# taz.de -- Bas Eickhout über EU-Klimapolitik: „Warum lasst ihr euch das gef… | |
> Bas Eickhout, Spitzenkandidat der EU-Grünen für die Europawahl, ist | |
> verblüfft. In Brüssel werde von Merkel 1:1 das vertreten, was die | |
> Autoindustrie will. | |
Bild: Der niederländische Politiker und Klimaexperte Bas Eickhout guckt kritis… | |
taz: Herr Eickhout, wir möchten mit Ihnen über Klimaschutz in Europa reden. | |
Was kann Deutschland von den Niederlanden lernen? | |
Bas Eickhout: (lacht) Erst mal würde ich die Niederlande nicht | |
überschätzen. Aber wenn es etwas Vorbildliches an uns gibt, ist es unsere | |
tief verwurzelte Fahrradkultur. Das Radfahren steckt in der | |
niederländischen DNA. | |
Der Unterschied fällt sofort auf. Hier in Utrecht fahren alle Rad, | |
Geschäftsleute, Väter mit Kindern, alte Menschen. Es gibt neben jeder | |
größeren Straße zweispurige Fahrradbahnen mit eigenen Ampeln … | |
… und hinter dem Bahnhof steht das größte Radparkhaus der Welt. Die | |
Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr ist ja entscheidend. Wir haben in | |
den Niederlanden flächendeckende Bike-Sharing-Systeme. Der Ausbau des | |
Radwegenetzes begann in den größeren Städten schon in den 60er Jahren. Das | |
Rad wurde während der Ölkrise als von fossilen Energien unabhängiges | |
Transportmittel entdeckt und gefördert. | |
Interessant ist, dass die Niederlande in anderen Bereichen total gestrig | |
wirken. Ihr Land produziert zum Beispiel jede Menge Plastikmüll. | |
Das stimmt. Das niederländische Umweltbewusstsein ist etwas paradox. Wir | |
haben das Selbstbild, in Sachen Nachhaltigkeit weit vorne zu liegen. | |
Dadurch tun wir in vielen Bereichen nicht mehr das, was nötig wäre. Das | |
Selbstbild, progressiv zu sein, macht faul. In Deutschland ist es ähnlich. | |
Ihr Land liegt vorne bei der Energiewende oder beim Umweltschutz, hinkt | |
aber beim Verkehr oder der Industrie hinterher. | |
Klimaschutz ist im Moment groß in Mode, die meisten Parteien bekennen sich | |
– zumindest irgendwie – dazu. Verlieren die Grünen ihr | |
Alleinstellungsmerkmal? | |
Ganz ehrlich: Das ist mir egal. Je mehr Parteien über Klimaschutz reden, | |
desto besser für das Klima. Sie müssen nur einhalten, was sie predigen. | |
Diejenigen, die jetzt Reformen fordern, haben sie ja in der Vergangenheit | |
oft genug blockiert. | |
Wirklich? Keine Angst vor Konkurrenz? | |
Nein. Wer sich ernsthaft um das Klima sorgt, wählt sowieso das Original. | |
Die Niederlande sind vom Klimawandel direkt betroffen, weil sie durch den | |
steigenden Meeresspiegel Fläche verlieren. Wie wirkt sich das auf die | |
Debatte in Ihrem Land aus? | |
Bei uns wird Klimaschutz breit diskutiert – wie auch in Deutschland. Eine | |
große Mehrheit im Parlament ist zum Beispiel für ein Klimaschutzgesetz. Um | |
Maßnahmen für die unterschiedlichen Bereiche zu beschließen, tagen viele | |
runde Tische. Einer für erneuerbare Energien, einer für Artenschutz, einer | |
für Industriepolitik und so weiter. Dieses konsensorientierte Denken ist | |
typisch für die Niederlande, man setzt alle Interessenvertreter an einen | |
Tisch – und hofft, dass sie sich einigen. | |
Ist das falsch? So lassen sich doch gesellschaftliche Großkonflikte | |
friedlich lösen. | |
Stimmt. Aber in manchen Sektoren funktioniert das nicht, zum Beispiel in | |
der Industriepolitik. Große Branchen, etwa die Chemieindustrie, stemmen | |
sich gegen den Wandel. Deren Vertreter nun an einen Tisch zu setzen, um | |
