| # taz.de -- Auslandseinsätze der Bundeswehr: Ein Problem namens Mali | |
| > In Mali hat das Militär die Macht übernommen und pocht auf seine | |
| > nationale Souveränität. Muss Deutschland jetzt seine EU- und UN-Soldaten | |
| > abziehen? | |
| Der aktuell größte Auslandseinsatz der Bundeswehr steht vor dem Aus – oder | |
| zumindest vor einer Neukonzeption. Eigentlich sollen die rund 1.000 | |
| deutschen Soldaten und Polizisten in der UN-Stabilisierungsmission für Mali | |
| (MINUSMA) und die rund 100 Deutschen in der EU-Ausbildungsmission für Malis | |
| Armee (EUTM Mali) vor allem der gewählten Regierung des Landes helfen, die | |
| staatliche Autorität in ganz Mali wiederherzustellen, indem Hilfe bei der | |
| Stabilisierung geleistet und eine funktionierende Armee aufgebaut wird. | |
| Seit anderthalb Jahren aber hat Mali keine gewählte Regierung mehr, und die | |
| heute herrschenden Militärs sehen die Anwesenheit ausländischer Truppen | |
| mittlerweile als Hindernis für ihr Machtstreben. | |
| „Wenn sich in Mali nichts ändert, kann es ein einfaches ‚Weiter so‘ dort | |
| nicht geben“, sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) | |
| diese Woche vor einer geplanten Reise nach Niger und Mali, die in letzter | |
| Minute wegen eines Coronafalls in ihrem Umfeld abgesagt wurde. | |
| Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte vergangene Woche | |
| gesagt, Deutschland müsse sich „ehrlich fragen, ob die Voraussetzungen für | |
| den Erfolg unseres gemeinsamen Engagements weiter gegeben sind.“ | |
| Viel Zeit für eine Antwort ist nicht. Die Mandate des deutschen Bundestages | |
| für die Einsätze in Mali laufen Ende Mai aus. Am 13. April will das | |
| Bundeskabinett die Vorschläge für die weitere Mandatierung beschließen. | |
| Schon bald muss es also Klarheit geben, auch auf EU-Ebene. Dafür könnte der | |
| große [1][Europa-Afrika-Gipfel] in Brüssel kommende Woche, der zwei Jahre | |
| lang wegen Corona verschoben wurde, eine Gelegenheit bieten. Und | |
| Frankreich, die Exkolonialmacht und das am stärksten in Mali militärisch | |
| engagierte Land, macht Druck: Anfang Februar, als Mali den französischen | |
| Botschafter hinauswarf, setzte die Regierung in Paris eine Frist von zwei | |
| Wochen, um „mit unseren Partnern zu sehen, wie sich unsere Präsenz vor Ort | |
| entwickelt und Anpassungen vorzusehen“, so Regierungssprecher Gabriel | |
| Attali. Wie könnte das Ergebnis aussehen? Und was ist dabei zu bedenken? | |
| ## Wie es anfing: Hollandes Krieg | |
| In den 1990er und 2000er Jahren galt Mali als stabilste Demokratie der | |
| Sahelzone. Doch aus Algerien setzten sich flüchtige islamistische | |
| Untergrundkämpfer in Malis Wüste fest und finanzierten sich durch Schmuggel | |
| und Geiselnahmen. Es kämpften dort auch Rebellen des Tuareg-Volkes, seit | |
| 2011 verstärkt durch aus Libyen zurückgekehrte Tuareg-Kämpfer aus Gaddafis | |
| Streitkräften. Malis Staat verlor seine Autorität. | |
| Am 21. März 2012 putschten verärgerte Soldaten in Malis Hauptstadt Bamako. | |
| Am 6. April 2012 riefen Tuareg-Rebellen im Norden eine unabhängige | |
| „Republik Azawad“ aus, wo islamistische Kämpfer bald die Kontrolle | |
| übernahmen. Der Zerfall Malis und ein islamistisches Kalifat mitten in | |
| Afrika zeichnete sich ab. Als in Frankreich am 15. Mai François Hollande | |
| Präsident wurde, stand Mali ganz oben auf seiner Problemliste. Aber der | |
| Sozialist wollte keine Militärintervention alten Stils. Die Staaten Europas | |
| und Westafrikas sollten die Führung übernehmen. | |
| Bereits ab Juni 2012 dachte die EU über eine Trainingsmission zum Aufbau | |
