteneinsicht nehmen,
um Kenntnis über die Bremerhavener Flüchtlingswohnheime zu erhalten.
Ungewohnte Einigkeit herrscht zwischen CDU und Grünen. „Während es der CDU
allerdings weitestgehend um die mangelnde Transparenz geht, wollen wir
endlich ein funktionierendes Gesamtkonzept“, sagt Hoch. Da ihrer Meinung
nach „in Bremerhaven die Uhren etwas anders ticken als in Bremen“, beklagt
sie allerdings nicht, dass der Bremer Beschluss nicht für Bremerhaven gilt:
„Er sollte uns aber als Vorbild für ein eigenes Konzept dienen“, sagt sie.
Rosche hat gegenüber den Fraktionen seine Schweigsamkeit damit begründet,
genauere Informationen könnten in die Hände rechtsextremer Gruppen geraten.
„Ich glaube, dass mangelnde Transparenz aber eher das Gegenteil bewirken
kann“, sagt Hoch. Für die taz war der Sozialdezernent nicht erreichbar.
19 Dec 2014
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Unterbringung von Geflüchteten
Flüchtlinge
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