Reformen zu beschließen, das ist, als lasse man die Truthähne über das | |
Weihnachtsdinner diskutieren. Nicht der beste Weg, um Fortschritt zu | |
erzielen. | |
Ihr Regierungschef Mark Rutte, ein Liberaler, profiliert sich als | |
Klimaschützer. Freut Sie das auch? | |
Rutte klebt sich ein modisches Etikett an, mehr nicht. Beim | |
Klimaschutzgesetz liegen jetzt diverse Vorschläge auf dem Tisch. Wir Grüne | |
fordern zum Beispiel eine CO2-Steuer, die auf den Emissionshandel in der EU | |
aufgesetzt würde. Der Preis für den CO2-Ausstoß muss deutlich steigen, die | |
steuernde Wirkung in der Wirtschaft wäre enorm. Die Steuer wäre auch sozial | |
gerecht, weil die Einnahmen an die BürgerInnen als Prämie zurückgegeben | |
würden – und luxuriös lebende Gutverdiener mehr zahlen müssten. Aber Rutte | |
will alle Vorschläge jetzt erst mal prüfen, eine Entscheidung soll im Juni | |
fallen. Also nach den Europawahlen – das ist natürlich „reiner“ Zufall. | |
Rutte warb vor einem Jahr dafür, die CO2-Einsparziele in der EU drastisch | |
zu verschärfen. Warum nehmen Sie ihn nicht beim Wort? | |
Tun wir doch. Was Rutte tut, beobachte ich bei allen Konservativen. Sie | |
unterschreiben die Pariser Klimaschutzziele und loben sich dafür. Aber wenn | |
es konkret wird, werden sie nervös – auch weil die Industrie hart gegen | |
Änderungen ist. Diese Haltung ist auch demokratietheoretisch fatal. Das | |
eine sagen, das andere tun – damit stärkt man nicht das Vertrauen in die | |
Politik. | |
Sehen Sie eine Chance für eine harte CO2-Steuer in der EU? Die deutschen | |
Konservativen sind uneins. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist | |
dagegen, andere, etwa NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, sind offener. | |
Ich denke, es gibt eine realistische Chance für eine europäische | |
CO2-Steuer. Der Druck auf die Parteien ist groß, weil Klimaschutz | |
öffentliche Debatten dominiert – siehe Fridays for Future. Ende April haben | |
die Spitzenkandidaten der Parteien in Maastricht vor 500 jungen Leuten | |
diskutiert. Was mein sozialdemokratischer Konkurrent Frans Timmermans oder | |
der Liberale Guy Verhofstadt da erzählt haben, klang manchmal wie das grüne | |
Parteiprogramm. Hinter solche Aussagen kommt man nicht mehr zurück. | |
Aber eine CO2-Steuer müsste einstimmig von den 28 Mitgliedstaaten | |
beschlossen werden. Das ist ausgeschlossen. | |
Ja. Ein einstimmiges Votum für die Steuer wird es nicht geben. Wir brauchen | |
eine Allianz der Willigen, also mehrere Länder, die vorangehen. Da gibt es | |
im Moment eine interessante Gruppe. Die Niederlande wären dabei, Frankreich | |
wohl auch, Finnland, Schweden, Dänemark, Belgien, Luxemburg – vielleicht | |
auch Spanien, abhängig von der nächsten Regierung. Aber natürlich schauen | |
alle auf ein Land: Deutschland. | |
Warum? | |
Deutschland ist mit Abstand die größte Volkswirtschaft in der EU. Die | |
Industrien aller Länder stehen im Wettbewerb mit der deutschen Industrie – | |
oder sind abhängig von ihr. Wenn die Nachbarstaaten ohne Deutschland eine | |
CO2-Steuer einführen, hätte die deutsche Industrie einen enormen | |
Wettbewerbsvorteil. Die CO2-Steuer kommt deshalb nur, wenn die Deutschen | |
mitziehen. | |
Die Hoffnung wäre, dass sich immer mehr Staaten dieser Allianz der Willigen | |
anschließen? | |
Richtig. Es gäbe einen Domino-Effekt. Denn die Industrielobby in den | |
vorangehenden Staaten würde schwenken – und eine EU-weite Einführung der | |