| einer funktionierenden Armee in Mali nach. Das Konzept „EUTM Mali“ wurde am | |
| 10. Dezember 2012 beschlossen. Ihr Kommandant, der französische General | |
| François Lecointre, war schon seit September im Land. Zeitgleich hatte Mali | |
| um westafrikanische Militärhilfe zur Rückeroberung des Nordens gebeten. Der | |
| UN-Sicherheitsrat billigte die Eingreiftruppe MISMA (Internationale | |
| Unterstützungsmission für Mali unter afrikanischer Führung) am 20. Dezember | |
| 2012. | |
| Doch dann machten Gegner einer ausländischen Intervention in Bamako mobil. | |
| Im Norden sahen die Islamisten eine Chance, ganz Mali zu erobern. Um einem | |
| befürchteten Putsch zuvorzukommen, landeten in der Nacht zum 11. Januar | |
| 2013 französische Truppen in Mali, zu Tausenden. Frankreichs größter | |
| Afrikafeldzug seit der Kolonialzeit begann. | |
| Innerhalb weniger Wochen zogen sich die Islamisten in die Wüste zurück. | |
| Schon am 2. Februar 2013 ließ sich Präsident Hollande in Mali triumphal als | |
| „[2][Befreier]“ feiern. Ab jetzt war die Marschroute klar. Frankreichs | |
| Interventionstruppe „Serval“, 2014 zur Antiterroroperation „Barkhane“ | |
| umgetauft, jagt die verbliebenen Terroristen militärisch. Mali kehrt zur | |
| Demokratie zurück – aus Wahlen im Juli und August 2013 ging | |
| Ex-Oppositionsführer Ibrahim Boubacar Keïta, genannt IBK, als Präsident | |
| hervor. Die UN sichert befriedete Gebiete – am 25. April 2013 gründete der | |
| UN-Sicherheitsrat die UN-Blauhelmmission MINUSMA und darin ging die MISMA | |
| auf. Die EU trainiert Malis Armee, damit sie irgendwann ihr Land selbst | |
| verteidigen kann – EUTM Mali wurde am 17. Januar 2013 offiziell aus der | |
| Taufe gehoben und bildete ab April Soldaten in der Militärverwaltungsschule | |
| Koulikoro außerhalb von Bamako aus. | |
| Die EU- und UN-Missionen in Mali, an denen Deutschland beteiligt ist, | |
| wurden vor Frankreichs militärischem Eingreifen konzipiert und müssten | |
| unabhängig davon operieren können. In der Praxis sind sie von Frankreichs | |
| militärischem Schutz abhängig und in Frankreichs Konzept für Mali | |
| eingebettet. Die Schwierigkeit, das EU- und UN-Eingreifen in Mali losgelöst | |
| vom Stand der Beziehungen zwischen Paris und Bamako zu definieren, ist das | |
| Dilemma, in dem sich die aktuelle Abzugsdebatte bewegt. | |
| ## Wie es schiefging: Terror ohne Grenzen | |
| Nach Frankreichs Intervention 2013 war der islamistische Terror besiegt, | |
| aber nicht verschwunden. Die Untergrundkämpfer dehnten sich in instabile | |
| Nachbarländer aus wie Burkina Faso und Niger, das zugleich mit der | |
| Ausdehnung der Islamistensekte Boko Haram aus Nigeria rund um den Tschadsee | |
| zu kämpfen hatte. In Mali schloss die Regierung 2015 Frieden mit den | |
| Tuareg-Rebellen und gewährte ihnen Autonomierechte; auch in anderen | |
| Landesteilen griffen daraufhin ethnische Milizen zu den Waffen. | |
| Die internationalen Interventionsmissionen wuchsen ins Uferlose. Die | |
| UN-Mission MINUSMA sowie Frankreichs Antiterrortruppe Barkhane verdoppelten | |
| ihre Truppenstärken zwischen 2014 und 2020 auf jeweils etwa 14.500 und | |
| 5.000 Soldaten. Dazu kam die EU-finanzierte afrikanische „G5-Sahel“ mit | |
| Soldaten aus Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad, und die | |
| französisch geführte europäische „Operation Takuba“ mit rund 800 | |
| Spezialkräften. | |
| Der Feind war davon unbeeindruckt. Die Zahl der islamistischen Anschläge in | |
| Burkina Faso, Mali und Niger verfünffachte sich zwischen 2016 und 2020 und | |
| verdoppelte sich 2021 noch einmal fast. 2021 starben dabei laut dem | |
