| # taz.de -- Biopic „Piece by Piece“: Glücklich werden | |
| > Das Leben Stück für Stück angehen: Der Künstler Pharrell Williams lässt | |
| > im Biopic „Piece by Piece“ seine Karriere als Lego-Animation Revue | |
| > passieren. | |
| Bild: So viel Psychedelik steckt in Stevie Wonder: der junge Pharrell in „Pie… | |
| Das Musiker-Biopic gehört zu den eher zwiespältigen Subgenres im Kino. | |
| Steht die Geschichte einerseits in ihren Grundzügen fest, lädt sie | |
| andererseits zur Beweihräucherung „großer“ Künstlerpersönlichkeiten ein, | |
| was gern auf Kosten der Geschichte geht. Manche Filme umschiffen diese | |
| Klippe mit eigenwilligen Ideen der Inszenierung, die durch Verfremdung | |
| gegen ein Übermaß an Identifikation angehen. Selbstverständlich hängt viel | |
| an den Darstellern und den Freiheiten, die ihnen gelassen werden. Am Ende | |
| geht man vor allem wegen der Musik in so einen Film. | |
| Der Protagonist von „Piece by Piece“, der Musiker [1][Pharrell Williams], | |
| gehört zu den ungewöhnlichsten Künstlern im R & B. Und er hat einige der | |
| prägenden Hits des frühen 21. Jahrhunderts zu verantworten: „Drop It Like | |
| It’s Hot“ von Snoop Dogg, „Milkshake“ von Kelis, „Hot in Herre“ von… | |
| um nur ein paar zu nennen. [2][Von seinem eigenen Welterfolg „Happy“] mal | |
| ganz zu schweigen. Um den Soundtrack zum Film braucht man sich daher keine | |
| Sorgen zu machen. | |
| Um zu verhindern, dass die Geschichte, wie diese großartigen Songs ihren | |
| Weg auf die Welt fanden, zum drögen Mimenspiel gerät, hat sich Pharrell, | |
| wie er als Künstler kurz heißt, mit dem Regisseur Morgan Neville eine so | |
| alberne wie geniale Lösung überlegt. | |
| ## Das Leben als Lego-Animation | |
| „Piece by Piece“ funktioniert ohne Schauspieler. Wie in einem | |
| Dokumentarfilm kommen die Dargestellten selbst zu Wort, im Bild erscheinen | |
| sie jedoch nicht. Denn der Film ist eine Lego-Animation. Da Pharrell selbst | |
| zu den Produzenten des Films gehört, dürfte es ihm nicht schwergefallen | |
| sein, den Regisseur von diesem Schritt zu überzeugen. | |
| Was sich als Idee einigermaßen behämmert anhört, erweist sich im Kino als | |
| Gewinn. Beginnend mit Unterwasserszenen, in denen ein gelber Wal durch ein | |
| farbenstrahlendes Meer taucht, setzt der Film gleich einen bestimmenden | |
| Akzent rund um maritime Angelegenheiten. So wurde Pharrell in der | |
| Küstenstadt Virginia Beach geboren und wuchs in einer Siedlung namens | |
| Atlantis auf. Er bekundet im Film konsequenterweise, von Wasser „besessen“ | |
| zu sein. | |
| Morgan Neville erzählt, wie Pharrell schon als Kind auf Musik besonders | |
| reagierte. Man sieht den kleinen Lego-Pharrell, wie er vor der heimischen | |
| Anlage sitzt und sich Stevie Wonders Song „I Wish“ anhört. Die Boxen | |
| vibrieren dabei nicht bloß als gigantische Kreise, sie werden zu | |
| psychedelisch bunten Tunneln in eine andere Welt. | |
| Die Farben erklärt Pharrell mit seiner Veranlagung zur Synästhesie, bei der | |
| bestimmte Harmonien und Töne vor seinem inneren Auge unterschiedliche | |
| Farben entstehen lassen. | |
| ## Harmonische Kindheit | |
| Harmonisch verlief anscheinend ebenso die Kindheit Pharrells. In seinem | |
| Viertel herrschte, wie er schildert, eine friedliche Atmosphäre, mit einer | |
| Vielzahl von Schulfreunden, die Pharrells Begeisterung für Musik teilten: | |
| Der spätere [3][Produzent Timbaland], ein Cousin Pharrells, gehört genauso | |
| dazu wie die Rapperin Missy Elliott oder sein Kumpel Chad Hugo, mit dem | |
| Pharrell unter dem Namen The Neptunes – noch so eine Meeresanspielung – als | |
| Produzentenduo Musikgeschichte schreiben sollte. | |
| Pharrell und Chad Hugo fallen schon bald mit überraschenden | |
| Soundkombinationen auf. Sie bauen Beats zusammen, mithin Instrumentalstücke | |
| als Basis für Songs von Rappern oder Sängern, und versuchen diese an | |
| Plattenlabel zu verkaufen. Einer der schönsten optischen | |
| Gestaltungseinfälle sind denn auch diese „Beats“, aus blinkenden Legoteilen | |
| zusammengesetzte Objekte, die die Neptunes in Kartons verpackt mit sich | |
| herumführen, um sie im passenden Moment auf die Tische von Labelbossen | |
| purzeln zu lassen. | |
| „Piece by Piece“ erzählt das Leben von Pharrell als einen langsamen | |
| Aufstieg zum Erfolg, der hauptsächlich immer neue Höhen kennt. Zur Musik | |
| kamen irgendwann solche Dinge wie eine eigene Modekollektion hinzu, die | |
| Marke Billionaire Boys Club, deren Kreationen im Lego-Look zugegebenermaßen | |
| nur begrenzt zur Geltung kommen. Als Musiker arbeitete Pharrell zugleich | |
| irgendwann mit Popstars wie Madonna zusammen. Eigentlich alles super. | |
| ## Musikmanager als Lego-Vampire | |
| Dass es auf diesem Weg gleichwohl Tiefen gab, verschweigt der Film nicht. | |
| Pharrells eigene Erzählung bleibt an diesen Punkten jedoch etwas nebulös, | |
| er erwähnt die kreativitätstötenden Einflüsterungen von Musikmanagern, die | |
| als eine Art Lego-Vampir-Elvisse ins Bild gesetzt werden. Zur Illustration | |
| dieser Phase gibt es die naheliegende Lösung eines Strudels auf offenem | |
| Meer, in dem der Lego-Pharrell zu versinken droht. | |
| Viel Konkreteres wäre unter den Entstehungsbedingungen dieses Films ohnehin | |
| nicht zu erwarten gewesen. Ist im Übrigen auch nicht schlimm. Denn der Film | |
| soll, wie Pharrells eigene Musik, vor allem die Laune heben und die Leute | |
| glücklich machen. Ein Erlösungsmoment im Film ist folglich seine | |
| [4][Zusammenarbeit mit dem französischen House-Duo Daft Punk, aus der ein | |
| weiterer Riesenhit und Tanzflächen-Evergreen hervorging: „Get Lucky“]. So | |
| macht Hagiografie Spaß. | |
| 23 Jan 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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