CO2-Steuer fordern. Die französische Chemieindustrie hätte ja plötzlich das | |
Interesse, dass auch die italienische Industrie die Steuer zahlt. | |
Wettbewerb braucht einen fairen Rahmen. | |
Glauben Sie, dass Deutschland mitzieht? Die nächste Kanzlerin wird | |
vermutlich Kramp-Karrenbauer heißen. | |
Eigentlich wäre das nur logisch. Die Debatte über die CO2-Steuer lässt sich | |
auf die Frage zuspitzen: Schließt sich Deutschland einer progressiven | |
Koalition mit Frankreich an? Oder schlägt sich Deutschland auf die Seite | |
der polnischen Regierung, die Klimaschutz für unnötig hält? Die Antwort | |
läge aus meiner Sicht auf der Hand. Aber bislang bekommt Deutschland das | |
nicht auf die Reihe. | |
Warum ist das so? | |
Die Macht der deutschen Industrie ist groß. Bis jetzt hat Deutschland beim | |
Klimaschutz die tief hängenden Früchte gepflückt – Windräder aufzustellen | |
ruft nicht gerade die Industrielobby auf den Plan. Aber jetzt sind | |
Änderungen im konservativen Herzland nötig. Die Autoindustrie müsste | |
mitziehen, die chemische Industrie auch. Außerdem gibt es wohl auch einen | |
politischen Grund: Viele konservative Politiker schauen bereits auf die | |
Koalition der Zukunft, auf Schwarz-Grün. Sie wollen nicht jetzt schon alle | |
Bonbons aus der Hand geben, mit denen sie die Grünen gewinnen könnten. | |
Wie treten Angela Merkel oder ihr Wirtschaftsminister Peter Altmaier in | |
Brüssel auf? | |
Das deutsche Vorgehen in Brüssel verblüfft mich ehrlich gesagt. Die EU hat | |
zuletzt zwei wichtige Beschlüsse gefasst, die die Automobilindustrie | |
betreffen. Sie hat 2018 vorgegeben, dass der Kohlendioxidausstoß für | |
Neuwagen bis 2030 im Vergleich zu 2021 um 37,5 Prozent sinken muss. Und sie | |
hat wenig später CO2-Zielmarken für Lkws beschlossen. Merkels Regierung hat | |
in Brüssel 1:1 das vertreten, was die Autoindustrie will. Warum lassen sich | |
die Deutschen das gefallen? | |
Für viele ist das Auto ein Symbol für Freiheit. Und die Automobilindustrie | |
ist für die meisten Parteien sakrosankt. Dort haben 800.000 Menschen gut | |
bezahlte Jobs, die oft eine ganze Familie ernähren. Soll Merkel das | |
ignorieren? | |
Natürlich nicht. Die Jobs in der Autoindustrie rettet man aber nur, indem | |
man sie zum Wandel zwingt. Sonst sind die Arbeitsplätze irgendwann weg – | |
und wir importieren E-Autos aus China. In den Niederlanden ist der | |
Ölkonzern Shell mächtig. Wenn eine konservative Regierung so offensichtlich | |
Shell-Interessen verträte, käme sie unter Druck. Das scheint in Deutschland | |
anders zu sein. | |
Das Problem ist doch: VW, Daimler und Co. verdienen bisher am meisten, wenn | |
sie ein Diesel-SUV verkaufen. Bewährte Technik, hohe Rendite. [1][Wie | |
bringt man sie zum Umdenken]? | |
Die Politik muss einen Rahmen setzen, der sie dazu zwingt. VW und andere | |
Konzerne haben jahrelang gegen schärfere CO2-Grenzwerte gekämpft. Aber kaum | |
waren die neuen Reduktionsziele von der EU gesetzt, schon gab VW-Chef | |
Herbert Diess bekannt, in Zukunft voll auf Elektromobilität zu setzen. Wenn | |
er etwas nicht mehr verhindern kann, setzt er sich lieber an die Spitze der | |
Bewegung. Toughe Politik beeinflusst die Diskussion in den Chefetagen. | |
Sie haben die Lkw-Gesetzgebung der EU-Kommission mitverhandelt, die im Mai | |
2018 bekannt gegeben wurde. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß neuer | |
Lastwagen [2][muss bis 2025 um 15 Prozent sinken], bis 2030 um mindestens | |