| [3][African Centre for Strategic Studies] 4.839 Menschen, 17 Prozent mehr | |
| als im Vorjahr. Die meisten waren Zivilisten und lokale Soldaten. In Mali | |
| sind seit 2013 auch 53 französische Soldaten und 260 UN-Soldaten gefallen. | |
| Dass Frankreich militärisch vormacht, wie man Mali kontrolliert, ist im | |
| Grunde ein Kolonialmodell. Frankreich, sagen Kritiker, spricht seine | |
| Operationen in Mali nicht ab, teilt seine Informationen nicht und lässt | |
| sich nicht multilateral einbinden. Für viele Malier besteht ein | |
| Zusammenhang zwischen schwachen Regierungen und dem Erstarken sowohl | |
| islamistischer Terrorgruppen als auch internationaler Eingreiftruppen. Ihr | |
| Gegenrezept: Die Regierungen müssen weg, die internationalen Truppen müssen | |
| raus, erst dann kann der Terror besiegt werden. | |
| Ab 2020 setzten sie das in die Tat um. In Mali putschten Spezialkräfte im | |
| August 2020 gegen Präsident IBK; ihr Anführer, Oberst Assimi Goita, wurde | |
| nach einem zweiten Putsch im Mai 2021 Präsident. In Burkina Faso putschte | |
| Armeekommandant Sandaogo Damiba im Januar 2022. Beiden Umstürzen gingen | |
| Proteste voran, gegen die eigenen Regierungen und gegen Frankreich. Die | |
| neuen Militärmachthaber appellieren an den Nationalstolz und die „Einheit | |
| von Armee und Volk“; sie lehnen eine Rückgabe der Macht an die | |
| gescheiterten Politiker ab. Es ist von grundlegenden Staatsreformen die | |
| Rede, von gezielten Militärschlägen gegen Terroristen, aber auch von | |
| Dialog. | |
| Hinter dem islamistischen Terror verbergen sich sehr unterschiedliche | |
| Gruppen. Manche Islamisten sehen sich als Bestandteil des globalen | |
| „Islamischen Staates“ in einem globalen Krieg; andere haben aus den alten | |
| al-Qaida-Netzwerken neue Machtgebilde errichtet; dazu kommen ethnisch | |
| konstituierte Milizen zum Selbstschutz. Aus europäischer Sicht muss man sie | |
| alle bekämpfen – aber aus Sicht der Sahelstaaten sind Gespräche mit | |
| Gruppen, die in der eigenen Bevölkerung verankert sind, legitim und | |
| notwendig. Dieser Dissens ist ungelöst. | |
| Gespräche mit „Terroristen“ in Mali bezeichnete Frankreich bereits 2020 als | |
| „rote Linie“, die man nicht hinnehmen werde; ebenso Deutschland. Eine | |
| weitere „rote Linie“ ist die Frage einer Rückkehr zur Demokratie in Form | |
| von Wahlen. Malis Militärmachthaber willigten nach ihrem ersten Putsch in | |
| eine Übergangsfrist von 18 Monaten ein, mit Wahlen Ende Februar 2022. Doch | |
| der zweite Putsch im Mai 2021 ließ diese Aussicht in weite Ferne rücken. | |
| Frankreichs Präsident Emmanuel Macron reagierte darauf am 10. Juni 2021 mit | |
| der Ankündigung, die Operation Barkhane zu beenden – ohne Absprache mit | |
| Mali, das nun auch keinen Grund mehr sah, sich abzusprechen. | |
| Den Fahrplan für Wahlen Ende Februar 2022 beerdigte Malis Regierung formell | |
| Ende 2021: Nun war von Wahlen erst 2026 oder 2027 die Rede. Darauf | |
| reagierte Westafrikas Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische | |
| Wirtschaftsgemeinschaft) am 9. Januar 2022 mit einer harten | |
| Wirtschaftsblockade: Die Grenzen zu Mali wurden geschlossen, der | |
| grenzüberschreitende Zahlungsverkehr eingestellt. Am 4. Februar legte die | |
| EU mit Strafmaßnahmen nach, darunter gegen Malis Premierminister Choguel | |
| Maïga. Der revanchierte sich drei Tage später mit einer Brandrede vor dem | |
| diplomatischen Korps in Bamako, auf der er rief: „Wir lassen unser Land | |
| nicht versklaven, das ist vorbei!“ Zuvor hatte seine Regierung den | |
| französischen Botschafter ausgewiesen. | |
| Seitdem herrscht Eiszeit. Und eine dritte Irritation kommt dazu: Russland. | |
