# taz.de -- Berlins Linke diskutiert Wahlprogramm: Jetzt erst recht | |
> Angriffe auf die CDU, Abgrenzung von den Grünen, Kritik an der SPD: Die | |
> Linke macht sich nach dem Mietendeckel-Aus heiß für den Wahlkampf. | |
Bild: Will diesmal ins Rote Rathaus einziehen: Klaus Lederer am Freitag auf dem… | |
Berlin taz | Das Aus für den Mietendeckel, die Corona-Notbremse des Bundes | |
mit ihrer Ausgangssperre auch für Berlin: Es sind nicht die besten | |
politischen Voraussetzungen, unter denen sich Berlins Linke am Freitag im | |
Neuköllner Hotel Estrel live zum Parteitag trifft, um über das Programm für | |
die Abgeordnetenhauswahl am 26. September zu diskutieren. „Jetzt erst | |
recht“, gibt Parteichefin Katina Schubert die Devise vor für das dreitägige | |
Treffen und den Wahlkampf danach. Spitzenkandidat und Kultursenator Klaus | |
Lederer ergänzt in einer kämpferischen Rede: „Wir müssen die Verhältnisse | |
ändern, damit die Menschen ihr Verhalten ändern können.“ | |
Um das zu erreichen, da sind sich beide einig, reicht ein gutes Abschneiden | |
in Berlin allein nicht aus. „Es braucht eine soziale Politik im Land und im | |
Bund, eines von beiden wird nicht reichen“, sagt Lederer. Auch der | |
Bundestag wird am 26. September neu gewählt. | |
Ein Beleg dafür, so Schubert, sei der Mietendeckel, bei dem das | |
Bundesverfassungsgericht vergangene Woche dem Land die Zuständigkeit | |
abgesprochen hat. „Das war bitter, ein herber Rückschlag.“ Aber nun müsse | |
der Bund seine Zuständigkeit nutzen, fordert sie, um entweder einen | |
Mietendeckel auf Bundesebene zu beschließen oder den Ländern mit einer | |
Öffnungsklausel die rechtliche Möglichkeit für eigene Gesetzgebung zu | |
ermöglichen. Nur: Da werde die CDU aber nicht mitspielen, denn „die CDU ist | |
der parlamentarische Arm der Immobilienlobby.“ | |
Schubert verteidigt die Politik der beiden linken | |
Stadtentwicklungssenator*innen seit Dezember 2016 gegen Kritik | |
insbesondere von SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey. Es würden keine | |
landeseigenen Grundstücke mehr veräußert; landeseigene Wohnungen nicht mehr | |
verkauft, sondern zurückgekauft. | |
Und auch beim Neubau, so Schubert, sei in den letzten Jahren viel mehr | |
passiert als zu jenen Zeiten, als die SPD den Bausenator stellte – zuletzt | |
der heutige Innensenator Andreas Geisel. „Inzwischen bauen wir mehr neue | |
Wohnungen, als der Zuzug nach Berlin nötig machen würde“, so Schubert. „W… | |
holen auf.“ | |
Lederer wiederum ärgert sich über die Corona-Notbremse des Bundes. Diese | |
führe zum einen eine „rechtlich problematische, aber wirkungslose | |
Ausgangssperre“ ein. Zugleich verbiete sie bereits gestartete | |
Modellprojekte im Kulturbereich, mit denen geprobt werden könne, wie | |
Theater und Konzerte unter Pandemiebedingungen stattfinden können. Zudem | |
sehe sie bei der Schließung der Theater keine Ausnahmen für den | |
Außenbereich vor. „Wir treiben die Leute in die Innenräume. Das ist Basta- | |
und Symbolpolitik.“ | |
Der Kultursenator greift auch die Grünen an, die sich zuletzt für weniger | |
Autoverkehr in der Stadt stark machten. Das Land müsse mehr tun für den | |
Klimaschutz, gibt er zu. „Aber es ist auch dringend mehr nötig als | |
Coffee-to-Go-Pfandbecher und Radwege“, fügte er hinzu. Im Moment könne man | |
sich ein autofreies Leben in Berlin kaum leisten. Erst müssten | |
Mobilitätsangebote vor allem in den Außenbezirken geschaffen werden, damit | |
„die Leute verzichten können und nicht müssen“. | |
## Mehr als 120 Seiten Wahlprogramm | |
Die Stimmung in den ersten Stunden dieses Parteitreffens ist trotz der | |
jüngsten Dämpfer optimistisch, fast schon euphorisch. Man merkt vielen | |
Redner*innen an, dass sie zahlreiche begonnene Projekt weiterführen | |
wollen in der Regierung. Mehrfach wird betont, dass man sich emanzipiert | |
habe als kleiner Regierungspartner und nicht mehr der Abnicker war, als der | |
die Partei in der rot-roten Koalition besonders zwischen 2006 und 2011 oft | |
bezeichnet worden war. Die Bilanz der drei Linken-Senator*innen wird | |
umfassend gelobt, genauso wie die Arbeit der Fraktion im Abgeordnetenhaus. | |
Den Freitagabend und den Samstagvormittag wollen die Delegierten nutzen, um | |
ihr Wahlprogramm zu beschließen. Es steht unter dem Titel „rot, radikal, | |
realistisch“, arbeitet sich also nicht wie die Konkurrenz der | |
Regierungskoalition am Buchstaben „B“ ab. | |
Mitte März hatte die Partei [1][den Entwurf für das mehr als 120-seitige | |
Programm vorgestellt]. Dem vorausgegangen war ein siebenmonatiger | |
Entwicklungsprozess mit digitalen Versammlungen, auf denen sich Mitglieder | |
und Zivilgesellschaft einbringen konnten. Dennoch waren in den vergangenen | |
Wochen rund 200 Änderungsanträge eingegangen, vor allem zu den großen | |
Themen Verkehr und Bauen/Wohnen, hatte Geschäftsführer Sebastian Koch am | |
Mittwoch berichtet. Bis auf 40 wurden sie in den Entwurf übernommen oder | |
eingearbeitet. Der Rest stehe zur Abstimmung, so Koch. | |
Ab Samstagnachmittag geht es dann um die Wahl der Landesliste für das | |
Abgeordnetenhaus. Auf Platz eins kandidiert Lederer; darauf folgen | |
Sozialsenatorin Elke Breitenbach und an Platz drei Parteichefin Katina | |
Schubert. Kampfkandidaturen sind zumindest auf den vorderen Plätzen nicht | |
zu erwarten. | |
23 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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