30 Prozent. Um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, wäre mehr | |
notwendig, oder? | |
Der Kompromiss ist das Beste, was mit den Regierungen der | |
EU-Mitgliedstaaten zu erreichen war. Deutschland hat für weichere Regeln | |
gekämpft. Das Ziel für 2025 lässt sich mit effizienteren Diesel-Motoren | |
erreichen. Aber das 2030-Ziel nicht mehr. Die Hersteller müssen neue | |
Technologien entwickeln, um es einzuhalten. Das war für die Automobilfirmen | |
ein Schock. | |
Welche Art von Technologie wird das sein? E-Mobilität wie bei Autos? | |
Ich habe keine Kristallkugel. Kleinere Transporter werden elektrisch | |
fahren. Es gibt die Idee, Oberleitungen auf Autobahnen zu installieren – | |
für E-Trucks. Bei schweren Lastwagen mit großen Reichweiten werden wir | |
Wasserstoff als Energieträger erleben. | |
Mit welchen Tricks hat die deutsche Autolobby gegen die Gesetzgebung | |
gekämpft? | |
Die deutsche Autoindustrie hatte eine sehr kluge Strategie. Sie haben die | |
Gewerkschaften benutzt, um die Sozialdemokratie zu beeinflussen. Dort | |
spielt natürlich die Angst vor Jobabbau eine Rolle. Die Industrie droht, | |
okay, wenn so harte Grenzwerte kommen, müssen wir eben folgende Werke | |
schließen. Die Konzernbosse gehen wiederum zu den Christdemokraten – und | |
erzählen, wie wichtig ihre Exporte für die Wirtschaftsbilanz sind. Die | |
Autoindustrie hatte deshalb die zwei politischen Blöcke auf ihrer Seite, | |
die jahrelang die Mehrheit in der EU hatten. | |
Was bringt ein Reduktionsziel, das für das Pariser Klimaschutzabkommen | |
nicht ausreicht? | |
Dieser erste Schritt setzt eine Kaskade in Gang. Als Deutschland gesagt | |
hat, wir setzen jetzt auf die Energiewende, hat das den Mark geändert. | |
Erneuerbare Energien boomten und wurden immer günstiger. Genauso wird es | |
bei den Autos und Lastwagen laufen. Die großen Player sind nun gezwungen, | |
ernsthaft in neue Technologien zu investieren. Dadurch ändern sich Preise | |
und Märkte. Ich wette, dass wir bei dem für 2025 vereinbarten Review die | |
Latte für 2030 noch höher legen können. Am Ende muss der Transportsektor | |
klimaneutral sein, klar. | |
Es geht also darum, Kipppunkte zu erreichen? | |
Genau. Die Autoindustrie wird nun forciert auf Elektroautos setzen, um die | |
CO2-Ziele einzuhalten. Die will sie natürlich in Europa verkaufen. Sie wird | |
deshalb anfangen, bei den Regierungen für die nötige Infrastruktur zu | |
lobbyieren, etwa Elektroladestationen. Das ist das Geheimnis: Du musst die | |
Lobby, die bisher gegen dich arbeitete, dazu bringen, für dich zu arbeiten. | |
Kennen Sie [3][VW-Chef] Diess persönlich? | |
Nein. Der redet lieber mit den wichtigen Leuten bei den Konservativen. Ich | |
kenne die vielen Lobbyisten der Autoindustrie, die in Brüssel herumlaufen. | |
Wie reden die mit Ihnen? Bei Sterne-Dinner und Champagner? | |
Das passiert meist in einem langweiligen Büro. Sie starten immer mit einem | |
Vortrag darüber, dass Nachhaltigkeit der Kern ihres Geschäfts sei. Immer. | |
Die ersten fünf Minuten kannst du eine Bingo-Karte ausfüllen. Dann geht es | |
los. Die Geschwindigkeit des Wandels müsse zu managen sein, die Konzerne | |
dürften nicht überfordert werden, das volle Programm. Manchmal höre ich von | |
Kollegen, dass sie behaupten, mit den Grünen könne man nicht arbeiten. Wir | |
seien verrückte Romantiker und Bäume-Umarmer. So was sagen sie mir | |
interessanterweise nie ins Gesicht. | |
Das ist ja wie in der taz. | |