| Als Frankreich im Oktober 2021 im Rahmen der Verkleinerung von Barkhane den | |
| Rückzug aus Timbuktu, Kidal und Tessalit im Norden Malis ankündigte, nahm | |
| Malis Militärführung Gespräche mit russischen Beratern auf. Nach | |
| US-Schätzungen sind mittlerweile mehrere Hundert Russen – mal werden sie | |
| als offizielle Militärberater geführt, mal als Angehörige von Privatfirmen | |
| im Umfeld der Söldnertruppe Wagner – in Mali stationiert und haben unter | |
| anderem die französische Basis in Timbuktu übernommen. | |
| Russland hat auf ähnliche Weise bereits Frankreich in der | |
| [4][Zentralafrikanischen Republik] marginalisiert und sieht nun die Chance, | |
| seinen Einfluss auch auf Mali auszuweiten. Aber für mehrere europäische | |
| Länder ist die Präsenz der Russen in Mali unvereinbar mit der eigenen. | |
| Schweden hat sich aus der Spezialkräfteoperation Takuba zurückgezogen und | |
| überprüft auch seine Teilnahme an der UN-Mission. Norwegen zog seine Zusage | |
| für Truppen für EUTM Mali zurück. Dänemark holte sein Takuba-Kontingent | |
| nach Hause, nachdem Mali den Abzug forderte. | |
| Die „Operation Takuba“ darf sich neuerdings nur noch mit vorheriger | |
| schriftlicher Erlaubnis der malischen Stellen im Land bewegen, was sie | |
| faktisch lahmlegt. Der UN-Mission war im Januar zeitweise jede Luftbewegung | |
| untersagt. Das ist wieder aufgehoben, aber laut dem französischen Fachbrief | |
| Africa Intelligence muss sie jetzt jede Bewegung in der Luft 36 Stunden | |
| vorher anmelden. | |
| ## Wie es weitergeht: Warten auf Wahlen | |
| Die deutschen UN-Soldaten in Gao sind derzeit meist kaserniert. Die | |
| EU-Trainingsmission in Koulikoro ist ohnehin seit Beginn der | |
| Covid-19-Pandemie nur noch ein Schatten ihrer selbst: Monatelang fanden gar | |
| keine Aktivitäten mehr statt. Derzeit sind angeblich nur acht deutsche | |
| Ausbilder und vier deutsche Berater vor Ort. Enden die Missionen also | |
| faktisch von allein? | |
| Experten aus der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit warnen davor. | |
| Schlimmstenfalls könnte ein militärischer Abzug einen zivilen Sogeffekt | |
| erzeugen, indem auch die Unterstützung sinnvoller ziviler Prozesse endet, | |
| von der Ernährungssicherheit bis zur lokalen Versöhnung. Das Netzwerk | |
| „Afrique Europe Interact“, das vielfältige Kontakte in Mali pflegt, betont | |
| in einer Erklärung, dass die UN-Blauhelmmission „dort, wo sie zum Einsatz | |
| kommt, eine Schutzwirkung gegenüber der Zivilbevölkerung entfaltet“. Zu | |
| EUTM heißt es, dass ihre Verkleinerung Malis Armee gegenüber bewaffneten | |
| Gruppen schwächen würde. | |
| Die EU plant derzeit keinen Abbruch von EUTM Mali. Das EU-Mandat dafür | |
| läuft bis Mai 2024. Da es auch Ausbildungstätigkeit in anderen Sahelländern | |
| vorsieht, könnte die Mission innerhalb ihres Mandats nach Niger verlegt | |
| werden. Schon die EU-Trainingsmission EUTM Somalia arbeitete jahrelang in | |
| Uganda, nicht in Somalia. | |
| Bei der UN-Mission MINUSMA ist die Sache komplizierter. Das aktuelle | |
| UN-Mandat läuft nur bis Ende Juni 2022. Schon 2020 hatte der | |
| UN-Sicherheitsrat in Reaktion auf Malis ersten Putsch beschlossen, nur noch | |
| die Rückkehr zur Demokratie zu begleiten und dann eine „mehrstufige und | |
| koordinierte Übergabe der Sicherheitsverantwortung an nationale Behörden“ | |
| einzuleiten. Da ging man noch von Wahlen im Februar 2022 aus. Jetzt würde | |
| auch dieses reduzierte Ziel ein neues, „angepasstes“ Mandat ab Juli | |
| benötigen. | |
| Der bestehende „Anpassungsplan“ der MINUSMA vom Juli 2021 geht eher in | |
