# taz.de -- Berliner Abgeordnetenhaus: Vielleicht doch nur mit Feenstaub | |
> Das Parlament debattiert vor der Sommerpause Wege aus der Haushaltskrise. | |
> Die ist durch den Einwohnerschwund beim Zensus noch größer geworden. | |
Bild: So voller Abgeordneter wird der Plenarsaal (hier ein Bild vom 20. Juni) e… | |
Berlin taz | „Dafür sind Sie verantwortlich!“ – „Dass haben wir doch v… | |
Ihnen geerbt!“ – „Ja, aber schon die davor regierend rot-schwarze Koaliti… | |
habe …“ – Es ist die letzte Sitzung vor der Sommerpause im | |
Abgeordnetenhaus, und die schwarz-rote Koalition und die Opposition sind | |
sich in einer Sache ziemlich einig: Dass an der aktuellen Milliarden | |
schweren Finanzmisere auf jeden Fall die andere Seite schuld ist. | |
Zehn Wochen wird das Parlament pausieren, erst am 12. September wieder | |
tagen. Grünen-Haushaltspolitiker André Schulze empfiehlt darum, wie er das | |
mit seinem Schreibtisch mache, ein bisschen aufzuräumen in dieser vorerst | |
letzten Sitzung. „Zum Beispiel das Chaos dieser Koalition“, schlägt er vor. | |
„Euer Chaos“, schallt es sofort aus den Reihen von CDU und SPD, für die | |
klar ist, dass es sich allein um Relikte von Grünen und Linkspartei | |
handelt. Wobei zu der rot-grün-roten Koalition bis April 2023 ja auch die | |
SPD gehörte. | |
Die Linksfraktion hat [1][den jüngsten Zensus-Schock] zum Anlass genommen, | |
noch einmal eine Debatte über die Haushaltslage anzumelden und | |
durchzusetzen. Schock, weil nach jüngster Feststellung Berlin 128.000 | |
Einwohner kleiner ist als gedacht. Auf dem Wohnungsmarkt hat sich das nicht | |
bemerkbar gemacht – Wohnungen sind auch nach dieser offiziellen Korrektur | |
Mangelware. Doch beim Länderfinanzausgleich führen weniger Einwohner dazu, | |
dass es weniger Geld für Berlin gibt – je nach Rechnung 500 bis 700 | |
Millionen Euro. | |
Die Linksfraktion empört sich darüber, dass die Koalition eine noch in | |
ihrer Regierungszeit geplante Abpufferung für einen solchen Fall | |
anderweitig verwandte. Als später Finanzsenator Stefan Evers (CDU) spricht, | |
wird der Linken-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg stakkatohaft | |
dazwischenfragen, wieso das passierte – ohne eine Antwort zu bekommen. | |
## Opposition vermisst verlässliche Planung | |
Grünen wie Linken fehlt eine solide Finanzplanung, Schulze drängt darauf, | |
die Sommerpause für einen Nachtragshaushalt zu nutzen – „beenden Sie das | |
Haushaltschaos“. Das klingt allerdings stark nach jenem Fingerschnipp, mit | |
dem [2][die Fee aus dem taz-„Touché“-Comic] so etwas regelt. Senator Evers | |
denkt offenbar Ähnliches: „Sparen durch Geldausgeben und Feenstaub, das | |
wird nicht gehen“, sagt er wenig später. | |
Sven Heinemann (SPD) verspricht immerhin, dass CDU und SPD in diesem Jahr | |
eine tragfähige Planung vorlegen würden. „Diese Koalition wird sparen, | |
dabei aber sozial, innovativ und verlässlich bleiben“, kündigt er an. Was | |
dann doch so allumfassend klingt, dass man daran ohne Hilfe der taz-Fee | |
Zweifel haben könnte. | |
Evers schließlich erinnert daran, dass die Einsparungen einen „historischen | |
Handlungsbedarf“ erforderten. Tatsächlich machen [3][die fünf Milliarden, | |
die für 2026 fehlen,] prozentual im Landeshaushalt einen weit größeren | |
Brocken aus als im Bundeshaushalt die gerade diskutierten Einsparungen – | |
die dort den Fortbestand der Ampelkoalition bedrohen. | |
Wo ein Teil davon eingespart werden könnte, deutet sich später an: | |
Kultursenator Joe Chialo (CDU) mag nicht garantieren, dass die Komische | |
Oper modernisiert werde. Jetzige Bautätigkeiten seien „nicht ausgesetzt und | |
werden nicht ausgesetzt werden“, sagt er. Über den aktuellen | |
Sanierungsschritt hinaus legt er sich nicht fest – und erinnert vielmehr an | |
die gerade gehörte Rede des Finanzsenators: Die habe doch gezeigt, in | |
welcher Haushaltslage Berlin sei. | |
4 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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