Tja, wir sind alle nur Menschen. | |
Sind die Grünen eigentlich ehrlich zu ihren WählerInnen? | |
Sind wir das nicht? | |
Wir haben den Eindruck, dass die Grünen von heute sehr fortschritts- und | |
marktgläubig sind. Sie sagen, wir alle können weiter konsumieren wie | |
bisher, nur eben grüne Produkte. Müssten Sie nicht auch Verzicht fordern? | |
Ich finde es falsch, den KonsumentInnen die Verantwortung für Klimaschutz | |
zuzuschieben. Wenn das System nicht funktioniert, kannst du die Verbraucher | |
nicht dafür bestrafen, dass sie die Dinge kaufen, die das System | |
produziert. Entscheidend ist, den politischen Rahmen zu ändern, damit | |
umweltfreundliches Verhalten belohnt wird. | |
Aber das CO2-neutrale Flugzeug wird es erst in Jahrzehnten geben. Bis dahin | |
würde dem Klima ein Verzicht auf Urlaubsflüge sehr helfen. | |
Auf Verbote zu setzen ist nicht sinnvoll, wenn man Mehrheiten gewinnen | |
will. Kultureller Wandel passiert zudem oft schneller, als man denkt. | |
Rauchen war vor wenigen Jahren cool, heute ist es verpönt. Autofahren in | |
Innenstädten wird bald ähnlich out sein. Wir merken jetzt schon, dass junge | |
Menschen das Auto nicht mehr als Statussymbol sehen, wie sie es früher | |
taten. | |
Die Grünen, die sich früher Gedanken über Postwachstum machten, wirken | |
heute [4][wie eine Feel-Good-Bewegung]. | |
Ich sehe das anders. Für uns Grüne in ganz Europa geht es um Klima, | |
Soziales und Demokratie. Wenn wir nur in Grün und in Feel-Good machen | |
würden, ohne an die soziale Gerechtigkeit zu denken, dann würden wir sie | |
verlieren, die Unterstützung für Grün. | |
Warum sind Sie persönlich heute in der Politik? Warum sind Sie nicht | |
Wissenschaftler geblieben? | |
Vielleicht bin ich einfach nicht geduldig genug für die Wissenschaft | |
(lacht). Aber Spaß beiseite: Aus meiner Sicht sind die Expertenantworten | |
zum Thema Klima seit rund zehn Jahren vollständig da, sie werden nur noch | |
immer klarer. Es gibt Klimawandel, er ist menschengemacht, wir können | |
dagegen ankämpfen, wenn wir es wirklich wollen. Und, Überraschung: Es ist | |
wirtschaftlich aufs Ganze gesehen gar nicht so teuer. Was mich betrifft, | |
fühlte ich Mitte der Nullerjahre: Bas, du kannst noch sehr viel forschen | |
und veröffentlichen, das kann so brillant sein, wie es will, aber auf | |
politischer Ebene schert das keinen. Also beschloss ich, auf die „andere“ | |
Seite, in die Politik, zu wechseln. Es zumindest auszuprobieren. Heute kann | |
ich in der Politik mehr machen, mehr erreichen, als ich ursprünglich | |
dachte. Ja, so ist es. | |
Wie kommt es, dass Sie oft als Nerd und Technokrat dargestellt werden? | |
Na ja, die meisten Medien wollen ein klares Bild von mir liefern, und so | |
bin ich halt der, der die Ahnung hat, der viel und effektiv „Stoff“ | |
liefert. Und dann kommt aber stets, dass ich ein ganz schöner Nerd bin. | |
Aber ich weiß einfach nur, im Gegensatz zu manchen politischen Gegnern, | |
worüber ich spreche. Und ich konnte immer schon gut präsentieren – als | |
Wissenschaftler habe ich hin und wieder sogar Forschungsprojekte von | |
Kollegen vorgestellt. Die hatten mich darum gebeten, auch wenn das in der | |
Wissenschaft ungewöhnlich ist. Wahrscheinlich kann ich einfach ganz gut | |
erklären (lacht). Schwierige, komplizierte Sachverhalte so runterzubrechen, | |
dass auch Nichtexperten folgen können: Das ist mein Ding. | |
13 May 2019 | |
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