| Richtung Ausweitung. Im Zentrum Malis, Brennpunkt ethnischer Konflikte, | |
| soll es mehr Kampfhubschraubereinsätze geben; im Norden Malis, | |
| traditionelles Rückzugsgebiet der Islamisten, „schnelle Eingreiftruppen“. | |
| Dafür soll die UN-Mission um über 2.000 Mann wachsen – sie wäre dann die | |
| größte der Welt und deutlich kampffähiger als jetzt. | |
| Die deutschen Überlegungen sehen eine Pause oder ein Zurückfahren des | |
| EU-Einsatzes in Mali vor, aber ein fortdauerndes Engagement in der | |
| UN-Mission. Eine Verlagerung von EUTM Mali nach Niger, wo bereits | |
| Spezialkräfteausbildung stattfindet, würde einen Abzug aus Mali | |
| ermöglichen, ohne die EU-Mission zu verlassen. Die Arbeit in Mali könnte | |
| wieder aufgenommen werden, wenn die Rahmenbedingungen wieder stimmen. | |
| Aus deutschen Regierungskreisen ist die Überlegung zu hören, Mali müsste | |
| sich jetzt mit ECOWAS auf einen Zeitplan für Wahlen einigen, der dazu | |
| führt, dass die Sanktionen gegen Mali wieder aufgehoben werden können. Ein | |
| überstürzter Abzug ist in so einem Szenario nicht nötig. | |
| Die Zukunft der Bundeswehr in Mali davon abhängig zu machen, ob Malis | |
| Militärs bei Wahlen einlenken, hat allerdings zwei Schönheitsfehler. Der | |
| erste: Die Militärs lenken möglicherweise nicht ein – und das Land versinkt | |
| im Chaos. Diese Woche hat das wichtigste Oppositionsparteienbündnis in Mali | |
| angekündigt, die Militärregierung ab 25. März nicht mehr anzuerkennen und | |
| ab Ende Februar für eine Rückkehr zur Demokratie auf die Straße zu gehen. | |
| Die Parteien wünschen sich Wahlen innerhalb von neun Monaten und davor eine | |
| neutrale Übergangsregierung. Eine blutige Konfrontation auf der Straße in | |
| Bamako ist denkbar. | |
| Der zweite Schönheitsfehler besteht in der Unklarheit über den Verbleib | |
| französischer Truppen. Mitten in einem Präsidentschaftswahlkampf, in dem | |
| Frankreichs gesamte Opposition den Rückzug aus Mali fordert, kann sich | |
| Macron keine Verluste leisten. Wenn Paris zu einem schnellen Abzug gedrängt | |
| wird, wären auch EUTM Mali und MINUSMA erst mal lahmgelegt. | |
| Die Generäle in Bamako haben all dies in der Hand. Das macht die deutsche | |
| Abzugsdebatte nicht einfacher. Malis Politik ist extrem zentralisiert, aber | |
| die Hauptstadt ist weit weg von den meisten Konfliktgebieten – von Bamako | |
| nach Gao ist es genauso weit wie von Berlin in die Ukraine. | |
| Gesprächspartner für das internationale Eingreifen müssten eigentlich die | |
| Menschen vor Ort sein, nicht nur die Regierungen. Der malische Exminister | |
| Ousmane Sy, der das von der französische Kolonialmacht hinterlassene | |
| zentralistische und autoritäre Staatsmodell als überholt sieht, fordert | |
| nicht nur eine administrative Dezentralisierung, sondern auch eine | |
| „Dezentralisierung des Sicherheitsmanagements“. | |
| „Gemeinwesen im Sahel müssen von unten wiederaufgebaut werden“, fasst der | |
| Sahel-Ausschuss der „Vereinigung deutscher Afrikanisten“ (VAD) diese | |
| Vorgehensweise zusammen. „Der Westen sollte die Gesellschaften auf diesem | |
| Weg unterstützen, aber genau in dem Maße und mit den Maßnahmen, die dort | |
| gewünscht werden“. | |
| Mitarbeit: François Misser, Tobias Schulze, Katrin Gänsler | |
| 12 Feb 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/international-summit/2022/02/17… | |
| [2] /Frankreichs-Praesident-besucht-Mali/!5073975 | |
| [3] https://africacenter.org/ | |
| [4] /Krise-der-Zentralafrikanischen-Republik/!5778148 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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